Nr. 2006/02

Beurteilung von ergänzenden bilanzierten Diäten1

Auf Grund der Entwicklung auf dem Gebiet der Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke hat der Arbeitskreis seine Stellungnahme Nr. 47 (Bundesgesundheitsblatt 42, S. 601/1999) überarbeitet. Seine aktuelle „Beurteilung von ergänzenden bilanzierten Diäten“ soll als Leitlinie nicht nur Sachverständigen der amtlichen Lebensmittelüberwachung, sondern auch Herstellern von ergänzenden bilanzierten Diäten wie deren Beratern eine Hilfe sein.

Bilanzierte Diäten sind nach § 1 Abs. 4a DiätVO diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke. Kennzeichnung und Beurteilung richten sich nach der DiätVO. Sie werden unterteilt in vollständige bilanzierte Diäten und ergänzende bilanzierte Diäten. Bilanzierte Diäten sind unter Vorlage eines Etikettenmusters dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) anzuzeigen (§ 4a Abs. 1 DiätVO). Ein Prüfauftrag i. S. des § 4a Abs. 4 DiätVO ist mit diesem Anzeigeverfahren nicht verbunden. Inverkehrbringer und Hersteller von bilanzierten Diäten sind damit für die Einhaltung lebensmittelrechtlicher Vorschriften selbst verantwortlich. Die amtliche Beurteilung erfolgt deshalb in aller Regel erst durch die amtliche Lebensmittelüberwachung, also wenn das Produkt bereits im Verkehr ist.

In der öffentlichen Diskussion werden besonders die wissenschaftlichen und rechtlichen Anforderungen der allgemein im Handel angebotenen (und nicht im Rahmen der enteralen Ernährung verwendeten) „ergänzenden bilanzierten Diäten“ kontrovers diskutiert. So werden Begriffsbestimmung, Nutzen, Zusammensetzung und Werbung unterschiedlich bewertet.

Häufig werden Produkte auch fälschlicherweise als ergänzende bilanzierte Diät angezeigt, die nicht zur diätetischen Behandlung von Patienten geeignet sind, sondern lediglich auf den Ersatz und den Ausgleich unzureichender Nährstoffzufuhr abzielen. Zudem führt das Gebot des Hinweises auf eine Krankheit, Störung oder Beschwerde nicht selten dazu, dass einerseits Nahrungsergänzungsmittel unter Umgehung des Verbots der krankheitsbezogenen Werbung für Lebensmittel und andererseits nicht registrierte Arzneimittel unter Umgehung des Zulassungsverfahrens für Arzneimittel missbräuchlicherweise als ergänzende bilanzierte Diäten angeboten werden.

Ein besonderes Problem stellt zudem die Umwidmung („Switch“) von Arzneimitteln im Rahmen der Nachzulassung zu ergänzenden bilanzierten Diäten dar. Ziel ist es dabei, Produkte ohne aufwendige Arzneimittelzulassung/Nachzulassung lediglich mit einem Anzeigeverfahren zu vermarkten, bei denen Angaben zu Krankheiten, Störungen oder Beschwerden in der Kennzeichnung zulässig sind und bei dem ggf. von Mindest- und Höchstwerten der Anlage 6 Diät VO abgewichen werden kann.

Aus lebensmittelrechtlicher Sicht existieren nach § 1 Abs. 4a der DiätVO klare Vorgaben, welche Bedingungen ergänzende bilanzierte Diäten zu erfüllen haben.


1

J. Verbr. Lebensm. 1 (2006), S. 60.