Vorwort

Was haben Pflegekräfte mit Arzneimitteln zu tun? „Nichts“ war die lapidare Antwort des Leiters der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung eines großen deutschen Arzneimittelherstellers, als wir ihn vergeblich um die Abdruckgenehmigung für Bilder der von seiner Firma hergestellten Präparate baten. Unser Ziel ist, den Pflegenden mit anschaulichen Abbildungen von Medikamenten, die sie täglich in der Hand halten, den Zugang zur Materie zu erleichtern. Denn in der täglichen Berufspraxis ist der Umgang mit Arzneimitteln ein essenzielles Element: Die beruflich Pflegenden richten die Medikamente, verabreichen diese und beobachten die Pflegebedürftigen auf Wirkung und Verträglichkeit. Nicht selten müssen sie sogar in einem ärztlich verordneten Rahmen über den Einsatz von Medikamenten entscheiden.

Anschaulichkeit und dadurch ein erleichterter Zugang zur Materie ist zudem vor dem Hintergrund der veränderten Gesetzeslage der Pflegeberufe besonders wichtig, denn viele Aspekte werden im Gesetz nur recht allgemein beschrieben und bedürfen der Konkretisierung in der Berufspraxis. Dazu will dieses Buch beitragen. Durch das aktuelle Pflegeberufe­gesetz (PflBG) sind die Ausbildungen der vorher getrennten Pflegeberufe (Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege) zu einer generalistischen Ausbildung mit der Berufsbezeichnung „Pflegefachfrau“ bzw. „Pflegefachmann“ neu geordnet worden. Für diese Pflegekräfte werden in § 4 PflBG „vorbehaltene Tätigkeiten“ beschrieben:

die Erhebung und Feststellung des individuellen Pflegebedarfs,

die Organisation, Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses,

die Analyse, Evaluation, Sicherung und Entwicklung der Qualität der Pflege.

Dies beinhaltet natürlich auch die fachgerechte Medikamentengabe. Sie muss verlässlich organisiert, gesteuert, durchgeführt und dokumentiert werden. Zur Evaluation gehört die Kontrolle, z. B. ob Medikamente zuverlässig eingenommen werden, ob sie die gewünschte Wirkung zeigen und ob unerwünschte Begleiterscheinungen auftreten. Diese Elemente sind u. a. für die Sicherung der Pflegequalität unerlässlich. Seitenwechsel

Auch das Arzneimittel­gesetz (AMG) erklärt in § 1: „Es ist der Zweck dieses Gesetzes, im Interesse einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere für die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel … zu sorgen.“ Diese Vorgaben gelten für alle, die mit Arzneimitteln zu tun haben – also auch für die beruflich Pflegenden.

Das Arzneimittel als „Ware besonderer Art“ soll nicht in unbegrenzter Menge und nicht zur freien Auswahl verfügbar sein und ist daher vielfach an eine ärztliche Verordnung gebunden. Die Arzneimittellogistik verlangt eine sachkundige Handhabung. Zudem muss die Aushändigung an den Patienten – egal ob in der stationären Langzeitpflege, in der ambulanten Pflege oder in der Klinik – immer mit einer speziellen Beratung verbunden sein. Wie wir in diesem Buch zeigen, gehören außerdem dazu: korrekte Lagerung mit Haltbarkeitskontrolle, Beachtung der Temperaturbereiche, schnelle Auffindbarkeit, schnelle Reaktion bei Medikamentenengpässen, Notfalllager, Pharmaökonomie mit Überblick über Generika, Bestellung von Medikamenten, Eingangsüberwachung, Identifizierung von Fälschungen, Kenntnisse über spezielle Medikamente und ihre pharmakologische Wirkung, Wissen über Arzneiformen und ihre Anwendung, besonderer Umgang mit Betäubungsmitteln und vieles mehr.

Außerdem berücksichtigt dieses Buch die Veränderungen in den Lesegewohnheiten – weg von langen Texten hin zu Inhalten, die vermehrt durch Abbildungen, Schaubilder und Tabellen vermittelt werden.

Wir danken besonders Marlene Bareiß und Luise Keller von der Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft Stuttgart für die engagierte Betreuung des Buchprojekts sowie Julia Steinert für ihre Hilfe bei der Bilderauswahl. Dem Krankenhausapotheker Conrad Engler danken wir für die Lektorierung und die fundierte pharmakologische Kritik. Der Firma ratiopharm danken wir für die spontane Bereitschaft, uns zahlreiche Abbildungen ihrer Präparate für den Abdruck zur Verfügung zu stellen.

Norden,

im Herbst 2022

Dr. Ulrich Räth

Friedhelm Kamann Seitenwechsel