O 0.1

Verordnung (EU) 2019/515 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gegenseitige Anerkennung von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 764/2008

Vom 19. März 2019

nicht-amtliches Inhaltsverzeichnis

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses1,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Warenverkehr gemäß dem Vertrag gewährleistet ist. Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind zwischen Mitgliedstaaten verboten. Das Verbot erfasst alle nationalen Maßnahmen, die geeignet sind, den Warenhandel innerhalb der Union unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern. Der freie Warenverkehr im Binnenmarkt wird durch die Harmonisierung der Vorschriften auf Unionsebene, die für gemeinsame Anforderungen für das Inverkehrbringen bestimmter Waren sorgt, oder im Falle von Waren oder Teilwaren, die nicht vollständig unter die Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union fallen, durch die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung – wie vom Gerichtshof der Europäischen Union definiert – sichergestellt.

(2)

Ein gut funktionierender Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung ist eine wesentliche Ergänzung der Harmonisierung der Vorschriften auf Unionsebene, zumal viele Waren sowohl harmonisierte als auch nicht harmonisierte Aspekte aufweisen.

(3)

Es können rechtswidrige Hindernisse für den freien Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten geschaffen werden, wenn keine Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union für Waren oder bestimmte Aspekte von Waren vorliegen und die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats für Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, nationale Vorschriften anwendet, sodass die Waren bestimmte technische Anforderungen – z. B. Anforderungen hinsichtlich der Bezeichnung, der Form, der Größe, des Gewichts, der Zusammensetzung, der Darstellung, der Kennzeichnung oder der Verpackung – erfüllen müssen. Die Anwendung solcher Vorschriften auf Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, könnte im Widerspruch zu den Artikeln 34 und 36 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) stehen, selbst wenn die Vorschriften ohne Unterscheidung für alle Waren gelten.

(4)

Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung leitet sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ab. Diesem Grundsatz zufolge dürfen die Mitgliedstaaten den Verkauf von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, in ihrem Hoheitsgebiet nicht verbieten, selbst wenn die Waren, einschließlich derer, die nicht Ergebnis eines Fertigungsprozesses sind, gemäß anderen technischen Vorschriften hergestellt wurden. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gilt jedoch nicht absolut. Die Mitgliedstaaten können das Inverkehrbringen von Waren beschränken, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, wenn die Beschränkungen aus den in Artikel 36 AEUV dargelegten Gründen oder aufgrund anderer zwingender, durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Zusammenhang mit dem freien Warenverkehr anerkannter Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und wenn die Beschränkungen dem verfolgten Zweck angemessen sind. In der vorliegenden Verordnung wird die Verpflichtung niedergelegt, die Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs eindeutig zu begründen.

(5)

Der Begriff „zwingende Gründe des Allgemeininteresses“ ist vom Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Rechtsprechung zu den Artikeln 34 und 36 AEUV entwickelt worden und entwickelt sich ständig weiter. Bestehen berechtigte Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, so könnten derartige zwingende Gründe die Anwendung nationaler technischer Vorschriften durch die zuständigen Behörden rechtfertigen. Allerdings müssen Verwaltungsentscheidungen stets gebührend begründet werden, rechtmäßig und angemessen sein und mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehen, wobei die zuständige Behörde die mit den wenigsten Beschränkungen verbundene Entscheidung zu treffen hat. Um das Funktionieren des Binnenmarktes für Waren zu verbessern, sollten die nationalen technischen Vorschriften zweckmäßig sein und keine unverhältnismäßigen nichttarifären Handelshemmnisse schaffen. Überdies dürfen Verwaltungsentscheidungen, die den Marktzugang von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, beschränken oder verweigern, nicht allein darauf gründen, dass die in Rede stehenden Waren das von dem Mitgliedstaat verfolgte Ziel von berechtigtem öffentlichen Interesse auf andere Art erfüllen als Waren in diesem Mitgliedstaat dies tun. Die Kommission sollte zur ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu dem Begriff „zwingende Gründe des Allgemeininteresses“ und zur Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung unverbindliche Leitlinien bereitstellen, um die Mitgliedstaaten zu unterstützen. Die zuständigen Behörden sollten die Gelegenheit erhalten, zu den Leitlinien beizutragen und Rückmeldungen zu geben.

