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Durchführungs­verordnung (EU) 2025/2091 der Kommission zur Festlegung einer guten Herstellungspraxis für Tierarzneimittel gemäß der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates

Vom 17. Oktober 2025

(ABl. L 2025/2091 vom 27.10.2025)
nicht-amtliches Inhaltsverzeichnis

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG1, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß der Verordnung (EU) 2019/6 sind die Inhaber einer Herstellungserlaubnis (im Folgenden „Hersteller“) verpflichtet, sich an eine gute Herstellungspraxis zu halten. Die Einhaltung der guten Herstellungspraxis ist für die Herstellung von Tierarzneimitteln in der Union, einschließlich der Herstellung von zur Ausfuhr bestimmten Tierarzneimitteln, sowie für Einfuhren von Tierarzneimitteln in die Union vorgeschrieben.

(2)

Von der Kommission ist eine gute Herstellungspraxis für Tierarzneimittel zu erlassen, die in der Union gelten soll. Die in der Union geltende gute Herstellungspraxis für Tierarzneimittel sollte weiterhin im Einklang mit den maßgeblichen internationalen Standards stehen.

(3)

Die Herstellung bestimmter Arten von Tierarzneimitteln bedarf besonderer Erwägungen. Zusätzliche Anforderungen sollten an die Herstellung steriler Tierarzneimittel und die aseptische Herstellung gestellt werden. Bei einer Prüfung des Endprodukts auf Sterilität kann eine Kontamination nur begrenzt festgestellt werden. Demgegenüber können Daten, die bei Inprozesskontrollen und bei der Überwachung der relevanten Sterilisationsparameter erhoben werden, genauere und relevantere Informationen zur Stützung der Sterilitätssicherung des Produkts liefern. Folglich sollte ein Sterilitätsnachweis allein anhand der Endprüfung nicht möglich sein.

(4)

Auch an die Herstellung biologischer und immunologischer Tierarzneimittel sollten zusätzliche Anforderungen gestellt werden, darunter Maßnahmen zum Schutz von Arbeitskräften und Umwelt sowie spezifische Anforderungen an Qualität und Rückverfolgbarkeit bezüglich der Verwendung von Materialien biologischen Ursprungs. Bei kontinuierlichen Prozessen von der Gewinnung oder Isolierung des Wirkstoffs aus einer biologischen Quelle bis zur Herstellung des Fertigprodukts (z. B. aus Zellen, viralen Impfstoffen oder Phagen bestehende Tierarzneimittel) sollten die Anforderungen der guten Herstellungspraxis für Wirkstoffe keine Anwendung finden, sondern es sollten vielmehr die in dieser Verordnung festgelegten Anforderungen für den gesamten Herstellungsprozess gelten. Diese Verordnung sollte jedoch nicht für die Herstellung inaktivierter immunologischer Tierarzneimittel gelten, die aus pathogenen Organismen und Antigenen, die ihrerseits aus einem oder mehreren, zu einer epidemiologischen Einheit gehörenden Tier oder Tieren isoliert werden, hergestellt und für die Behandlung dieses Tieres oder von Tieren in derselben epidemiologischen Einheit oder für die Behandlung eines oder mehrerer Tiere einer Einheit mit einer gesicherten epidemiologischen Verbindung angewendet werden.

(5)

Die Herstellung von pflanzlichen Tierarzneimitteln, zur Herstellung von Fütterungsarzneimitteln bestimmten Tierarzneimitteln, Tierarzneimitteln gegen Ektoparasiten zur äußeren Anwendung, Liquida, Cremes und Salben, medizinischen Gasen und unter Druck stehenden dosierbaren Aerosol-Tierarzneimitteln zur Inhalation bedarf besonderer Erwägungen. Es ist daher erforderlich, für diese Produkte bestimmte Anpassungen der Anforderungen der guten Herstellungspraxis oder gegebenenfalls zusätzliche Anforderungen festzulegen.

(6)

Bei der Herstellung homöopathischer Tierarzneimittel, die gemäß Artikel 86 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/6 registriert werden, ist die gute Herstellungspraxis ebenfalls einzuhalten. Die in dieser Verordnung festgesetzten Anforderungen sollten an den Umstand angepasst werden, dass es für solche Produkte keine Zulassung gibt. Dementsprechend sollten Bezugnahmen auf die Zulassungsbedingungen bei diesen Produkten dahin gehend verstanden werden, dass sie sich auf die Registrierungsbedingungen beziehen.

