DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 235,

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 203,

auf Vorschlag der Kommission1,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

Der Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaft wird aus eigenen Mitteln finanziert und von der Kommission im Rahmen der bewilligten Mittel nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Haushaltsführung ausgeführt. Bei der Erfüllung dieser Aufgabe arbeitet die Kommission eng mit den Mitgliedstaaten zusammen.

Über die Hälfte der Gemeinschaftsausgaben werden den Empfängern über die Mitgliedstaaten gezahlt.

Die Einzelheiten dieser dezentralen Verwaltung und der Kontrollsysteme werden in ausführlichen Vorschriften geregelt, die sich je nach Bereich der Gemeinschaftspolitik unterscheiden. Es ist jedoch wichtig, in allen Bereichen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften zu bekämpfen.

Um die Bekämpfung des Betrugs zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften wirksam zu gestalten, muß ein allen Bereichen der Gemeinschaftspolitik gemeinsamer rechtlicher Rahmen festgelegt werden.

Die Verhaltensweisen, die Unregelmäßigkeiten darstellen, sowie die verwaltungsrechtlichen Maßnahmen und die entsprechenden Sanktionen sind im Einklang mit dieser Verordnung in sektorbezogenen Regelungen vorgesehen.

Die genannten Verhaltensweisen umfassen betrügerische Praktiken im Sinne des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften.

Die verwaltungsrechtlichen Sanktionen der Gemeinschaft müssen einen angemessenen Schutz der genannten Interessen gewährleisten. Es sind allgemeine Regeln für diese Sanktionen aufzustellen.

Das Gemeinschaftsrecht sieht verwaltungsrechtliche Sanktionen der Gemeinschaft im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik vor. Derartige Sanktionen sind auch in anderen Bereichen einzuführen.

Die gemeinschaftlichen Maßnahmen und Sanktionen zur Verwirklichung der Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik sind Bestandteil der Beihilferegelungen. Sie haben einen eigenen Zweck, der die strafrechtliche Bewertung des Verhaltens der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten unberührtläßt. Ihre Effizienz ist durch die unmittelbare Wirksamkeit der Gemeinschaftsnorm und die uneingeschränkte Anwendbarkeit aller Gemeinschaftsmaßnahmen sicherzustellen, sofern mit vorsorglichen Maßnahmen dieses Ziel nicht erreicht werden konnte.

Gemäß dem allgemeinen Erfordernis der Billigkeit und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes „ne bis in idem“ sind unter Wahrung des gemeinschaftlichen Besitzstands und unter Beachtung der Vorschriften der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung geltenden spezifischen Gemeinschaftsregelungen geeignete Bestimmungen vorzusehen, um eine Kumulierung finanzieller Sanktionen der Gemeinschaft und einzelstaatlicher strafrechtlicher Sanktionen bei ein und derselben Person für dieselbe Tat zu verhindern.

Für die Anwendung dieser Verordnung kann ein strafrechtliches Verfahren dann als abgeschlossen gelten, wenn die zuständige einzelstaatliche Behörde und die betreffende Person einen Vergleich geschlossen haben.

Diese Verordnung gilt unbeschadet der Anwendung des Strafrechts der Mitgliedstaaten.

Nach dem Gemeinschaftsrecht sind die Kommission und die Mitgliedstaaten verpflichtet, die zweckentsprechende Verwendung der Haushaltsmittel der Gemeinschaften zu überprüfen. Es sind gemeinsame Vorschriften zur Ergänzung der geltenden Regelungen vorzusehen.

In den Verträgen sind die erforderlichen spezifischen Befugnisse für den Erlaß materiell-rechtlicher horizontaler Vorschriften über Kontrollen und über Maßnahmen sowie Sanktionen zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften nicht vorgesehen. Daher sind Artikel 235 des EG-Vertrags und Artikel 203 des EAG-Vertrags heranzuziehen.

Zusätzliche allgemeine Bestimmungen für die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort werden zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt –

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


1

ABl. Nr. C 216 vom 6. 8. 1994, S. 11.

2

ABl. Nr. C 89 vom 10. 4. 1995, S. 83, und Stellungnahme vom 30. November 1995 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).