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XV-5

Delegierte Verordnung (EU) 2023/2429 der Kommission zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Vermarktungsnormen für den Sektor Obst und Gemüse, bestimmte Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse und den Bananensektor, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1666/1999 der Kommission und der Durchführungsverordnungen (EU) Nr. 543/2011 und (EU) Nr. 1333/2011 der Kommission

Vom 17. August 2023

(ABl. L 2023/2429 vom 3.11.2023)
nicht-amtliches Inhaltsverzeichnis

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 des Rates1, insbesondere auf Artikel 75 Absatz 2, Artikel 76 Absatz 4 und Artikel 89,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 wurde eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte errichtet, die unter anderem die Sektoren Obst und Gemüse sowie Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse und den Bananensektor umfasst. Mit der Verordnung wurde der Kommission außerdem die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte betreffend Vermarktungsnormen für diese Sektoren oder Erzeugnisse zu erlassen.

(2)

Die Durchführungs­verordnung (EU) Nr. 543/2011 der Kommission2 enthält ausführliche Bestimmungen für die Sektoren Obst und Gemüse und Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse, mit denen Vermarktungsnormen für frisches Obst und Gemüse sowie detaillierte Bestimmungen für die Kontrollen auf Konformität mit den Vermarktungsnormen festgelegt werden. In der Durchführungs­verordnung (EU) Nr. 1333/2011 der Kommission3 sind Vermarktungsnormen für Bananen, Bestimmungen zur Kontrolle der Einhaltung dieser Vermarktungsnormen und Anforderungen an Mitteilungen im Bananensektor festgesetzt. Die Verordnung (EG) Nr. 1666/1999 der Kommission4 enthält Durchführungsbestimmungen zur Festlegung der bei der Vermarktung von getrockneten Weintrauben bestimmter Sorten zu stellenden Mindestanforderungen. Diese Verordnungen wurden auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates5 erlassen. Die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 wurde inzwischen durch die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 ersetzt, die Befugnisübertragungen auf der Grundlage des Rechtsrahmens für Befugnisübertragungen gemäß dem Vertrag von Lissabon enthält.

(3)

Um die Vorschriften für Vermarktungsnormen, für Konformitätskontrollen und für Mitteilungen für die genannten Sektoren zu harmonisieren und zu vereinfachen, um die aufgrund der bisherigen Erfahrungen angezeigten Änderungen aufzunehmen und um die Vorschriften an die mit der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 übertragenen Befugnisse anzugleichen, sollten sie in einer einzigen delegierten Verordnung und einer einzigen Durchführungs­verordnung zusammengefasst werden und die Verordnungen (EG) Nr. 1666/1999 und (EU) Nr. 543/2011 sowie die Durchführungs­verordnung (EU) Nr. 1333/2011 sollten aufgehoben werden.

(4)

Gemäß Artikel 75 Absatz 1 Buchstaben b, c und d der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 kann die Kommission Vermarktungsnormen für Obst und Gemüse, für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse bzw. für Bananen vorsehen. Gemäß Artikel 76 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 dürfen die Erzeugnisse des Sektors Obst und Gemüse, die frisch an den Verbraucher verkauft werden sollen, nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie in einwandfreiem Zustand, unverfälscht und von vermarktbarer Qualität sind und das Ursprungsland angegeben ist. Um die Durchführung dieser Bestimmung zu harmonisieren, empfiehlt es sich, diesbezüglich ausführliche Angaben zu machen und eine allgemeine Vermarktungsnorm für alles frische Obst und Gemüse vorzusehen.

(5)

Für Obst und Gemüse, das der Anwendung von Artikel 76 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 unterliegt, sollten auf der Grundlage einer Bewertung ihrer Relevanz spezielle Vermarktungsnormen beibehalten werden, wobei insbesondere die Erzeugnisse zu berücksichtigen sind, die gemäß den Daten der Eurostat-Referenzdatenbank für detaillierte Statistiken über den internationalen Warenverkehr, Comext, weiterhin wertmäßig am meisten gehandelt werden.

(6)

Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse sowie reife Bananen fallen weder unter Artikel 76 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 noch unter eine spezielle Vermarktungsnorm. Die Ursprungskennzeichnung ist für die Verbraucher jedoch relevant und erforderlich, und zwar im Zusammenhang mit der Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 mit dem Titel „Vom Hof auf den Tisch – eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem“6 (im Folgenden „Strategie ‚Vom Hof auf den Tisch‘“), die auch darauf abzielt, die Verbraucher in die Lage zu versetzen, sich sachkundig für nachhaltige Lebensmittel zu entscheiden, und sollte daher auch für solche Erzeugnisse verbindlich sein, die nach einfachen Vorgängen wie Trocknung oder Reifung für den direkten Verzehr bestimmt sind.