(7)

Gemäß der Verordnung (EU) Nr. 2019/6 sind Zertifikate über die gute Herstellungspraxis auszustellen, wenn die Einhaltung der in der vorliegenden Verordnung festgelegten Anforderungen nachgewiesen wurde. Um die Entwicklung neuer Konzepte oder neuer Technologien nicht zu behindern, sollte es den Herstellern nur dann ermöglicht werden, andere Ansätze als die in dieser Verordnung festgelegten zu verfolgen, wenn sie nachweisen können, dass der alternative Ansatz ebenso zielführend ist und dass die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Tierarzneimittels gewährleistet sind und es die Zulassungsbedingungen erfüllt.

(8)

Die gute Herstellungspraxis sollte während der gesamten Lebensdauer des Tierarzneimittels einschließlich Technologietransfer und bis zum Einstellen der Produktion Anwendung finden.

(9)

Die Befolgung der guten Herstellungspraxis durch den Hersteller erfordert die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Zulassungsinhaber. Wenn es sich bei Hersteller und Zulassungsinhaber um verschiedene Rechtsträger handelt, sollten die gegenseitigen Verpflichtungen zwischen Hersteller und Zulassungsinhaber in einer technischen Vereinbarung zwischen beiden Seiten präzisiert werden.

(10)

Die Hersteller sollten gewährleisten, dass ihre Produkte für die vorgesehene Verwendung geeignet sind, den Anforderungen der Zulassung genügen und die behandelten Tiere oder die Anwender nicht aufgrund mangelnder Qualität gefährden. Dazu sollten die Hersteller ein umfassendes pharmazeutisches Qualitätssystem umsetzen.

(11)

Durch Produktqualitätsüberprüfungen sollten die Hersteller die Beständigkeit des gegenwärtigen Prozesses und die Eignung der aktuellen Spezifikationen verifizieren, Trends ermitteln und Verbesserungsmöglichkeiten für Produkte und Abläufe identifizieren. Soweit erforderlich sollte das Ergebnis derartiger Überprüfungen zur Durchführung von Abhilfe- oder Präventionsmaßnahmen führen. Auch sollten regelmäßig Selbstinspektionen durchgeführt werden, um die Wirksamkeit des pharmazeutischen Qualitätssystems zu überprüfen.

(12)

Die Hersteller sollten zur Gewährleistung der Qualität der Tierarzneimittel über eine angemessene Anzahl qualifizierter Mitarbeiter mit klar umrissenen Zuständigkeiten verfügen. Diese sollten eingangs und danach fortlaufend den ihnen zugewiesenen Aufgaben entsprechend geschult werden.

(13)

Zur Gewährleistung der Qualität der Tierarzneimittel sollten die Hersteller über geeignete Räumlichkeiten und geeignete Ausrüstung für die Herstellung und Kontrolle der Tierarzneimittel sowie geeignete Räumlichkeiten für die Lagerung von Materialien und Produkten verfügen. Diese Räumlichkeiten und diese Ausrüstung sollten angemessen instand gehalten werden. Die Qualifizierung und Validierung der Räumlichkeiten und der Ausrüstung, einschließlich der für die Herstellung der Tierarzneimittel genutzten Betriebsmittel und Systeme, sollte als Grundanforderung der guten Herstellungspraxis festgelegt werden.

(14)

Zur Gewährleistung der Qualität der Tierarzneimittel sollten die Hersteller sicherstellen, dass während des Herstellungsprozesses jederzeit angemessene Hygienestandards eingehalten werden.

(15)

Als zentraler Bestandteil des pharmazeutischen Qualitätssystems sollte ein umfassendes Dokumentationssystem eingerichtet werden. Mit dem Dokumentationssystem sollte die Festlegung geeigneter Anweisungen und Spezifikationen einschließlich einschlägiger Kontrollen und Überwachungsverfahren im Hinblick auf die Gewährleistung der Qualität der Tierarzneimittel und die Einhaltung der Zulassungsbedingungen sichergestellt werden. Darüber hinaus sollte mit dem Dokumentationssystem sichergestellt werden, dass alle Tätigkeiten, die direkt oder indirekt die Qualität der Tierarzneimittel beeinflussen können, ordnungsgemäß protokolliert werden und dass die Unversehrtheit der Daten während der einschlägigen Aufbewahrungsfrist gewahrt bleibt.

