O 0.1

Verordnung (EU) 2022/2472 der Kommission zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Vom 14. Dezember 2022

(ABl. 2022 Nr. L 327/1), ber. durch Art. 1 der VO (EU) 2023/2607 vom 22.11.2023 (ABl. L 2023/2607 vom 23.11.2023)
Änderungshistorienicht-amtliches Inhaltsverzeichnis

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2015/1588 des Rates vom 13. Juli 2015 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen1, insbesondere auf Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a und b,

nach Veröffentlichung des Entwurfs dieser Verordnung gemäß Artikel 6 und Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/1588,

nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für staatliche Beihilfen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Staatliche Zuwendungen, die die Kriterien des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) erfüllen, stellen staatliche Beihilfen dar, die nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV bei der Kommission anzumelden sind. Der Rat kann jedoch nach Artikel 109 AEUV Gruppen von Beihilfen festlegen, die von dieser Anmeldepflicht ausgenommen sind. Die Kommission kann nach Artikel 108 Absatz 4 AEUV Verordnungen zu diesen Gruppen von staatlichen Beihilfen erlassen. Durch die Verordnung (EU) 2015/1588 des Rates wurde die Kommission ermächtigt, im Einklang mit Artikel 109 AEUV zu erklären, dass bestimmte Gruppen von Beihilfen von der Anmeldepflicht gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt werden können. Auf der Grundlage der genannten Verordnung hat die Kommission die Verordnung (EU) Nr. 702/2014 der Kommission2 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Arten von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verabschiedet, die bis zum 31. Dezember 2022 gilt.

(2) Die Wettbewerbsregeln finden gemäß Artikel 42 AEUV auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen nur insoweit Anwendung, als das Europäische Parlament und der Rat dies bestimmen. Gemäß Artikel 211 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates3 finden die Vorschriften für staatliche Beihilfen mit bestimmten Abweichungen auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen Anwendung. Gemäß Artikel 211 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 finden die Vorschriften für staatliche Beihilfen keine Anwendung auf Zahlungen, die von den Mitgliedstaaten für die in der genannten Verordnung vorgesehenen Maßnahmen, die ganz oder teilweise von der Union finanziert werden, und für die unter die Artikel 213 bis 218 der genannten Verordnung fallenden Maßnahmen geleistet werden. Darüber hinaus gelten gemäß Artikel 145 der Verordnung (EU) 2021/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates4 die Vorschriften für staatliche Beihilfen weder für Zahlungen, die von den Mitgliedstaaten gemäß der genannten Verordnung geleistet werden, noch für eine zusätzliche nationale Finanzierung im Geltungsbereich des Artikels 42 AEUV. Solche Zahlungen, mit denen eine zusätzliche nationale Finanzierung im Geltungsbereich des Artikels 42 AEUV bereitgestellt werden soll, müssen die Kriterien der Verordnung (EU) 2021/2115 erfüllen, um von der Kommission als Bestandteil des GAP-Strategieplans eines bestimmten Mitgliedstaats genehmigt zu werden. Die Vorschriften für staatliche Beihilfen gelten hingegen bei nicht in den Geltungsbereich von Artikel 42 AEUV fallenden Maßnahmen sowohl für den aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) kofinanzierten Teil als auch für die zusätzliche nationale Finanzierung.

(3) Da die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Beihilfemaßnahme nicht davon abhängen, ob die Beihilfen von der Union mitgetragen oder vom Mitgliedstaat allein finanziert werden, sollte zwischen der Politik der Kommission zur Kontrolle staatlicher Beihilfen und den Beihilfen, die im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Politik der Union zur Entwicklung des ländlichen Raums gewährt werden, Kohärenz und Konformität bestehen.

(4) Der Geltungsbereich der vorliegenden Verordnung sollte daher in Bezug auf aus dem ELER kofinanzierte Maßnahmen an den der Verordnung (EU) 2021/2115 angeglichen werden.

(5) Die vorliegende Verordnung sollte eine stärkere Vereinfachung ermöglichen und zu mehr Transparenz, einer wirksamen Evaluierung und besseren Kontrolle der Einhaltung der Beihilfevorschriften auf nationaler und Unionsebene beitragen, gleichzeitig jedoch die institutionellen Zuständigkeiten der Kommission und der Mitgliedstaaten wahren.

(6) Die Kommission hat die Artikel 107 und 108 AEUV im Einklang mit den Bedingungen der Rahmenregelung von 20145 mehrfach auf den Agrar- und Forstsektor angewandt. Sie hat somit in diesen Bereichen beträchtliche Erfahrungen mit Beihilfemaßnahmen gesammelt, bei denen die Mitgliedstaaten nach wie vor verpflichtet sind, diese bei der Kommission anzumelden. Dank dieser Erfahrungen kann die Kommission die Voraussetzungen, unter denen bestimmte Gruppen von Beihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können, besser definieren, den Geltungsbereich der Gruppenfreistellungen ausweiten und zugleich die Transparenz und Verhältnismäßigkeit der Beihilfen gewährleisten.