(6)

In seinen Schlussfolgerungen vom Dezember 2013 hielt der Rat (Wettbewerbsfähigkeit) zur Binnenmarktpolitik fest, dass zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen und Verbraucher im Binnenmarkt alle zweckdienlichen Instrumente, darunter auch die gegenseitige Anerkennung, angemessen eingesetzt werden sollten. Der Rat forderte die Kommission auf, Bericht über Fälle zu erstatten, in denen die Funktionsweise des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung noch immer unzulänglich oder problematisch ist. In seinen Schlussfolgerungen zur Binnenmarktpolitik vom Februar 2015 forderte der Rat (Wettbewerbsfähigkeit) die Kommission nachdrücklich auf, Schritte einzuleiten, um die Wirksamkeit des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung zu gewährleisten, und diesbezügliche Vorschläge zu unterbreiten.

(7)

Die Verordnung (EG) Nr. 764/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates3 wurde erlassen, um die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung zu erleichtern, indem Verfahren eingerichtet wurden, mit denen das Risiko der Schaffung rechtswidriger Hindernisse für den freien Verkehr von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, möglichst gering gehalten werden soll. Obwohl diese Verordnung erlassen wurde, bestehen nach wie vor viele Probleme hinsichtlich der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung. Wie die von 2014 bis 2016 durchgeführte Bewertung zeigte, wirkt der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung nicht wie beabsichtigt und hat die Verordnung (EG) Nr. 764/2008 nur begrenzt dazu beigetragen, die Anwendung dieses Grundsatzes zu erleichtern. Die in jener Verordnung vorgesehenen Instrumente und Verfahrensgarantien haben ihren Zweck, die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung zu verbessern, nicht erfüllt. Beispielsweise ist das Netzwerk der Produktinfostellen, das eingerichtet wurde, um Wirtschaftsakteuren Informationen zu anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften und der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung zur Verfügung zu stellen, unter den Wirtschaftsakteuren kaum bekannt und wird von diesen so gut wie nicht genutzt. Innerhalb dieses Netzwerks arbeiten die nationalen Behörden nicht ausreichend zusammen. Die Vorschrift, Verwaltungsentscheidungen zur Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs zu melden, wird nur selten eingehalten. Folglich bestehen nach wie vor Hindernisse für den freien Warenverkehr.

(8)

Die Verordnung (EG) Nr. 764/2008 weist mehrere Mängel auf und sollte daher überarbeitet und gestärkt werden. Aus Gründen der Klarheit sollte die Verordnung (EG) Nr. 764/2008 daher durch die vorliegende Verordnung ersetzt werden. In der vorliegenden Verordnung sollten klare Verfahren festgelegt werden, um den freien Verkehr von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, zu gewährleisten und sicherzustellen, dass der freie Warenverkehr nur beschränkt werden kann, wenn die Mitgliedstaaten ein berechtigtes öffentliches Interesse hieran haben und die Beschränkung gerechtfertigt und verhältnismäßig ist. Durch diese Verordnung sollte auch sichergestellt werden, dass aufgrund des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung bestehende Rechte und Verpflichtungen sowohl von den Wirtschaftsakteuren als auch von den nationalen Behörden beachtet werden.

(9)

Die gegebenenfalls vorzunehmende weitere Harmonisierung der Bedingungen für das Inverkehrbringen von Waren zur Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarktes sollte von dieser Verordnung unberührt bleiben.

(10)

Auch andere Arten von Maßnahmen, die unter die Artikel 34 und 36 AEUV fallen, können Handelshemmnisse verursachen. Zu diesen Maßnahmen können beispielsweise für öffentliche Vergabeverfahren erstellte technische Spezifikationen oder die obligatorische Verwendung der Amtssprachen in den Mitgliedstaaten zählen. Solche Maßnahmen sollten allerdings keine nationalen technischen Vorschriften im Sinne der vorliegenden Verordnung darstellen und nicht in ihren Anwendungsbereich fallen.

(11)