(16)

Die Hersteller sollten im Wege der Prozessvalidierung sicherstellen, dass die kritischen Aspekte des Herstellungsprozesses ordnungsgemäß kontrolliert werden und dass eine gleichbleibende Produktion in Übereinstimmung mit den in der Zulassung festgelegten Qualitätsanforderungen gewährleistet ist.

(17)

Es sollten auch Anforderungen zum Umgang mit Materialien und Produkten, zur Qualifizierung von Lieferanten, zur Verhinderung von Kreuzkontamination und zu Verpackungsvorgängen festgelegt werden.

(18)

Es sollten Qualitätskontrollverfahren angewandt werden, um sicherzustellen, dass keine Materialien zur Verwendung und keine Produkte zur Lieferung freigegeben werden, ehe ihre Qualität überprüft wurde. Die Qualitätskontrolle als solche sollte die Probenahme, Spezifikationen und Prüfung sowie organisatorische Maßnahmen, Dokumentation und Freigabeverfahren umfassen.

(19)

Die korrekte Probenahme ist für die Gewährleistung der Qualität der Tierarzneimittel entscheidend. Referenzproben und Rückstellmuster sollten als Beleg für die Charge des Fertigprodukts oder für Chargen der bei der Herstellung des Tierarzneimittels verwendeten Materialien und zur Bewertung bei Untersuchungen der Qualität aufbewahrt werden.

(20)

Um die Qualität der Tierarzneimittel und die Einhaltung der Zulassungsbedingungen zu gewährleisten, sollten die Hersteller Chargenfreigabeprüfungen oder Inprozesskontrollen durchführen. Auch sollte ein fortlaufendes Stabilitätsprogramm implementiert werden.

(21)

Unter bestimmten Voraussetzungen sollten Echtzeitprüfungen und parametrische Freigabeprüfungen zulässig sein.

(22)

Es sollten die Einzelheiten des Prozesses der Zertifizierung durch die sachkundige Person sowie der Chargenfreigabe festgelegt werden. Bei außerhalb der Union hergestellten Tierarzneimitteln sollte der Zertifizierungsprozess als letzter Schritt des Herstellungsprozesses vor dem tatsächlichen Inverkehrbringen betrachtet werden.

(23)

Um zu sicherzustellen, dass der Einsatz computergestützter Systeme nicht die Risiken für die Qualität der Tierarzneimittel erhöht, sollten bestimmte Anforderungen für den Einsatz solcher Systeme festgelegt werden.

(24)

Um sicherzustellen, dass die Auslagerung (Outsourcing) von Tätigkeiten betreffend die Herstellung und Kontrolle von Tierarzneimitteln nicht die Risiken für die Produktqualität erhöht, sollten bestimmte Anforderungen festgelegt werden. Insbesondere sollte die Auslagerung schriftlich erfolgen, und die Zuständigkeiten jeder Partei sollten klar abgegrenzt werden.

(25)

Um sicherzustellen, dass Qualitätsprobleme zügig festgestellt und behoben werden, sollten die Hersteller ein System zur Protokollierung und Untersuchung von vermuteten Qualitätsmängeln und qualitätsbezogenen Beanstandungen einrichten. Zusätzlich sollten Verfahren für den Umgang mit Rückrufen eingeführt werden.

(26)

Für den Einsatz ionisierender Strahlung bei der Herstellung von Tierarzneimitteln sollten spezifische Anforderungen festgelegt werden.

(27)

Auch wenn die in dieser Verordnung dargelegten Anforderungen an die gute Herstellungspraxis weiterhin den gemäß der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates2 anwendbaren Anforderungen entsprechen, sollte den zuständigen Behörden und betroffenen Interessenträgern Zeit eingeräumt werden, damit sie sich mit den Bestimmungen dieser Verordnung vertraut machen können. Ihre Anwendung sollte entsprechend aufgeschoben werden.

(28)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Tierarzneimittel –

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


1

ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2019/6/oj.

2

Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 1, ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2001/82/oj).