Vorwort

A. Natterer/I. Sirakova/D. Domeier

Der grenzüberschreitende Handel mit Lebensmitteln ist in einer globalisierten Welt längst zur Normalität geworden. Dabei stellt sich der Binnenmarkt der Europäischen Union als ein weltweit sehr wichtiger Wirtschaftsraum dar. Einen der Grundpfeiler dieses gemeinsamen Binnenmarkts bildet die Warenverkehrsfreiheit, die wiederum nur durch eine Angleichung und Vereinheitlichung bestehender Vorschriften und Standards gewährleistet werden kann. Aus diesem Grund ist der europäische Gesetzgeber zwischenzeitlich dazu übergegangen, Lebenssachverhalte innerhalb der Gemeinschaft vorrangig über verbindlich und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union geltende Verordnungen zu regeln.

Auch im Bereich der Kennzeichnung und Auslobung von Lebensmitteln kommt diese Praxis durch die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union seit dem 13. Dezember 2014 verbindlich und unmittelbar geltende Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 – die sogenannte Lebensmittelinformations­verordnung – und die mit Geltung der Verordnung einhergehende Abkehr vom zuvor einschlägigen Richtlinienrecht, das jeweils in nationales Recht transferiert werden musste, zum Ausdruck. Bereits das mit „Einzelstaatliche Vorschriften“ überschriebene Kapitel VI der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 lässt jedoch Zweifel an einer dem freien Warenverkehr dienenden europaweiten Vereinheitlichung der Kennzeichnung und Auslobung von Lebensmitteln aufkommen. Tatsächlich gestatten die Art. 38 ff. Verordnung (EG) Nr. 1169/2011 im Widerspruch zum Zweck einer verbindlich und unmittelbar geltenden europäischen Verordnung gleich einen ganzen Strauß einzelstaatlicher Regelungen explizit und verdeutlichen dadurch, dass sich der europäische Gedanke auch im Bereich der Lebensmittelinformation nicht konstant durchsetzen kann.

Unabhängig davon lassen etwa auch unbestimmte Rechtsbegriffe wie die Verkehrsauffassung oder die Verbrauchererwartung ebenso Raum für nationale Besonderheiten wie eine nicht immer europaweit einheitliche Auslegung einzelner Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011. Dies zeigt sich bereits bei nicht nur durch die Sprache eng verbundenen Nachbarländern wie Deutschland und Österreich. So ist etwa die in Deutschland gebräuchliche Bezeichnung „Apfelschorle“ für ein aus Apfelsaft und Wasser hergestelltes Getränk in Österreich zur Irreführung geeignet, da der österreichische Verbraucher die tatsächliche Zusammensetzung des in Österreich verkehrsüblich unter der Bezeichnung „Apfelsaft gespritzt“ vertriebenen Erzeugnisses anhand der Bezeichnung „Apfelschorle“ nicht erkennen kann (vgl. weiterführend Kapitel I.3.3.1.1). Seitenwechsel

Trotz der europaweit verbindlich und unmittelbar geltenden Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 kann der Lebensmittelunternehmer, der innerhalb der Europäischen Union grenzüberschreitend Lebensmittel vertreibt, nach alledem keinesfalls darauf vertrauen, dass bezüglich der Kennzeichnung und Auslobung von Lebensmitteln in jedem Mitgliedstaat identische Anforderungen gelten.

Genau hier setzt die gegenständliche Schriftenreihe an. Beginnend mit einer Darstellung der in Österreich geltenden Kennzeichnungs- und Auslobungspraxis von Lebensmitteln soll versucht werden, etwas Licht in den trotz geltender Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 europaweit nach wie vor bestehenden Kennzeichnungs- und Auslobungsdschungel zu bringen.

Dem renommierten und weit über die österreichischen Grenzen bekannten Rechtsanwalt und Lebensmittelrechtler Dr. Andreas Natterer ist es zusammen mit seiner Kollegin Iliyana Sirakova gelungen, mit der gegenständlichen Zusammenfassung der „Lebensmittelkennzeichnung in Österreich“ einen facettenreichen, praxisnahen und sehr detaillierten Überblick über die Kennzeichnungs- und Auslobungspraxis von Lebensmitteln in Österreich zu geben. Nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen praktischen Beispiele erhält der Leser ein sehr gutes Gespür dafür, was Lebensmittelinformation in Österreich bedeutet.

So beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen nicht nur auf die Kennzeichnung von vorverpackten Lebensmitteln, sondern erstrecken sich in gleicher Weise auf die Deklarierung loser Ware sowie auf die Thematik der bei Abgabe von Lebensmitteln im Fernabsatz erforderlichen Informationen (vgl. Kapitel I). Da Lebensmittel auch in Österreich bestmöglich vermarktet werden wollen, schließt sich an die Ausführungen zur Kennzeichnung nahtlos ein Überblick über die Voraussetzungen einer rechtskonformen Auslobung von Lebensmitteln an (vgl. Kapitel II). Eine detaillierte Auseinandersetzung erfolgt hinsichtlich der Informationspflichten, die in Österreich bezüglich der für den deutschen Export nicht uninteressanten Produktgruppen „Brot und Backwaren“, „Fleisch und Fleischerzeugnisse“, „Kakao und Schokoladenerzeugnisse“ sowie „Milch und Milcherzeugnisse“ zu beachten sind (vgl. Kapitel III). Um das Bild abzurunden, wird im Folgenden auf die „Vollzugspraxis nationaler Behörden“ (vgl. Kapitel IV) ebenso eingegangen wie auf die Rechtsfolgen von Verstößen gegen informationsrechtliche Vorschriften (vgl. Kapitel V). Die durch zahlreiche Beispiele untermauerte besondere Praxisnähe zieht sich wie ein „roter Faden“ durch das gesamte Buch und schlägt sich am Ende der Ausführungen in der Wiedergabe wichtiger Entscheidungen österreichischer Gerichte (vgl. Kapitel VI) ebenso nieder wie etwa auch in der Angabe weiterführender Adressen und Links. Seitenwechsel

Alles in allem stellt sich das gegenständliche Buch „Lebensmittelkennzeichnung in Österreich“ als ein sehr hilfreicher und wertvoller Ratgeber für alle dar, die Lebensmittel in Österreich vertreiben wollen.

Dr. Danja Domeier

im März 2017 Seitenwechsel