(7) Die allgemeinen Voraussetzungen für die Anwendung dieser Verordnung sollten auf gemeinsamen Grundsätzen beruhen, die gewährleisten, dass die Beihilfen einen eindeutigen Anreizeffekt haben, geeignet und verhältnismäßig sind, in voller Transparenz und vorbehaltlich eines Kontrollmechanismus und einer regelmäßigen Evaluierung gewährt werden, und sich nicht negativ auf den Wettbewerb und die Handelsbedingungen auswirken.

(8) Beihilfen, die sowohl die allgemeinen als auch die für die betreffende Gruppe von Beihilfen geltenden besonderen Voraussetzungen dieser Verordnung erfüllen, sollten von der Anmeldepflicht gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt werden. Aus Gründen einer wirksamen Überwachung und einer nicht zulasten der Kontrollmöglichkeiten der Kommission gehenden Verwaltungsvereinfachung sollten freigestellte Beihilfen (Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen) einen ausdrücklichen Verweis auf diese Verordnung enthalten.

(9) Staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV, die nicht unter diese Verordnung fallen, unterliegen weiter der Anmeldepflicht gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV. Diese Verordnung nimmt den Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit, Beihilfen anzumelden, deren Ziele den unter diese Verordnung fallenden Zielen entsprechen.

(10) Angesichts der größeren potenziellen Auswirkungen umfangreicher Regelungen auf Handel und Wettbewerb sollten Beihilferegelungen, deren Mittelausstattung in einem bestimmten Jahr einen bestimmten Schwellenwert oder insgesamt einen absoluten Wert übersteigen, grundsätzlich einer beihilferechtlichen Evaluierung unterzogen werden. In der Evaluierung sollte geprüft werden, ob die Annahmen und Voraussetzungen für die Vereinbarkeit der Regelung mit dem Binnenmarkt bestätigt bzw. erfüllt wurden, und ob die Beihilfemaßnahme in Bezug auf die allgemeinen und spezifischen Ziele wirksam war; ferner sollten Angaben zu den Auswirkungen auf Handel und Wettbewerb gemacht werden. Im Interesse der Gleichbehandlung sollte die beihilferechtliche Evaluierung auf der Grundlage eines von der Kommission genehmigten Evaluierungsplans vorgenommen werden. Solche Pläne sollten zwar in der Regel zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der Regelung aufgestellt und rechtzeitig vor Inkrafttreten der Regelung genehmigt werden, jedoch ist dies vielleicht nicht in allen Fällen möglich.

(11) Daher sollte diese Verordnung für solche Regelungen vorerst höchstens sechs Monate gelten, damit sich deren Inkrafttreten nicht verzögert. Die Kommission kann beschließen, diesen Zeitraum nach Genehmigung des Evaluierungsplans zu verlängern.

(12) Zu diesem Zweck sollte der Evaluierungsplan innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Inkrafttreten der Regelung an die Kommission übermittelt werden. Die Kommission kann auch ausnahmsweise beschließen, dass wegen der Besonderheiten des Falles keine Evaluierung notwendig ist. Sie sollte von dem Mitgliedstaat die Informationen erhalten, die für die Prüfung des Evaluierungsplans erforderlich sind, und zusätzlich benötigte Informationen unverzüglich anfordern, damit der Mitgliedstaat die fehlenden Angaben übermitteln und die Kommission einen Beschluss fassen kann.

(13) Mit Ausnahme von Änderungen, die keine Auswirkungen auf die Vereinbarkeit der Beihilferegelung mit dieser Verordnung oder keine wesentlichen Auswirkungen auf den Inhalt des genehmigten Evaluierungsplans haben, sollten Änderungen evaluierungspflichtiger Regelungen unter Berücksichtigung des Ergebnisses einer solchen Evaluierung gewürdigt und aus dem Geltungsbereich dieser Verordnung ausgeschlossen werden. Rein formale Änderungen, administrative Änderungen oder Änderungen, die im Rahmen der von der Union kofinanzierten Maßnahmen vorgenommen werden, sollten grundsätzlich nicht als Änderungen angesehen werden, die wesentliche Auswirkungen auf den Inhalt des genehmigten Evaluierungsplans haben.

(14) Diese Verordnung sollte weder für Beihilfen gelten, die von der Verwendung von einheimischen anstelle von eingeführten Waren abhängig gemacht werden, noch für Beihilfen für ausfuhrbezogene Tätigkeiten. Sie sollte insbesondere nicht für Beihilfen zur Finanzierung des Aufbaus und des Betriebs eines Vertriebsnetzes in anderen Mitgliedstaaten oder Drittländern gelten. Beihilfen für die Kosten der Teilnahme an Messen, die Durchführung von Studien oder die Inanspruchnahme von Beratungsdiensten zur Einführung eines neuen oder eines bestehenden Produkts auf einem neuen Markt in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittland sollten keine Beihilfen für ausfuhrbezogene Tätigkeiten darstellen.