Nationale technische Vorschriften werden mitunter in einem Mitgliedstaat im Wege eines Vorabgenehmigungsverfahrens umgesetzt, bei dem eine formale Genehmigung von einer zuständigen Behörde eingeholt werden muss, bevor die Waren dort in den Verkehr gebracht werden können. Ein Vorabgenehmigungsverfahren beschränkt durch sein bloßes Vorhandensein den freien Warenverkehr. Daher muss mit einem solchen Verfahren ein durch Unionsrecht anerkanntes öffentliches Interesse verfolgt werden und es muss verhältnismäßig und nichtdiskriminierend sein, damit es hinsichtlich des Grundsatzes des freien Warenverkehrs im Binnenmarkt gerechtfertigt ist. Ob ein solches Verfahren dem Unionsrecht entspricht, ist anhand der in der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union angeführten Erwägungen zu bewerten. Deshalb sollten Verwaltungsentscheidungen, die den Marktzugang von Waren ausschließlich aus dem Grund beschränken oder verweigern, dass für die Waren keine gültige Vorabgenehmigung vorliegt, vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden. Wird jedoch eine zwingende Vorabgenehmigung für Waren beantragt, so sollte jede Verwaltungsentscheidung zur Ablehnung des Antrags aufgrund einer im jeweiligen Mitgliedstaat geltenden nationalen technischen Vorschrift ausschließlich gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung erlassen werden, sodass der Antragsteller in den Genuss des Verfahrensschutzes dieser Verordnung kommt. Dies gilt auch für die freiwillige Vorabgenehmigung von Waren, sofern ein solches Verfahren besteht.

(12)

Es ist wichtig klarzustellen, dass zu den von dieser Verordnung erfassten Arten von Waren auch landwirtschaftliche Erzeugnisse gehören. Der Begriff „landwirtschaftliche Erzeugnisse“ schließt gemäß Artikel 38 Absatz 1 AEUV Fischereierzeugnisse ein. Damit sich leichter ermitteln lässt, welche Waren unter die vorliegende Verordnung fallen, sollte die Kommission bewerten, ob es durchführbar und nutzbringend ist, eine der Orientierung dienende Liste der gegenseitig anzuerkennenden Erzeugnisse weiterzuentwickeln.

(13)

Es ist außerdem wichtig klarzustellen, dass der Begriff „Hersteller“ nicht nur Hersteller von Waren umfasst, sondern auch Personen, die Waren, einschließlich landwirtschaftlicher Erzeugnisse, erzeugen, die nicht Produkt eines Fertigungsprozesses sind, sowie Personen, die als Hersteller einer Ware auftreten.

(14)

Entscheidungen der mitgliedstaatlichen Gerichtsbarkeit über die Rechtmäßigkeit von Fällen, in denen Waren, die in einem Mitgliedstaat rechtmäßig in den Verkehr gebracht wurden, aufgrund einer nationalen technischen Vorschrift der Zugang zum Markt in einem anderen Mitgliedstaat verwehrt wird oder in denen Sanktionen verhängt werden, sollten vom Anwendungsbereich der vorliegenden Verordnung ausgenommen werden.

(15)

Um vom Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung profitieren zu können, müssen Waren in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sein. Es sollte klargestellt werden, dass Waren, damit sie als in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht gelten können, den in diesem Mitgliedstaat geltenden einschlägigen Vorschriften entsprechen und in diesem Mitgliedstaat für den Endnutzer bereitgestellt werden müssen.

(16)

Zwecks Sensibilisierung der nationalen Behörden und der Wirtschaftsakteure für den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung sollten die Mitgliedstaaten in Erwägung ziehen, klare und eindeutige „Binnenmarktklauseln“ in ihren nationalen technischen Vorschriften vorzusehen, um die Anwendung des besagten Grundsatzes zu erleichtern.

(17)

Die erforderlichen Beweise dafür, dass Waren in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, unterscheiden sich in den verschiedenen Mitgliedstaaten erheblich. Dies verursacht unnötigen Aufwand, Verzögerungen und zusätzliche Kosten für Wirtschaftsakteure und hat zur Folge, dass nationale Behörden die Informationen, die für eine rechtzeitige Prüfung der Waren notwendig sind, nicht erhalten. Das kann zur Folge haben, dass die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung behindert wird. Es ist daher unerlässlich, dass den Wirtschaftsakteuren der Nachweis, dass ihre Waren in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, erleichtert wird. Die Wirtschaftsakteure sollten eine Selbsterklärung nutzen, die den zuständigen Behörden alle erforderlichen Informationen zu den Waren und zu ihrer Vereinbarkeit mit den Vorschriften des anderen Mitgliedstaats zur Verfügung stellt. Durch die Nutzung der freiwilligen Erklärungen sollten die nationalen Behörden nicht an einer Verwaltungsentscheidung für eine Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs gehindert werden, solange die Entscheidungen verhältnismäßig und begründet sind, den Grundsatz der gegenseitigen Ankerkennung einhalten und der vorliegenden Verordnung entsprechen.