(7)

Angesichts der vielen verschiedenen in der Union vermarkteten Bananensorten und der Vermarktungspraktiken sollten für unreife grüne Bananen Mindestnormen eingehalten werden. Es ist jedoch angezeigt, die Vermarktungsnorm für Bananen an den Codex Alimentarius anzugleichen und auf weitere Sorten auszuweiten, um unnötige Handelshemmnisse zu vermeiden. Um Lebensmittelverschwendung und -verluste im Rahmen der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ zu verringern, insbesondere durch eine größere Flexibilität bei der Portionierung, ist es angebracht, die im Codex Alimentarius festgelegten Mindestmengen von vier Fingern pro Hand oder Cluster nicht zu übernehmen. Im Hinblick auf die verfolgten Ziele sollte es den Mitgliedstaaten, die Bananen erzeugen, gestattet sein, in ihrem Hoheitsgebiet nationale Normen auf ihre eigene Erzeugung anzuwenden, sofern diese nicht im Widerspruch zu den Unionsnormen stehen und den freien Verkehr von Bananen in der Union nicht beeinträchtigen.

(8)

Es sollte berücksichtigt werden, dass die klimatischen Faktoren auf Madeira, den Azoren, in der Algarve, auf den Kanarischen Inseln, auf Kreta, in Lakonien und auf Zypern die Erzeugungsbedingungen erschweren. Bestimmte in diesen geografischen Gebieten erzeugte Bananen entwickeln sich infolgedessen nicht bis zu der in der internationalen Norm festgelegten Mindestlänge. In diesen Fällen sollten solche Bananen vermarktet werden dürfen.

(9)

Sind spezielle Vermarktungsnormen für einzelne Erzeugnisse festzulegen, so sollten diese Normen – um unnötige Handelshemmnisse zu vermeiden – denjenigen entsprechen, die von der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) festgelegt worden sind. Wurde für ein bestimmtes Erzeugnis keine spezielle Vermarktungsnorm auf EU-Ebene erlassen, so sollte das Erzeugnis als der allgemeinen Vermarktungsnorm entsprechend gelten, wenn der Besitzer nachweisen kann, dass es einer von der UNECE festgelegten Norm entspricht.

(10)

Um der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und den Interessen der Verbraucher Rechnung zu tragen, sollten in den Vermarktungsnormen für alle Sektoren, für die diese Verordnung gilt, die hohen Qualitätsanforderungen beibehalten werden, die international anerkannt sind, während gleichzeitig alternative Verwendungen gefördert werden sollten, um Lebensmittelverluste und Lebensmittelverschwendung bei Nichteinhaltung der Norm zu vermeiden. Dies sollte für alle Erzeugnisse gelten, die nicht den Anforderungen der Klasse II der UNECE-Vermarktungsnormen entsprechen, aber noch genießbar sind. Ausnahmen von den Vermarktungsnormen sollten daher für bestimmte Erzeugnisse gewährt werden, die zur Verarbeitung bestimmt sind oder die vom Erzeuger direkt an die Verbraucher verkauft werden.

(11)

Bestimmte Obst- und Gemüseerzeugnisse können Merkmale aufweisen, die nicht den geltenden Vermarktungsnormen entsprechen. Ein traditioneller Anbau und lokaler Verbrauch der betreffenden Erzeugnisse kann aber dennoch gängig sein. Um sicherzustellen, dass Erzeugnisse, die von örtlichen Gemeinschaften als verzehrtauglich angesehen werden, aber nicht den Vermarktungsnormen der Union entsprechen, vor Ort vermarktet werden können, sollten diese Erzeugnisse von den Vermarktungsnormen der Union ausgenommen werden, es sei denn, diese Ausnahme ist geeignet, den Wettbewerb in einem wesentlichen Teil des Binnenmarkts zu verhindern oder zu verfälschen oder den freien Handel oder die Verwirklichung eines der Ziele des Artikels 39 AEUV zu gefährden.

(12)

Mehrere Obst- und Gemüseerzeugnisse dürfen von den Vermarktungsnormen abweichen, um den Verwaltungsaufwand sowohl für die Händler als auch für die Behörden, die die Kontrollen gemäß Artikel 76 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 durchführen, zu verringern. Nichtsdestotrotz ist die Ursprungskennzeichnung für die Verbraucher erforderlich, und im Einklang mit der politischen Ausrichtung der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ sollte die Angabe des Ursprungslands für solche Erzeugnisse verpflichtend sein, damit die Verbraucher eine fundierte Kaufentscheidung treffen können.

(13)

Die Vermarktungsnormen für Erzeugnisse, die gespendet werden sollen, sollten vereinfacht werden, um den Verwaltungsaufwand für die Händler zu verringern, ohne dass dies Auswirkungen auf die Qualität hat. Sofern das Erzeugnis eindeutig als Spende gekennzeichnet ist, sollten andere Kennzeichnungen fakultativ sein. Um den Empfänger der Spende zu schützen, sollte das Erzeugnis jedoch der allgemeinen Vermarktungsnorm in Bezug auf die Qualität entsprechen.