(15) Die Kommission sollte sicherstellen, dass genehmigte Beihilfen die Handelsbedingungen nicht in einem Maße beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Diese Verordnung sollte daher nicht für Beihilfen zugunsten eines Begünstigten gelten, der einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Kommission zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen ist. In Bezug auf Beihilfen zum Ausgleich bei Risiko- und Krisensituationen wie Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder Pflanzenschädlinge verursacht wurden, und Beihilfen zu den Kosten für die Verhütung, Bekämpfung und Tilgung von Tierseuchen muss jedoch rasch gehandelt werden. Daher sollte der Beihilfeausschluss in solchen Situationen nicht gelten. Angesichts der Art solcher Regelungen, bei denen einzelne Begünstigte nicht identifizierbar sind, sollte der Ausschluss auch nicht für Beihilfen begrenzten Umfangs für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gelten, die sich an Projekten der von der örtlichen Bevölkerung betriebenen lokalen Entwicklung (CLLD) oder Projekten operationeller Gruppen der Europäischen Innovationspartnerschaft für Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft (EIP) beteiligen.

(16) Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten sollten generell nicht unter diese Verordnung fallen, da diese Beihilfen anhand der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten6 gewürdigt werden sollten. Es müssen jedoch bestimmte Ausnahmen von dieser Regel festgelegt werden. Erstens sollte diese Verordnung bei Beihilfen für KMU, die an CLLD-Projekten oder Projekten operationeller EIP-Gruppen teilnehmen oder davon profitieren, für Unternehmen in Schwierigkeiten gelten, wenn einzelne Begünstigte solcher Regelungen kaum ermittelt werden können. Zweitens sollte sie für solche Unternehmen in Fällen gelten, in denen die öffentliche Gesundheit geschützt werden muss, d. h. im Fall von Beihilfen für die Kosten der Tilgung von Tierseuchen und Beihilfen für die Entfernung und Beseitigung von Falltieren. Drittens sollte diese Verordnung gemäß Artikel 107 Absatz 2 Buchstabe b AEUV auch für Unternehmen in Schwierigkeiten gelten, wenn Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen verursacht wurden, gezahlt werden. Gleiches sollte in Fällen gelten, in denen ein Unternehmen aufgrund von Schäden in Schwierigkeiten geraten ist, die durch Ereignisse bedingt sind, die sich der Kontrolle des betreffenden Unternehmens entziehen, d. h. einer Naturkatastrophe gleichzusetzende widrige Witterungsverhältnisse, Tierseuchen oder Pflanzenschädlinge, geschützte Tiere, Waldbrände, Katastrophenereignisse in Wäldern und Ereignisse im Zusammenhang mit dem Klimawandel in Wäldern.

(17) Führen eine staatliche Beihilfe oder die mit ihr verbundenen Bedingungen (einschließlich der Finanzierungsmethode, wenn diese integraler Bestandteil der Maßnahme ist) zwangsläufig zu einem Verstoß gegen Unionsrecht, so darf die Beihilfe nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden. Diese Verordnung sollte daher nicht für Beihilfen gelten, die zwangsläufig zu einem Verstoß gegen Unionsrecht führen.

(18) Die Durchsetzung des Beihilferechts ist in hohem Maße von der Mitwirkung der Mitgliedstaaten abhängig. Die Mitgliedstaaten sollten daher alle notwendigen Maßnahmen treffen, um die Einhaltung dieser Verordnung sicherzustellen, auch bei Einzelbeihilfen, die auf der Grundlage von unter eine Gruppenfreistellung fallenden Regelungen gewährt werden.

(19) Hohe Beträge einzeln oder kumulativ gewährter Beihilfen sollten wegen des hohen Risikos einer Beeinträchtigung der Handelsbedingungen nach Anmeldung der Beihilfen von der Kommission geprüft werden. Daher sollten für die unter diese Verordnung fallenden Gruppen von Investitionsbeihilfen als Beihilfehöchstbeträge ausgedrückte Schwellenwerte festgesetzt werden, die der betreffenden Gruppe von Beihilfen und ihren wahrscheinlichen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen Rechnung tragen. Beihilfen, die diese Schwellenwerte übersteigen, sollten weiter der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV unterliegen. Die in dieser Verordnung festgelegten Schwellenwerte sollten nicht durch eine künstliche Aufspaltung von Beihilferegelungen oder Beihilfeprojekte z. B. in mehrere Beihilferegelungen oder Projekte mit ähnlichen Merkmalen, Zielen oder Begünstigten umgangen werden. Andere Gruppen von Beihilfen sollten, sofern die in dieser Verordnung festgelegten Vereinbarkeitskriterien und Beihilfehöchstintensitäten oder Beihilfehöchstbeträge eingehalten sind, nicht als Beihilfen mit hohem Risiko einer Beeinträchtigung der Handelsbedingungen gelten.

(20) Im Interesse der Transparenz, Gleichbehandlung und wirksamen Überwachung sollte diese Verordnung nur für Beihilfen gelten, deren Bruttosubventionsäquivalent sich im Voraus genau berechnen lässt, ohne dass eine Risikobewertung erforderlich ist („transparente Beihilfen“).