(18)

Der Hersteller, der Einführer oder der Händler sollte eine Erklärung zum rechtmäßigen Inverkehrbringen von Waren für die Zwecke der gegenseitigen Anerkennung (im Folgenden „Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung“) abgeben können. Der Hersteller ist am besten in der Lage, die Angaben in der Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung zu machen, da der Hersteller die Waren am besten kennt und im Besitz der für die Überprüfung der in der Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung enthaltenen Angaben notwendigen Nachweise ist. Der Hersteller sollte die Möglichkeit haben, einen Bevollmächtigten damit zu beauftragen, solche Erklärungen im Namen des Herstellers und unter der Verantwortung des Herstellers abzugeben. Kann ein Wirtschaftsakteur in der Erklärung jedoch nur Angaben zur Rechtmäßigkeit des Inverkehrbringens der Waren machen, so sollte ein anderer Wirtschaftsakteur angeben können, dass die Waren in dem betreffenden Mitgliedstaat für Endnutzer bereitgestellt werden, sofern dieser Wirtschaftsakteur die Verantwortung für die Angaben in der Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung übernimmt und die für die Überprüfung dieser Angaben erforderlichen Nachweise vorlegen kann.

(19)

Die Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung sollte immer auch genaue und vollständige Informationen zu den Waren enthalten. Sie sollte daher aktualisiert werden, damit Änderungen – z. B. der einschlägigen nationalen technischen Vorschriften – berücksichtigt werden.

(20)

Um sicherzustellen, dass in einer Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung umfassende Angaben gemacht werden, sollte eine harmonisierte Struktur für solche Erklärungen festgelegt werden, auf die Wirtschaftsakteure, die eine solche Erklärung abgeben wollen, zurückgreifen können.

(21)

Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung wahrheitsgemäß und zutreffend ausgefüllt wird. Daher muss von den Wirtschaftsakteuren verlangt werden, dass sie für ihre Angaben in der Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung verantwortlich sind.

(22)

Zur Steigerung der Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Bereich von Waren, die nicht den Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union unterliegen, sollte es möglich sein, neue Informationstechnologien zu nutzen, um die Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung einfacher leisten zu können. Daher sollten Wirtschaftsakteure ihre Erklärungen zur gegenseitigen Anerkennung online veröffentlichen können, sofern die Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung leicht zugänglich ist und in einem betriebssicheren Format vorliegt.

(23)

Die Kommission sollte sicherstellen, dass im zentralen digitalen Zugangstor ein Muster der Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung und Leitlinien zum Ausfüllen der Erklärung in allen Amtssprachen der Union bereitgestellt werden.

(24)

Diese Verordnung sollte auch für Waren gelten, bei denen nur einige Aspekte durch Rechtsvorschriften der Union harmonisiert sind. Wenn der Wirtschaftsakteur gemäß den Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union eine EU-Konformitätserklärung ausstellen muss, um die Vereinbarkeit mit diesen Rechtsvorschriften zu bestätigen, sollte es für diesen Wirtschaftsakteur zulässig sein, die Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung gemäß dieser Verordnung der EU-Konformitätserklärung beizufügen.

(25)

Wenn ein Wirtschaftsakteur sich entscheidet, keinen Gebrauch von der Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung zu machen, sollten die zuständigen Behörden des Bestimmungsmitgliedstaats eindeutig bestimmte Aufforderungen zur Vorlage spezifischer Angaben aussprechen, die sie zur Bewertung der Waren im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für erforderlich halten.

(26)

Dem Wirtschaftsakteur sollte angemessene Zeit eingeräumt werden, in der die von der zuständigen Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats angeforderten Unterlagen oder anderen Angaben zur Verfügung zu stellen oder Argumente oder Bemerkungen in Bezug auf die Bewertung der betreffenden Waren vorzubringen sind.

(27)

Nach der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates4 müssen die Mitgliedstaaten der Kommission und den übrigen Mitgliedstaaten jeden Entwurf einer nationalen technischen Vorschrift, die gewerblich hergestellte Erzeugnisse – einschließlich landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder Fischereierzeugnisse – betrifft, übermitteln und die Gründe mitteilen, die die Festlegung dieser Vorschrift erforderlich machen. Nach Erlass einer solchen nationalen technischen Vorschrift muss jedoch sichergestellt werden, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung in Einzelfällen korrekt auf spezifische Waren angewandt wird. Mit der vorliegenden Verordnung sollten Verfahren für die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung in Einzelfällen festgelegt werden, indem beispielsweise die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, anzugeben, auf welchen nationalen technischen Vorschriften eine Verwaltungsentscheidung beruht und welche berechtigten Gründe des Allgemeininteresses bestehen, mit denen die Anwendung dieser nationalen technischen Vorschrift auf eine Ware begründet wird, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht wurde. Die Verhältnismäßigkeit der nationalen technischen Vorschrift bildet die Grundlage für den Nachweis der Verhältnismäßigkeit der Verwaltungsentscheidung, die auf dieser Vorschrift beruht. Allerdings sollten in jedem Einzelfall die Mittel festgelegt werden, mit denen der Nachweis der Verhältnismäßigkeit der Verwaltungsentscheidung zu erbringen ist.

