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Empfehlung (EU) 2017/84 der Kommission über die Überwachung von Mineralölkohlenwasserstoffen in Lebensmitteln und Materialien und Gegenständen, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen

Vom 16. Januar 2017

nicht-amtliches Inhaltsverzeichnis

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 292,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) sind chemische Verbindungen, die überwiegend aus Rohöl gewonnen werden, aber auch synthetisch aus Kohle, Erdgas und Biomassen hergestellt werden. MKW können durch Umweltkontamination, über Schmierstoffe in Maschinen, die bei der Ernte oder der Lebensmittelproduktion eingesetzt werden, Verarbeitungshilfsstoffe, Lebensmittelzusatzstoffe und Lebensmittelkontaktmaterialien in Lebensmittel gelangen. MKW-haltige Produkte, die Lebensmittelqualität haben sollen, werden einer Behandlung unterzogen, die den Gehalt an aromatischen MKW minimiert.

(2) Im Jahr 2012 gelangte das Wissenschaftliche Gremium für Kontaminanten in der Lebensmittelkette (CONTAM) bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu dem Schluss, dass die potenziellen Auswirkungen der unterschiedlichen Stoffgruppen der MKW auf die Gesundheit des Menschen stark variieren1. Aromatische MKW können als genotoxische Karzinogene wirken, während einige gesättigte MKW sich im menschlichen Gewebe anreichern und zu Nebenwirkungen in der Leber führen können. Da einige aromatische MKW als mutagen und karzinogen gelten, ist es wichtig, für eine Überwachung von MKW zu sorgen, um die relative Belastung von Lebensmitteln mit gesättigten und aromatischen MKW, die stark zur Exposition über die Ernährung beitragen, besser zu verstehen.

(3) Da vermutet wird, dass die Migration aus Lebensmittelkontaktmaterialien wie Papier und Pappe in hohem Maße zur Gesamtexposition beiträgt, sollte sich die Überwachung auch auf vorverpackte Lebensmittel, das Verpackungsmaterial und das Vorhandensein funktioneller Barrieren sowie die Anlagen für Lagerung und Verarbeitung erstrecken. Bestimmte Parameter können unter Umständen die Migration von MKW aus der Verpackung in die Lebensmittel erhöhen, etwa Lagerdauer und -bedingungen. Da MKW in hohen Mengen leichter nachzuweisen sind, sollte die Beprobungsstrategie solche Parameter berücksichtigen, wenn die Migration am höchsten ist.

(4) Um die Zuverlässigkeit der Analysedaten zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass eine geeignete Analyseausrüstung zur Verfügung steht und dass vor dem Generieren von Analyseergebnissen hinreichend Erfahrung mit der Analyse von MKW in Lebensmitteln und Lebensmittelkontaktmaterialien gesammelt wird.

(5) Um die einheitliche Umsetzung dieser Empfehlung sicherzustellen, sollte das Referenzlaboratorium der Europäischen Union für Lebensmittelkontaktmaterialien (EU-RL) den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und anderen interessierten Kreisen weitere Orientierungshilfe geben, auch in Bezug auf Informationen, die bei Untersuchungen erhoben werden könnten, sowie Beprobungs- und Analysemethoden –

HAT FOLGENDE EMPFEHLUNG ABGEGEBEN:

1.

Die Mitgliedstaaten sollten 2017 und 2018 unter aktiver Beteiligung von Lebensmittelunternehmern sowie von Herstellern, Verarbeitern und Vertreibern von Lebensmittelkontaktmaterialien sowie anderen interessierten Kreisen, das Vorhandensein von MKW in Lebensmitteln überwachen. Die Überwachung sollte sich auf tierische Fette, Brot und Kleingebäck, Feinbackwaren, Frühstückscerealien, Süßwaren (einschließlich Schokolade) und Kakao, Fischfleisch, Fischprodukte (Fischkonserven), Körner für den menschlichen Verzehr, Speiseeis und Süßspeisen, Ölsaaten, Teigwaren, Getreideerzeugnisse, Hülsenfrüchte, Wurst, Schalenfrüchte, pflanzliche Öle sowie für diese Produkte verwendete Lebensmittelkontaktmaterialien erstrecken.

2.

Damit eine einheitliche Umsetzung dieser Empfehlung gewährleistet ist und zuverlässige, vergleichbare Überwachungsergebnisse erzielt werden, sollten spezifische Leitlinien, die das EU-RL im Zusammenhang mit dieser Empfehlung erarbeitet (im Folgenden die „Leitlinien“), befolgt werden. Da es noch keine solchen Leitlinien gibt, sollten die Mitgliedstaaten diese Leitlinien entsprechend ihrem Bedarf an Aufbau von Analysekompetenz gemeinsam mit dem EU-RL ausarbeiten.

3.