(21) Für bestimmte spezifische Beihilfeinstrumente wie Kredite, Garantien, steuerliche Maßnahmen und insbesondere rückzahlbare Vorschüsse sollten in dieser Verordnung die Voraussetzungen festgelegt werden, unter denen sie als transparent gelten können. Beihilfen in Form von Garantien sollten als transparent angesehen werden, wenn das Bruttosubventionsäquivalent auf der Grundlage einer für die betreffende Unternehmensart festgelegten Safe-Harbour-Prämie berechnet worden ist. Beihilfen sollten auch als transparent angesehen werden, wenn die für die Berechnung der Beihilfeintensität der staatlichen Bürgschaft verwendete Methode vor Umsetzung der Maßnahme bei der Kommission angemeldet und von ihr gemäß der Mitteilung über Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften7 genehmigt wurde. Für die Zwecke dieser Verordnung sollten Beihilfen zu Risikokapitalmaßnahmen und Kapitalzuführungen nicht als transparente Beihilfen angesehen werden.

(22) Beihilfen, die andernfalls in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen würden, aber nicht transparent sind, sind stets bei der Kommission anzumelden. Die Kommission sollte die angemeldeten nicht transparenten Beihilfen insbesondere anhand der Kriterien prüfen, die in der Rahmenregelung von 20238 und den sonstigen einschlägigen Rahmenbestimmungen, Leitlinien, Mitteilungen und Bekanntmachungen festgelegt sind.

(23) Um sicherzustellen, dass die Beihilfe erforderlich ist und als Anreiz zur Weiterentwicklung von Tätigkeiten oder Projekten wirkt, sollte diese Verordnung nicht für Beihilfen für Tätigkeiten oder Projekte gelten, die der Begünstigte in jedem Fall, also auch ohne die Beihilfe, aufgenommen hätte. Rückwirkende Beihilfen für Tätigkeiten oder Projekte, die der Begünstigte bereits durchgeführt hat, sollten nicht gewährt werden. Beihilfen sollten nur dann nach dieser Verordnung von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt werden, wenn mit der Tätigkeit oder den Arbeiten für das geförderte Projekt erst begonnen wird, nachdem der Begünstigte einen schriftlichen Beihilfeantrag gestellt hat.

(24) Bei unter diese Verordnung fallenden Ad-hoc-Beihilfen, die großen Unternehmen gewährt werden, sollte der Mitgliedstaat sicherstellen, dass der Begünstigte zusätzlich zur Erfüllung der für KMU geltenden Voraussetzungen in Bezug auf den Anreizeffekt in internen Unterlagen die Rentabilität des geförderten Projekts oder der geförderten Tätigkeit mit und ohne Beihilfe analysiert hat. Der Mitgliedstaat sollte sich vergewissern, dass aus diesen internen Unterlagen hervorgeht, dass es entweder zu einer signifikanten Erweiterung des Gegenstands des Projekts oder der Tätigkeit oder der Gesamtausgaben des Begünstigten für das geförderte Projekt oder die geförderte Tätigkeit oder zu einem signifikant beschleunigten Abschluss des betreffenden Projekts oder der betreffenden Tätigkeit kommt. Ein Anreizeffekt kann auch anhand der Tatsache festgestellt werden, dass das Investitionsprojekt oder die Tätigkeit in der Form in dem betreffenden ländlichen Gebiet ohne die Beihilfe nicht durchgeführt worden wäre.

(25) Für automatische Beihilferegelungen in Form von Steuervergünstigungen sollte hinsichtlich des Anreizeffekts weiter eine besondere Voraussetzung gelten, da die auf diesen Regelungen beruhenden Beihilfen automatisch gewährt werden. Diese besondere Voraussetzung bedeutet, dass die betreffenden Beihilferegelungen bereits erlassen worden sein sollten, bevor mit der Tätigkeit oder den Arbeiten für das geförderte Projekt oder die geförderte Tätigkeit begonnen wurde. Diese Voraussetzung sollte jedoch nicht für steuerliche Folgeregelungen gelten, sofern die Tätigkeit bereits unter die früheren steuerlichen Regelungen in Form von Steuervergünstigungen fiel. Der entscheidende Zeitpunkt für die Prüfung des Anreizeffekts der Folgeregelungen ist der Zeitpunkt, zu dem die steuerliche Maßnahme zum ersten Mal in der ursprünglichen Regelung dargelegt wurde.

(26) In Bezug auf Natura-2000-Gebiete9 besteht das Ziel für die Landwirtschaft darin, die Umweltleistung und -effizienz der im Agrarsektor tätigen Unternehmen zu gewährleisten. Die Beihilfen pro Hektar sollten mit den Rechtsvorschriften der Union und den nationalen Rechtsvorschriften der betreffenden Mitgliedstaaten in Bezug auf den Umweltschutz, die Verwirklichung der Agrarumwelt- und Klimaziele, einschließlich des Erhalts der biologischen Vielfalt von Arten und Lebensräumen, sowie die Steigerung des öffentlichen Werts von Natura-2000-Gebieten im Einklang stehen.

