VII-10

Richtlinie 1999/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über mit ionisierenden Strahlen behandelte Lebensmittel und Lebensmittelbestandteile

vom 22. Februar 1999

Änderungshistorienicht-amtliches Inhaltsverzeichnis

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100a,

auf Vorschlag der Kommission1,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses2,

gemäß dem Verfahren des Artikels 189b des Vertrags3, aufgrund des vom Vermittlungsausschuß am 9. Dezember 1998 gebilligten gemeinsamen Entwurfs,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Durch die Unterschiede bei den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften für die Behandlung von Lebensmitteln und Lebensmittelbestandteilen mit ionisierenden Strahlen sowie die Anwendungsbedingungen dieses Verfahrens wird der freie Verkehr von Lebensmitteln behindert. Dieser Umstand kann zu Wettbewerbsverzerrungen führen, wodurch wiederum das Funktionieren des Binnenmarkts direkt beeinträchtigt werden kann.

(2) Es müssen geeignete Maßnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert. Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Dies ist zur Zeit auf Grund der unterschiedlichen Praxis in den Mitgliedstaaten – in einigen ist die Bestrahlung von Lebensmitteln erlaubt, in anderen verboten – nicht der Fall.

(3) Diese Rahmenrichtlinie wird durch die Richtlinie 1999/3/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Februar 1999 über die Festlegung einer Gemeinschaftsliste von mit ionisierenden Strahlen behandelten Lebensmitteln und Lebensmittelbestandteilen4 (im folgenden „Durchführungsrichtlinie“ genannt) ergänzt.

(4) In einzelnen Mitgliedstaaten bildet die Bestrahlung von Lebensmitteln ein empfindliches Thema der öffentlichen Diskussion. Bei den Verbrauchern könnten die Auswirkungen der Anwendung von Lebensmittelbestrahlungen Grund zur Besorgnis sein.

(5) Bis zum Inkrafttreten der gemeinschaftlichen Positivliste für Lebensmittel und Lebensmittelbestandteile, die mit ionisierenden Strahlen behandelt werden dürfen, sollten die Mitgliedstaaten unter Beachtung der Vorschriften des Vertrags die bestehenden einzelstaatlichen Einschränkungen und Verbote in Bezug auf die Behandlung von Lebensmitteln und Lebensmittelbestandteilen mit ionisierenden Strahlen sowie in Bezug auf den Handel mit bestrahlten Lebensmitteln, die nicht auf der mit der Durchführungsrichtlinie festgelegten ersten Positivliste stehen, weiterhin anwenden dürfen.

(6) Die Rechtsvorschriften für den Einsatz ionisierender Strahlen zur Behandlung von Lebensmitteln sollten in erster Linie die Anforderungen der menschlichen Gesundheit berücksichtigen, sie sollten jedoch innerhalb der Grenzen des Gesundheitsschutzes auch wirtschaftlichen und technischen Anforderungen Rechnung tragen.

(7) Die Richtlinie 96/29/Euratom des Rates vom 13. Mai 1996 zur Festlegung der grundlegenden Sicherheitsnormen für den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfte und der Bevölkerung gegen die Gefahren durch ionisierende Strahlungen5 findet Anwendung.

(8) Zugelassene Bestrahlungsanlagen sollten einer amtlichen Kontrolle mit Hilfe eines Inspektionssystems, das für die Belange dieser Richtlinie einzurichten ist, unterliegen.

(9) Die zugelassenen Bestrahlungsanlagen müssen über ihre Tätigkeiten Buch führen, um zu gewährleisten, dass die Bestimmungen dieser Richtlinie eingehalten werden.

(10) In der Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür6 sind bereits die Bestimmungen für die Etikettierung bestrahlter Lebensmittel, die für den Verkauf an den Endverbraucher bestimmt sind, festgelegt.

(11) Für die Etikettierung von mit ionisierenden Strahlen behandelten Lebensmitteln, die nicht für den Verkauf an den Endverbraucher bestimmt sind, müssen ebenfalls geeignete Vorschriften ausgearbeitet werden.