(28)

Da Verwaltungsentscheidungen zur Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs für Waren, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, Ausnahmen vom Grundsatz des freien Warenverkehrs bleiben sollten, muss sichergestellt werden, dass bei solchen Entscheidungen die bestehenden Verpflichtungen aufgrund des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung beachtet werden. Deshalb ist es angebracht, ein eindeutiges Verfahren festzulegen, um festzustellen, ob die Waren in diesem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, und, wenn dies der Fall ist, ob die berechtigten Allgemeininteressen, die von der geltenden nationalen technischen Vorschrift des Bestimmungsmitgliedstaats erfasst werden, im Einklang mit Artikel 36 AEUV und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union angemessen geschützt werden. Durch solche Verfahren sollte sichergestellt werden, dass alle Verwaltungsentscheidungen verhältnismäßig sind und dass dabei der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gewahrt und diese Verordnung eingehalten wird.

(29)

Wenn eine zuständige Behörde Waren bewertet, bevor sie über eine Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs entscheidet, sollte diese Behörde nicht die Aussetzung des Marktzugangs beschließen dürfen, es sei denn, es ist ein zügiges Eingreifen erforderlich, um die Sicherheit oder Gesundheit von Menschen zu schützen oder Schäden für die Umwelt zu verhindern oder um die Bereitstellung von Waren zu verhindern, wenn diese Bereitstellung aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit oder der öffentlichen Sicherheit – z. B. zur Kriminalitätsprävention – generell verboten ist.

(30)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates5 wurde ein System der Akkreditierung eingeführt, das die gegenseitige Anerkennung der Befugnisse der Konformitätsbewertungsstellen sicherstellt. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sollten deshalb Prüfberichte und Bescheinigungen einer akkreditierten Konformitätsbewertungsstelle nicht aus befugnisbezogenen Gründen ablehnen. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten auch Prüfberichte und Bescheinigungen nicht ablehnen, die von anderen Konformitätsbewertungsstellen im Einklang mit dem Unionsrecht ausgestellt worden sind, um so weit wie möglich die unnötige Wiederholung von Prüfungen und Verfahren zu vermeiden, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführt worden sind. Die zuständigen Behörden sollten den Inhalt der vorzulegenden Prüfberichte oder Bescheinigungen gebührend berücksichtigen.

(31)

Nach der Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates6 dürfen nur sichere Produkte in Verkehr gebracht werden; gleichzeitig werden in der Richtlinie die Verpflichtungen festgelegt, denen die Hersteller und Händler im Hinblick auf die Sicherheit der Produkte unterliegen. Die Richtlinie gestattet den zuständigen Behörden, alle gefährlichen Produkte unmittelbar zu verbieten oder möglicherweise gefährliche Produkte so lange zu verbieten, bis die verschiedenen Sicherheitsbewertungen, Überprüfungen und Kontrollen abgeschlossen sind. Außerdem ist in jener Richtlinie das Verfahren beschrieben, nach dem zuständige Behörden bei Produkten, die eine Gefahr darstellen, geeignete Maßnahmen wie die in Artikel 8 Absatz 1 Buchstaben b bis f jener Richtlinie genannten ergreifen können, und es wurde die Pflicht eingeführt, solche Maßnahmen der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten zu melden. Die zuständigen Behörden sollten daher die Möglichkeit haben, jene Richtlinie, insbesondere deren Artikel 8 Absatz 1 Buchstaben b bis f sowie Artikel 8 Absatz 3, weiter anzuwenden.

(32)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates7 wurde unter anderem ein Schnellwarnsystem für die Meldung eines von Lebensmitteln oder Futtermitteln ausgehenden unmittelbaren oder mittelbaren Risikos für die menschliche Gesundheit eingerichtet. Gemäß jener Verordnung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, der Kommission über das Schnellwarnsystem unverzüglich sämtliche von ihnen ergriffenen Maßnahmen zur Beschränkung des Inverkehrbringens von Lebensmitteln oder Futtermitteln oder zur Rücknahme oder zum Rückruf von Lebensmitteln oder Futtermitteln zu melden, falls der Schutz der menschlichen Gesundheit rasches Handeln erfordert. Die zuständigen Behörden sollten die Möglichkeit haben, die genannte Verordnung, insbesondere deren Artikel 50 Absatz 3 und Artikel 54, weiter anzuwenden.