(27) Bei Beihilfen für Flurbereinigungsmaßnahmen, Beihilfen für Informationsmaßnahmen zur Bereitstellung von Informationen für eine unbestimmte Anzahl von Begünstigten in der Land- und Forstwirtschaft, Absatzförderungsmaßnahmen in Form von Veröffentlichungen, mit denen Agrarerzeugnisse der breiten Öffentlichkeit näher gebracht werden sollen, Beihilfen zur Beseitigung der Schäden, die durch einer Naturkatastrophe gleichzusetzende widrige Witterungsverhältnisse und sonstige widrige Witterungsverhältnisse verursacht wurden, Beihilfen zum Ausgleich der Kosten für Maßnahmen zur Verhütung, Bekämpfung und Tilgung von Tierseuchen und Pflanzenschädlingen und zum Ausgleich der durch Tierseuchen oder Pflanzenschädlinge entstandenen Schäden, Beihilfen zur Deckung der Kosten für die Entfernung und Beseitigung von Falltieren, Beihilfen zur Beseitigung von durch geschützte Tiere verursachten Schäden, Beihilfen zum Ausgleich von Nachteilen im Zusammenhang mit Natura-2000-Gebieten, Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsbeihilfen, Beihilfen zur Beseitigung von durch Naturkatastrophen verursachten Schäden und Beihilfen für Investitionen zur Erhaltung des Kultur- und Naturerbes im landwirtschaftlichen Betrieb und in Wäldern, Beihilfen für die Wiederherstellung von Wäldern, Beihilfen für die Teilnahme von Landwirten an Qualitätsregelungen für Baumwolle oder Lebensmittel und Beihilfen für Unternehmen, die an CLLD-Projekten und Projekten operationeller EIP-Gruppen teilnehmen oder davon profitieren, kommt die Vorschrift über das Vorliegen eines Anreizeffekts nicht zur Anwendung bzw. sollte als eingehalten gelten, wenn die besonderen Voraussetzungen der vorliegenden Verordnung für diese Gruppen von Beihilfen erfüllt sind.

(28) Damit sichergestellt ist, dass die Beihilfen verhältnismäßig und auf das erforderliche Maß beschränkt sind, sollten die Beihilfehöchstbeträge soweit wie möglich als Beihilfeintensitäten, bezogen auf die jeweils beihilfefähigen Kosten, ausgedrückt werden. Kann eine Beihilfehöchstintensität nicht festgesetzt werden, weil die beihilfefähigen Kosten nicht bestimmt werden können, oder wenn für kleine Beträge einfachere Instrumente bereitgestellt werden sollen, sollten die Beihilfehöchstbeträge nominal festgelegt werden, um die Verhältnismäßigkeit der Beihilfe zu gewährleisten. Die Beihilfeintensität und die Beihilfehöchstbeträge sollten so festgesetzt werden, dass Wettbewerbsverzerrungen in dem geförderten Sektor möglichst gering gehalten werden, gleichzeitig jedoch dem Ziel, die Entwicklung der wirtschaftlichen Tätigkeiten der Begünstigten im Agrarsektor, in ländlichen Gebieten oder im Forstsektor zu erleichtern, angemessen Rechnung getragen wird. Aus Gründen der Kohärenz mit den von der Union finanzierten Interventionen zur Entwicklung des ländlichen Raums sollten die Obergrenzen an die Werte angepasst werden, die in der Verordnung (EU) 2021/2115 festgesetzt sind, soweit dies mit den Grundsätzen des Beihilferechts in Einklang steht, die sich aus der Anwendung von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV ergeben.

(29) In die Berechnung der Beihilfeintensität sollten nur beihilfefähige Kosten einfließen. Beihilfen, die infolge der Einbeziehung nicht beihilfefähiger Kosten die einschlägige Beihilfeintensität übersteigen, sollten nach dieser Verordnung nicht freigestellt werden. Die ermittelten beihilfefähigen Kosten sollten durch klare, spezifische und aktuelle schriftliche Unterlagen belegt werden. Die Berechnung sollte sich auf die Beträge vor Abzug von Steuern oder sonstigen Abgaben stützen. In mehreren Tranchen gezahlte Beihilfen sollten auf ihren Wert am Tag der Gewährung der Beihilfe abgezinst werden. Auch die beihilfefähigen Kosten sollten auf ihren Wert am Tag der Gewährung der Beihilfe abgezinst werden. Im Falle von Beihilfen, die nicht in Form von Zuschüssen gewährt werden, sollte für die Abzinsung und die Berechnung des Beihilfebetrags der nach der Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze10 am Tag der Gewährung der Beihilfe geltende Abzinsungs- bzw. Referenzsatz zugrunde gelegt werden. Werden Beihilfen nicht als Zuschuss, sondern in anderer Form gewährt, so sollte der Beihilfebetrag als Bruttosubventionsäquivalent ausgedrückt werden. Wenn Beihilfen in Form von Steuervergünstigungen gewährt werden, sollte für die Abzinsung der Beihilfetranchen der Abzinsungssatz zugrunde gelegt werden, der zu dem jeweiligen Zeitpunkt gilt, zu dem die Steuervergünstigung wirksam wird. Die Nutzung von Beihilfen in Form rückzahlbarer Vorschüsse sollte gefördert werden, da dieses Instrument der Risikoteilung einen stärkeren Anreizeffekt der Beihilfen zur Folge hat. Es sollte daher festgelegt werden, dass die nach dieser Verordnung geltenden Beihilfeintensitäten im Falle von Beihilfen in Form rückzahlbarer Vorschüsse erhöht werden können.