(12) Unbeschadet der im EG-Vertrag oder in dieser Richtlinie vorgesehenen Entscheidungsverfahren muss der durch den Beschluss 74/234/EWG7 eingesetzte Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss zu allen unter diese Richtlinie fallenden Fragen, die für die öffentliche Gesundheit von Bedeutung sein können, gehört werden.

(13) Lebensmittel dürfen nur bestrahlt werden, wenn dies aus Gründen der Nahrungsmittelhygiene erforderlich ist oder wenn damit nachweislich ein technologischer oder sonstiger Vorteil oder ein Nutzen für den Verbraucher verbunden ist und wenn sich die Lebensmittel in einwandfreiem Zustand befinden und für den Verzehr geeignet sind, da ionisierende Strahlung nicht als Ersatz für Hygiene- oder Gesundheitsmaßnahmen, gute Herstellungs- oder landwirtschaftliche Praktiken eingesetzt werden darf.

(14) Die Bestrahlung darf kein Ersatz für gute Herstellungsverfahren sein. Diese Bedingung ist für die im Anhang zur Durchführungsrichtlinie aufgeführten Lebensmittel erfüllt.

(15) In allen Fällen, in denen der Rat die Kommission beauftragt, Rechtsvorschriften für die Bestrahlung von Lebensmitteln durchzuführen, sollte ein Verfahren vorgesehen werden, das eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission innerhalb des Ständigen Lebensmittelausschusses und – wenn nötig – innerhalb des Ständigen Veterinärausschusses oder des Ständigen Ausschusses für Pflanzenschutz gewährleistet.

(16) Wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Verwendung des Verfahrens oder eines auf der Grundlage dieser Richtlinie mit ionisierenden Strahlen behandelten Lebensmittels ein Gesundheitsrisiko darstellt, müssen die Mitgliedstaaten ermächtigt sein, seine Verwendung auszusetzen oder einzuschränken oder die Grenzwerte herabzusetzen, bis eine Entscheidung auf Gemeinschaftsebene gefällt wurde.

(17) In der Richtlinie 89/397/EWG des Rates vom 14. Juni 1989 über die amtliche Lebensmittelüberwachung8 wird die Wahl der Mittel und Methoden den für die Durchführung zuständigen einzelstaatlichen Behörden überlassen. In der Richtlinie 93/99/EWG des Rates vom 29. Oktober 1993 über zusätzliche Maßnahmen im Bereich der amtlichen Lebensmittelüberwachung9 werden Qualitätsnormen für Laboratorien festgelegt und die Verwendung validierter Analysemethoden, sofern solche zur Verfügung stehen, vorgeschrieben. Artikel 5 der Richtlinie 93/99/EWG gilt für die Überwachung der Durchführung der vorliegenden Richtlinie.

(18) Zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission wurde am 20. Dezember 1994 ein „Modus vivendi“ betreffend die Maßnahmen zur Durchführung der nach dem Verfahren des Artikels 189b des Vertrags erlassenen Rechtsakte10 vereinbart –

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:


1

ABl. C 336 vom 30. 12. 1988, S. 7, und ABl. C 303 vom 2. 12. 1989, S. 15.

2

ABl. C 194 vom 31. 7. 1989, S. 14.

3

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 11. Oktober 1989 (ABl. C 291 vom 20. 11. 1989, S. 58), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 27. Oktober 1997 (ABl. C 389 vom 22. 12. 1997, S. 36) und Beschluss des Europäischen Parlaments vom 18. Februar 1998 (ABl. C 80 vom 16. 3. 1998, S. 130). Beschluss des Rates vom 25. Januar 1999, Beschluss des Europäischen Parlaments vom 28. Januar 1999.

4

Siehe Seite 24 dieses Amtsblatts.

5

ABl. L 159 vom 29. 6. 1996, S. 1.

6

ABl. L 33 vom 8. 2. 1979, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 97/4/EG (ABl. L 43 vom 14. 2. 1997, S. 21).

7

ABl. L 136 vom 20. 5. 1974, S. 1.

8

ABl. L 186 vom 30. 6. 1989, S. 23.

9

ABl. L 290 vom 24. 11. 1993, S. 14.

10

ABl. C 102 vom 4. 4. 1996, S. 1.