(14)

Um zu gewährleisten, dass Kontrollen ordnungsgemäß und wirksam durchgeführt werden können, sollten die nicht für die Verbraucher bestimmten Rechnungen und Begleitpapiere bestimmte Basisinformationen auf der Grundlage der Vermarktungsnormen enthalten.

(15)

Von den Vermarktungsnormen vorgegebene Angaben sollten auf der Verpackung und/oder dem Etikett deutlich sichtbar sein. Um Betrug und die Irreführung der Verbraucher zu verhindern, sollten die in den Vermarktungsnormen vorgegebenen Angaben vor dem Kauf für den Verbraucher verfügbar sein; dies gilt auch für den Fernabsatz, bei dem die Erfahrung gezeigt hat, dass Betrugsrisiken bestehen und der durch die Normen gewährte Verbraucherschutz möglicherweise umgangen wird.

(16)

Um eine Irreführung der Verbraucher in Bezug auf die Klasse zu vermeiden, sollten die auf der Ebene des Einzelhandels vorgeschriebenen Angaben keine Begriffe wie „ausgezeichnet“, „premium“ oder ähnliche Formulierungen enthalten, die für die Definition der tatsächlichen Qualität des Erzeugnisses nicht geregelt sind, ungeachtet der Möglichkeit, andere Angaben wie „Lufttransport“ oder ähnliche sachliche Angaben zu machen, die den Verbraucher nicht irreführen.

(17)

Um die Irreführung der Verbraucher in Bezug auf den Ursprung der Erzeugnisse zu vermeiden, sollte die Angabe des Ursprungslands besser sichtbar sein als die Angabe des Landes des Verpackers.

(18)

Verkaufsverpackungen, die Mischungen verschiedener Erzeugnisse oder Arten von Erzeugnissen enthalten, die unter diese Verordnung fallen, finden auf dem Markt infolge der wachsenden Verbrauchernachfrage mehr und mehr Verbreitung. Aus Gründen der Lauterkeit des Handels ist es erforderlich, dass in ein und demselben Packstück verkaufte Erzeugnisse oder Arten von Erzeugnissen von gleicher Qualität sind. Diese Einheitlichkeit kann bei Erzeugnissen, für die es keine EU-Normen gibt, durch Anwendung der allgemeinen Bestimmungen sichergestellt werden. Für Mischungen aus verschiedenen Erzeugnissen oder Arten von Erzeugnissen in ein und demselben Packstück sollten daher Etikettierungsvorschriften festgelegt werden. Sie sollten weniger streng sein als die in den Vermarktungsnormen festgelegten Vorschriften, da die Kennzeichnung von Mischungen aufwendiger ist und die Anwendung der Vorschriften die Vermarktung dieser Erzeugnisse behindern könnte.

(19)

Einfuhren von Obst und Gemüse aus Drittländern müssen den Vermarktungsnormen oder gleichwertigen Normen genügen. Daher sollten Bedingungen erlassen werden, unter denen davon ausgegangen wird, dass eingeführte Erzeugnisse im Hinblick auf die Vermarktungsnormen der Union ein gleichwertiges Niveau bieten.

(20)

Um den Marktteilnehmern und den nationalen Verwaltungen ausreichend Zeit zu geben, sich an die mit dieser Verordnung eingeführten Änderungen anzupassen, sollte die vorliegende Verordnung ab dem 1. Januar 2025 gelten.

(21)

Angesichts des inhaltlichen Zusammenhangs zwischen den mit der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 übertragenen Befugnissen in Bezug auf die Vorschriften über Vermarktungsnormen, die Mindestqualitätsanforderungen für Erzeugnisse des Sektors Obst und Gemüses und die Konformität eingeführter Erzeugnisse mit den Vermarktungsnormen der Union sollten diese Vorschriften in demselben delegierten Rechtsakt festgelegt werden –

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


1

ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671.

2

Durchführungs­verordnung (EU) Nr. 543/2011 der Kommission vom 7. Juni 2011 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates für die Sektoren Obst und Gemüse und Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse (ABl. L 157 vom 15.6.2011, S. 1).

3

Durchführungs­verordnung (EU) Nr. 1333/2011 der Kommission vom 19. Dezember 2011 zur Festsetzung von Vermarktungsnormen für Bananen, von Bestimmungen zur Kontrolle der Einhaltung dieser Vermarktungsnormen und von Anforderungen an Mitteilungen im Bananensektor (ABl. L 336 vom 20.12.2011, S. 23).

4

Verordnung (EG) Nr. 1666/1999 der Kommission vom 28. Juli 1999 mit Durchführungsbestimmungen zur Festlegung der bei der Vermarktung von getrockneten Weintrauben bestimmter Sorten zu stellenden Mindestanforderungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2201/96 des Rates (ABl. L 197 vom 29.7.1999, S. 32).

5

Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (ABl. L 299 vom 16.11.2007, S. 1).

6

COM(2020) 381 final.