(30) Im Falle von Steuervergünstigungen in Bezug auf künftige Steuern sind der geltende Abzinsungssatz und der genaue Betrag der Beihilfetranchen möglicherweise nicht im Voraus bekannt. In diesen Fällen sollten die Mitgliedstaaten im Voraus einen Höchstbetrag für den abgezinsten Wert der Beihilfe festsetzen, der mit der geltenden Beihilfeintensität im Einklang steht. Sobald der Betrag der Beihilfetranche zu einem bestimmten Zeitpunkt feststeht, kann die Abzinsung zu dem dann geltenden Abzinsungssatz vorgenommen werden. Der abgezinste Wert der einzelnen Beihilfetranchen sollte vom Gesamthöchstbetrag abgezogen werden („nach oben begrenzter Betrag“).

(31) Bei der Prüfung, ob die in dieser Verordnung festgelegten Anmeldeschwellen und die Beihilfehöchstintensitäten oder Beihilfehöchstbeträge eingehalten sind, sollte der Gesamtbetrag der staatlichen Beihilfen für die geförderte Tätigkeit oder das geförderte Projekt berücksichtigt werden. Ferner sollten in dieser Verordnung die Voraussetzungen festgelegt werden, unter denen verschiedene Gruppen von Beihilfen miteinander kumuliert werden können. Mit dieser Verordnung von der Anmeldepflicht freigestellte Beihilfen können mit anderen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärten Beihilfen, die nach anderen Verordnungen freigestellt oder von der Kommission genehmigt worden sind, kumuliert werden, sofern diese Maßnahmen unterschiedliche bestimmbare beihilfefähige Kosten betreffen. Wenn Beihilfen aus verschiedenen Quellen dieselben – sich teilweise oder vollständig überschneidenden – bestimmbaren beihilfefähigen Kosten betreffen, sollte eine Kumulierung bis zu der höchsten nach dieser Verordnung für diese Beihilfen geltenden Beihilfeintensität bzw. dem höchsten nach dieser Verordnung für diese Beihilfen geltenden Beihilfebetrag zulässig sein. In dieser Verordnung sollten auch besondere Vorschriften für die Kumulierung von Beihilfen, bei denen sich die beihilfefähigen Kosten bestimmen lassen, mit Beihilfen, bei denen sich die beihilfefähigen Kosten nicht bestimmen lassen, und für die Kumulierung mit Deminimis-Beihilfen festgelegt werden. De-minimis-Beihilfen werden häufig nicht für spezifische bestimmbare beihilfefähige Kosten gewährt und können diesen auch nicht zugeordnet werden. In einem solchen Fall sollte es möglich sein, De-minimis-Beihilfen frei mit nach dieser Verordnung freigestellten staatlichen Beihilfen zu kumulieren. Wenn De-minimis-Beihilfen jedoch für dieselben bestimmbaren beihilfefähigen Kosten gewährt werden wie nach dieser Verordnung freigestellte staatliche Beihilfen, sollte eine Kumulierung nur bis zu der in Kapitel III dieser Verordnung festgelegten Beihilfehöchstintensität zulässig sein.

(32) Unionsmittel, die von den Organen, Einrichtungen, gemeinsamen Unternehmen oder sonstigen Stellen der Union zentral verwaltet werden und nicht direkt oder indirekt der Kontrolle der Mitgliedstaaten unterstehen, stellen keine staatlichen Beihilfen dar. Wenn solche Unionsmittel mit staatlichen Beihilfen kombiniert werden, sollten bei der Feststellung, ob die Anmeldeschwellen und Beihilfehöchstintensitäten oder Beihilfehöchstbeträge eingehalten sind, nur die staatlichen Beihilfen berücksichtigt werden, sofern der Gesamtbetrag der für dieselben beihilfefähigen Kosten gewährten öffentlichen Mittel den in den einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts festgelegten günstigsten Finanzierungssatz nicht überschreitet.