Die Mitgliedstaaten sollten die Lebensmittelbeprobung gemäß den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 333/2007 der Kommission2 vornehmen. Die Probenahme sollte eine angemessene Zahl vorverpackter Lebensmittel umfassen. Bei Lebensmittelkontaktmaterialien sollte die Beprobung nach der in den Leitlinien festgehaltenen bewährten Praxis für spezifische Materialien oder Artikel erfolgen. Weitere mögliche MKW-Quellen aufgrund der Verwendung anderer Lebensmittelkontaktmaterialien in der Lieferkette, etwa während der Lagerung oder der Verarbeitung, sollten geprüft werden, wenn es klare Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie zum Vorhandensein von MKW beitragen. Die Beprobung vorverpackter Lebensmittel sollte sich auf Waren konzentrieren, die sich dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums nähern, und sie sollte dort vorgenommen werden, wo die Lagerung oder Verarbeitung bei relativ warmen Temperaturen erfolgt.

4.

Die Proben sollten in der handelsüblichen Form analysiert werden. Für vorverpackte Lebensmittel sollte der Gehalt an Mineralölkohlenwasserstoffen sowohl im Lebensmittel als auch im Lebensmittelkontaktmaterial ermittelt werden, wenn dieses die vermutete Quelle festgestellter MKW ist. Besondere Aufmerksamkeit sollte den Unterschieden zwischen gesättigten und aromatischen MKW gelten sowie der Auswertung der Analyseergebnisse, damit die Zuverlässigkeit und Vergleichbarkeit der generierten Daten gewährleistet ist. Die Mitgliedstaaten, die beabsichtigen, Lebensmittel und Lebensmittelkontaktmaterialien auf gesättigte und aromatische MKW zu untersuchen, können für die Lebensmittelkontaktmaterialien das EU-RL um Unterstützung bitten.

5.

Wenn MKW in Lebensmitteln nachgewiesen werden, sollten die Mitgliedstaaten weitere Untersuchungen in den Lebensmittelbetrieben vornehmen, um die mögliche(n) Quelle(n) zu ermitteln. Die Untersuchungen sollten wo immer möglich diejenigen Systeme des Lebensmittelunternehmers umfassen, die die Kontaminierung beeinflussen oder ihr entgegenwirken könnten (z. B. Produktions- und Verarbeitungsverfahren, Systeme der Gefahrenanalyse und kritischen Kontrollpunkte (HACCP) oder ähnliche Systeme oder Maßnahmen, die eingesetzt werden, um eine solche Belastung zu vermeiden).

6.

Wird festgestellt, dass MKW in Lebensmittelkontaktmaterialien enthalten sind oder dass sie aus diesen Materialien stammen, sollten die Mitgliedstaaten nach Maßgabe der Leitlinien Daten über das Lebensmittelkontaktmaterial erheben (z. B. Art und Zusammensetzung des Verpackungsmaterials, Vorhandensein funktioneller Barrieren, Lagerbeständigkeit des vorverpackten Lebensmittels) und weitere Untersuchungen in den Betrieben der Hersteller, Verarbeiter und Vertreiber der Lebensmittelkontaktmaterialien durchführen, um zu ermitteln, welche Systeme die betreffenden Unternehmen verwenden (z. B. Produktions- und Verarbeitungsmethoden für Lebensmittelkontaktmaterialien und gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2023/2006 der Kommission3 erforderliche Unterlagen über gute Herstellungspraxis).

7.

Mitgliedstaaten, Lebensmittelunternehmer, Hersteller, Verarbeiter und Vertreiber von Lebensmittelkontaktmaterialien und andere interessierte Kreise sollten der EFSA die auf das Gesamtgewicht bezogenen Überwachungsdaten mit den Informationen und in dem elektronischen Berichtsformat übermitteln, das die EFSA für die Zusammenstellung in einer einzigen Datenbank vorgegeben hat. Sie sollten die Überwachungsdaten nach Möglichkeit bis 1. Oktober 2017 und im Folgejahr bis 1. Oktober 2018 übermitteln. Die letzten Ergebnisse sollten bis 28. Februar 2019 übermittelt werden. Etwa verfügbare Daten aus dem Jahr 2016 über das Vorhandensein der fraglichen Stoffe, die noch nicht übermittelt wurden, sollten zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach denselben Modalitäten übermittelt werden.


1

EFSA-Gremium für Kontaminanten in der Lebensmittelkette (CONTAM); Scientific Opinion on Mineral Oil Hydrocarbons in Food. EFSA Journal 2012;10(6):2704, 185 S., doi:10.2903/j.efsa.2012.2704.

2

Verordnung (EG) Nr. 333/2007 der Kommission vom 28. März 2007 zur Festlegung der Probenahmeverfahren und Analysemethoden für die amtliche Kontrolle des Gehalts an Blei, Cadmium, Quecksilber, anorganischem Zinn, 3-MCPD und Benzo(a)pyren in Lebensmitteln (ABl. L 88 vom 29.3.2007, S. 29).

3

Verordnung (EG) Nr. 2023/2006 der Kommission vom 22. Dezember 2006 über gute Herstellungspraxis für Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen (ABl. L 384 vom 29.12.2006, S. 75).