(33)

Mit der Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates8 wurde ein harmonisierter Unionsrahmen für die Organisation amtlicher Kontrollen und anderer amtlicher Tätigkeiten entlang der gesamten Lebensmittelkette eingerichtet, wobei die in der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates9 und in den einschlägigen sektorspezifischen Rechtsvorschriften der Union festgelegten Regelungen über amtliche Kontrollen berücksichtigt werden. Die Verordnung (EU) 2017/625 legt ein besonderes Verfahren fest, das gewährleisten soll, dass die betreffenden Wirtschaftsakteure Verstöße gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht sowie gegen die Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz abstellen. Die zuständigen Behörden sollten die Möglichkeit haben, die Verordnung (EU) 2017/625, insbesondere deren Artikel 138, weiter anzuwenden.

(34)

Mit der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates10 wurde ein harmonisierter Unionsrahmen eingerichtet, der der Durchführung von Kontrollen in Bezug auf die in der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates11 festgelegten Verpflichtungen in Übereinstimmung mit den Kriterien gemäß der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 dient, und festgelegt, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass jeder Marktteilnehmer, der diese Vorschriften erfüllt, einen Anspruch darauf hat, in ein Kontrollsystem aufgenommen zu werden. Die zuständigen Behörden sollten die Möglichkeit haben, die Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, und insbesondere deren Artikel 90, weiter anzuwenden.

(35)

Jede gemäß dieser Verordnung getroffene Verwaltungsentscheidung der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sollte eine Rechtsbehelfsbelehrung für Wirtschaftsakteure enthalten, damit Wirtschaftsakteure gemäß dem nationalen Recht Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung einlegen oder das zuständige Gericht des Mitgliedstaats anrufen können. In der Verwaltungsentscheidung sollte auch auf die Möglichkeit für Wirtschaftsakteure hingewiesen werden, das Problemlösungsnetz für den Binnenmarkt (SOLVIT) und das in dieser Verordnung vorgesehene Problemlösungsverfahren zu nutzen.

(36)

Für eine korrekte und kohärente Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung sind wirksame Lösungen für Wirtschaftsakteure, die eine unternehmensfreundliche Alternative suchen, um gegen Verwaltungsentscheidungen zur Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs vorzugehen, unerlässlich. Um solche Lösungen zu gewährleisten und Prozesskosten zu vermeiden, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (im Folgenden „KMU“), sollte den Wirtschaftsakteuren ein außergerichtliches Problemlösungsverfahren zur Verfügung stehen.

(37)

SOLVIT ist ein von den Verwaltungen jedes Mitgliedstaats bereitgestellter Dienst, der Lösungen für Personen sowie für Unternehmen finden soll, wenn ihre Rechte durch die Behörden eines anderen Mitgliedstaats verletzt wurden. Die Grundsätze für die Arbeitsweise von SOLVIT werden in der Empfehlung 2013/461/EU der Kommission12 dargelegt, in der vorgesehen ist, dass jeder Mitgliedstaat eine SOLVIT-Stelle einrichtet, der angemessene personelle und finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um die Beteiligung der SOLVIT-Stelle an SOLVIT sicherzustellen. Die Kommission sollte SOLVIT und die damit verbundenen Vorteile insbesondere bei Unternehmen bekannter machen.

(38)

SOLVIT ist ein wirksamer außergerichtlicher Problemlösungsmechanismus, der unentgeltlich zur Verfügung steht. Es arbeitet mit kurzen Fristen und liefert praktische Lösungen, wenn Schwierigkeiten bei der Anerkennung der Rechte von Personen und Unternehmen aus der Union durch Behörden auftreten. Wenn der Wirtschaftsakteur, die jeweilige SOLVIT-Stelle und der beteiligten Mitgliedstaat sich auf ein angemessenes Ergebnis einigen, sollten keine weiteren Schritte mehr notwendig sein.