(33) Staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind grundsätzlich verboten. Nach Artikel 107 Absätze 2 und 3 AEUV muss bzw. kann die Kommission den Mitgliedstaaten jedoch unter bestimmten Voraussetzungen die Gewährung staatlicher Beihilfen gestatten. Daher ist es wichtig, dass alle Beteiligten überprüfen können, ob eine Beihilfe im Einklang mit den geltenden Vorschriften gewährt wird. Die Transparenz staatlicher Beihilfen ist daher für die korrekte Anwendung der Vertragsvorschriften unerlässlich und führt zu einer besseren Einhaltung der Vorschriften, einer stärkeren Rechenschaftspflicht, einer gegenseitigen Überprüfung und letztlich wirksameren öffentlichen Ausgaben. Im Interesse der Transparenz sollten die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, auf regionaler oder nationaler Ebene ausführliche Beihilfe-Websites einzurichten, auf denen Kurzbeschreibungen der nach dieser Verordnung freigestellten Beihilfemaßnahmen veröffentlicht werden. Die Erfüllung dieser Verpflichtung sollte eine Voraussetzung für die Vereinbarkeit der Einzelbeihilfe mit dem Binnenmarkt sein. Im Einklang mit der bei der Veröffentlichung von Informationen üblichen Praxis nach der Richtlinie (EU) 2019/1024 des Europäischen Parlaments und des Rates11 sollte ein Standardformat verwendet werden, das die Möglichkeit bietet, Informationen zu suchen, herunterzuladen und problemlos im Internet zu veröffentlichen. Die Links zu den Beihilfewebsites aller Mitgliedstaaten sollten auf der Website der Kommission veröffentlicht werden. Die Kurzbeschreibung jeder nach dieser Verordnung freigestellten Beihilfemaßnahme sollte nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/1588 auf der Website der Kommission veröffentlicht werden.

(34) Was die Veröffentlichung von Informationen über gewährte Einzelbeihilfen anbelangt, so ist festzulegen, ab welchen Schwellenwerten die Veröffentlichung angesichts des Umfangs der Beihilfen als verhältnismäßig angesehen werden kann. Die Erfahrung der Kommission zeigt, dass im Zeitraum 2014–2019 bei einer Veröffentlichungsschwelle von 60 000 EUR für die landwirtschaftliche Primärproduktion rund 30 % der gewährten Beihilfen veröffentlicht wurden. Um die Wirksamkeit der Transparenzanforderungen zu erhöhen und da der durchschnittliche Betrag der für den Zeitraum 2014–2019 gewährten Investitionsbeihilfen für die Primärproduktion auf rund 17 000 EUR geschätzt wird, sollte die Veröffentlichungsschwelle für die landwirtschaftliche Primärproduktion auf 10 000 EUR gesenkt werden.

(35) Im Interesse einer wirksamen Überwachung sollte ein Standardformat erstellt werden, in dem die Mitgliedstaaten der Kommission bei Durchführung einer Beihilferegelung oder Gewährung einer Einzelbeihilfe außerhalb einer Beihilferegelung nach Maßgabe der vorliegenden Verordnung eine Kurzbeschreibung gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/1588 übermitteln. Darüber hinaus sollten im Einklang mit Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission12 und Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2015/1588 Vorschriften festgelegt werden für den der Kommission von den Mitgliedstaaten zu übermittelnden jährlichen Bericht über die Beihilfemaßnahmen, die unter den in der vorliegenden Verordnung festgelegten Bedingungen, einschließlich besonderer Anforderungen für bestimmte Gruppen von Beihilfen, von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt sind.

(36) Da die entsprechende Technologie inzwischen nahezu überall verfügbar ist, sollten die Kurzbeschreibung und der jährliche Bericht in automatisierter Form erstellt und der Kommission übermittelt werden.

(37) Angesichts der in Artikel 17 der Verordnung (EU) 2015/1589 festgelegten Verjährungsfrist für die Rückforderung von Beihilfen ist es gemäß Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2015/1588 angebracht, Vorschriften für die Aufzeichnungen festzulegen, die die Mitgliedstaaten über die Beihilfen führen müssen, die gemäß der vorliegenden Verordnung von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt sind.

(38) Um die Wirksamkeit der Vereinbarkeitskriterien dieser Verordnung zu stärken, sollte die Kommission im Falle der Nichteinhaltung dieser Vorschriften die Möglichkeit haben, den Rechtsvorteil der Gruppenfreistellung für künftige Beihilfemaßnahmen zu entziehen. Die Kommission sollte den Entzug des Rechtsvorteils der Gruppenfreistellung auf bestimmte Beihilfearten, bestimmte Begünstigte oder Beihilfemaßnahmen bestimmter Behörden beschränken können, wenn die Nichteinhaltung dieser Verordnung nur eine kleine Gruppe von Maßnahmen oder bestimmte Behörden betrifft. Ein solcher gezielter Entzug des Rechtsvorteils sollte eine angemessene und direkte Abhilfe für die festgestellte Nichteinhaltung dieser Verordnung darstellen. Wird eine Beihilfe nicht angemeldet und erfüllt nicht alle Voraussetzungen für eine Freistellung von der Anmeldepflicht, so stellt sie eine rechtswidrige Beihilfe dar, die von der Kommission im einschlägigen Verfahren gemäß der Verordnung (EU) 2015/1589 für nicht angemeldete Beihilfen geprüft wird. Im Falle der Nichteinhaltung der Vorschriften des Kapitels II ändert der Entzug des Rechtsvorteils der Gruppenfreistellung für künftige Beihilfemaßnahmen nichts daran, dass die früheren Maßnahmen, die die Kriterien dieser Verordnung erfüllten, unter die Gruppenfreistellung fielen.