(39)

In den Fällen, in denen der informelle Ansatz von SOLVIT versagt und weiterhin Zweifel an der Vereinbarkeit der Verwaltungsentscheidung mit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung bestehen, sollte allerdings die Kommission befugt sein, die Angelegenheit auf Ersuchen einer der beteiligten SOLVIT-Stellen zu untersuchen. Nach ihrer Bewertung sollte die Kommission eine Stellungnahme vorlegen, die über die zuständige SOLVIT-Stelle dem betreffenden Wirtschaftsakteur und den zuständigen Behörden zu übermitteln ist und im Rahmen des SOLVIT-Verfahrens berücksichtigt werden sollte. Das Eingreifen der Kommission sollte an eine Frist von 45 Arbeitstagen gebunden sein, die nicht den Zeitraum für die Erlangung von Angaben und Unterlagen durch die Kommission beinhalten sollte, die diese für erforderlich erachtet. Wird der Fall binnen dieser Frist gelöst, so sollte die Kommission nicht verpflichtet sein, eine Stellungnahme vorzulegen. Solche SOLVIT-Fälle sollten in der SOLVIT-Datenbank in einem gesonderten Arbeitsablauf behandelt und nicht in den normalen SOLVIT-Statistiken ausgewiesen werden.

(40)

Die Stellungnahme der Kommission zu einer Verwaltungsentscheidung zur Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs sollte sich nur darauf beziehen, ob die Verwaltungsentscheidung mit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und den Anforderungen dieser Verordnung vereinbar ist. Die Befugnisse der Kommission nach Artikel 258 AEUV sowie die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Einhaltung des Unionsrechts bei der Behandlung von systemimmanenten Problemen, die bei der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auftreten, bleiben davon unberührt.

(41)

Es ist für den Waren-Binnenmarkt wichtig, dass Unternehmen, insbesondere KMU, verlässliche und konkrete Informationen über das geltende Recht eines bestimmten Mitgliedstaats erhalten können. Die Produktinfostellen sollten eine wichtige Rolle bei der Erleichterung der Kommunikation zwischen den nationalen Behörden und den Wirtschaftsakteuren spielen, indem sie Informationen über spezifische Produktvorschriften und über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung im Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaats verbreiten. Es ist daher notwendig, die Rolle der Produktinfostellen als wichtigsten Lieferanten von Informationen über Produktvorschriften aller Art einschließlich nationaler technischer Vorschriften, die unter den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung fallen, zu stärken.

(42)

Zwecks Erleichterung des freien Warenverkehrs sollten die Produktinfostellen in einem angemessenen Umfang kostenlos Informationen über ihre nationalen technischen Vorschriften und über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung bereitstellen. Die Produktinfostellen sollten über die geeignete Ausrüstung und angemessene Ressourcen verfügen. Im Einklang mit der Verordnung (EU) 2018/1724 des Europäischen Parlaments und des Rates13 sollten sie derartige Informationen über eine Website bereitstellen und den in der genannten Verordnung festgelegten Qualitätskriterien unterliegen. Die mit der Bereitstellung dieser Informationen verbundenen Aufgaben der Produktinfostellen, zu denen die Bereitstellung von elektronischen Kopien der nationalen technischen Vorschriften oder eines Online-Zugangs zu diesen Vorschriften gehört, sollten unbeschadet der für die Verbreitung nationaler technischer Vorschriften geltenden nationalen Vorschriften ausgeführt werden. Zudem sollten die Produktinfostellen nicht verpflichtet sein, Kopien von Normen oder einen Online-Zugang zu Normen, für die Rechte des geistigen Eigentums von Normungsgremien oder -organisationen gelten, bereitzustellen.

(43)

Die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden ist wesentlich für das reibungslose Funktionieren des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung und für die Schaffung einer Kultur der gegenseitigen Anerkennung. Die Produktinfostellen und die nationalen zuständigen Behörden sollten daher zusammenarbeiten und Informationen und Erfahrungen austauschen, um zu gewährleisten, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und diese Verordnung korrekt und kohärent angewandt werden.

(44)

Für die Meldung von Verwaltungsentscheidungen, mit denen der Marktzugang begrenzt oder verweigert wird, zur Ermöglichung der Kommunikation zwischen den Produktinfostellen und zur Sicherstellung der Verwaltungszusammenarbeit ist es notwendig, den Mitgliedstaaten ein Informations- und Kommunikationssystem an die Hand zu geben.

(45)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates14 ausgeübt werden.

(46)

Ist die Verarbeitung personenbezogener Daten für die Zwecke dieser Verordnung notwendig, so sollte eine solche Verarbeitung im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Union über den Schutz personenbezogener Daten geschehen. Jede Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen dieser Verordnung fällt je nach Lage des Falls unter die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates15 oder die Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates16.

(47)

Es sollten verlässliche und wirksame Überwachungsmechanismen eingerichtet werden, um Informationen über die Anwendung dieser Verordnung und ihre Auswirkungen auf den freien Warenverkehr zu erhalten. Diese Mechanismen sollten nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinausgehen.

(48)

Um das Bewusstsein für den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zu schärfen und sicherzustellen, dass die vorliegende Verordnung korrekt und kohärent angewandt wird, sollte vorgesehen werden, dass die Union Sensibilisierungskampagnen, Weiterbildungsmaßnahmen, den Austausch von Beamten und sonstige damit zusammenhängende Aktivitäten zur Vertiefung und Unterstützung des Vertrauens und der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden, den Produktinfostellen und den Wirtschaftsakteuren finanziert.

(49)

Um dem Mangel an genauen Daten zum Funktionieren des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung und seinen Auswirkungen auf den Binnenmarkt für Waren abzuhelfen, sollte die Union die Erhebung solcher Daten finanzieren.

(50)

Die finanziellen Interessen der Union sollten während des gesamten Ausgabenzyklus durch verhältnismäßige Maßnahmen geschützt werden, darunter Prävention, Aufdeckung und Untersuchung von Unregelmäßigkeiten, Rückforderung entgangener, zu Unrecht gezahlter oder nicht widmungsgemäß verwendeter Mittel und gegebenenfalls verwaltungsrechtliche und finanzielle Sanktionen.

(51)

Es ist angebracht, die Anwendung dieser Verordnung aufzuschieben, damit die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsakteure ausreichend Zeit haben, sich auf die darin festgelegten Anforderungen einzustellen.

(52)

Die Kommission sollte eine Bewertung dieser Verordnung mit Blick auf die damit verfolgten Ziele durchführen. Die Kommission sollte die erhobenen Daten über das Funktionieren des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung und seine Auswirkungen auf den Binnenmarkt für Waren und die im Informations- und Kommunikationssystem verfügbaren Daten für die Bewertung dieser Verordnung heranziehen. Die Kommission sollte die Möglichkeit haben, die Mitgliedstaaten zu ersuchen, zusätzliche, für ihre Bewertung notwendige Angaben zur Verfügung zu stellen. Nach Nummer 22 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung17 sollte die Evaluierung dieser Verordnung bezogen auf die Effizienz, Effektivität, Relevanz, Kohärenz und den Mehrwert die Grundlage für die Abschätzung der Folgen von Optionen für weitergehende Maßnahmen bilden.

(53)

Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Gewährleistung der reibungslosen, kohärenten und korrekten Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen seines Umfangs und seiner Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus –

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


1

ABl. C 283 vom 10.8.2018, S. 19.

2

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 14. Februar 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 5. März 2019.

3

Verordnung (EG) Nr. 764/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 zur Festlegung von Verfahren im Zusammenhang mit der Anwendung bestimmter nationaler technischer Vorschriften für Produkte, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden sind, und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 3052/95/EG (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 21).

4

Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1).

5

Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30).

6

Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit (ABl. L 11 vom 15.1.2002, S. 4).

7

Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1).

8

Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz, Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmittel, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 999/2001, (EG) Nr. 396/2005, (EG) Nr. 1069/2009, (EG) Nr. 1107/2009, (EU) Nr. 1151/2012, (EU) Nr. 652/2014, (EU) 2016/429 und (EU) 2016/2031 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnungen (EG) Nr. 1/2005 und (EG) Nr. 1099/2009 des Rates sowie der Richtlinien 98/58/EG, 1999/74/EG, 2007/43/EG, 2008/119/EG und 2008/120/EG des Rates und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 854/2004 und (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 89/608/EWG, 89/662/EWG, 90/425/EWG, 91/496/EEG, 96/23/EG, 96/93/EG und 97/78/EG des Rates und des Beschlusses 92/438/EWG des Rates (Verordnung über amtliche Kontrollen) (ABl. L 95 vom 7.4.2017, S. 1).

9

Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1).

10

Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 549).

11

Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671).

12

Empfehlung 2013/461/EU der Kommission vom 17. September 2013 zu den Grundsätzen für SOLVIT (ABl. L 249 vom 19.9.2013, S. 10).

13

Verordnung (EU) 2018/1724 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Oktober 2018 über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors zu Informationen, Verfahren, Hilfs- und Problemlösungsdiensten und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 1).

14

Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

15

Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

16

Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).

17

ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.