(39) KMU spielen eine entscheidende Rolle bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und sind eine der Säulen für soziale Stabilität und die Triebkraft der Wirtschaft. Sie können jedoch durch Marktversagen in ihrer Entwicklung behindert werden, wodurch ihnen typische Nachteile entstehen. So haben KMU wegen der geringen Risikobereitschaft bestimmter Finanzmärkte und wegen ihrer möglicherweise begrenzten Besicherungsmöglichkeiten häufig Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Kapital oder Krediten. Mangels Ressourcen fehlt es ihnen zum Teil auch an Informationen insbesondere über neue Technologien oder potenzielle Märkte. Um die Entwicklung der wirtschaftlichen Tätigkeiten von KMU zu fördern, sollten daher bestimmte Gruppen von Beihilfen mit dieser Verordnung von der Anmeldepflicht gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt werden, wenn die Beihilfen zugunsten von KMU gewährt werden.

(40) Um Auslegungsunterschiede zu vermeiden, die Anlass zu Wettbewerbsverzerrungen geben könnten, die Koordinierung der Maßnahmen der Union und der nationalen Maßnahmen zugunsten von KMU zu erleichtern und die Transparenz in Verfahrensfragen sowie die Rechtssicherheit zu erhöhen, sollte die in dieser Verordnung verwendete Definition der KMU auf den Begriffsbestimmungen in der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission13 beruhen.

(41) Um die Kohärenz mit der Gemeinsamen Agrarpolitik zu gewährleisten und die Vorschriften auf der Grundlage der Erfahrungen der Kommission mit der Anwendung der Rahmenregelung von 2014 zu vereinfachen, sollten verschiedene Gruppen von Beihilfen für im Agrar- und Forstsektor tätige Unternehmen unbeschadet von der Anwendung geltender materiell-rechtlicher Vorschriften von der Anmeldepflicht gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt werden.

(42) Ferner sollte berücksichtigt werden, dass die Land- und Forstwirtschaft besonders stark von widrigen Witterungsverhältnissen, Tierseuchen, Pflanzenschädlingen und durch geschützte Tiere verursachten Schäden betroffen sind. Die Erfahrung zeigt, dass diese Sektoren sehr anfällig für solche Ereignisse sind und dass Land- und Forstwirte durch diese Ereignisse erhebliche Schäden zu verzeichnen haben. Beihilfen zur Beseitigung solcher Schäden werden daher als geeignetes Instrument angesehen, um Unternehmen dabei zu helfen, solche Schäden zu beseitigen und ihre Geschäftstätigkeit fortzusetzen. Auf diese Weise gewährleisten sie die Entwicklung wirtschaftlicher Tätigkeiten und die Erfüllung der Umweltfunktionen der Ökosysteme in der Land- und Forstwirtschaft.

(43) Im Agrarsektor sollten Ausnahmen für Beihilfen gelten, die KMU für Investitionen in folgenden Bereichen gewährt werden: Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, Flurbereinigung, Aussiedlung von landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden, Unternehmensgründungen, Junglandwirte und kleine landwirtschaftliche Betriebe, Erzeugergruppierungen, Qualitätsregelungen, Wissenstransfer und Informationsmaßnahmen, Beratungsdienste, Absatzförderungsmaßnahmen, Vertretungsdienste für landwirtschaftliche Betriebe sowie Risiko- und Krisenmanagement im Zusammenhang mit widrigen Witterungsverhältnissen, Tierseuchen, Pflanzenschädlingen, durch geschützte Tiere verursachte Schäden, Beihilfen für die Zahlung von Versicherungsprämien, für Finanzbeiträge für Fonds auf Gegenseitigkeit, für die Erhaltung genetischer Ressourcen, für Tierwohl und für die Zusammenarbeit. Ausnahmen sollten auch für Unternehmen einer beliebigen Größe gelten, und zwar für Umweltschutzbeihilfen im Agrarsektor, Beihilfen für Investitionen zur Erhaltung des Kultur- und Naturerbes in landwirtschaftlichen Betrieben und in Wäldern, für Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen im Agrarsektor verursacht wurden, Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsbeihilfen im Agrar- und Forstsektor sowie für Beihilfen für den Forstsektor.

(44) Ausnahmen sollten für Beihilfen für die Forstwirtschaft und bestimmte nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten in ländlichen Gebieten gelten, die als Interventionen zur Entwicklung des ländlichen Raums im Rahmen des ELER kofinanziert werden, sowie für Beihilfen für Wissenstransfer und Informationsmaßnahmen, Forschung, Entwicklung und Innovation, einschließlich durch die Nutzung weltraumgestützter Daten und Dienste der EU, sowie Flurbereinigung.

(45) Angesichts der Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen, die von gezielten Investitionsbeihilfen für die landwirtschaftliche Primärproduktion ausgeht, sollten die von der Anmeldepflicht gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellten Investitionsbeihilfen nicht auf bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse beschränkt sein. Diese Bedingung sollte die Mitgliedstaaten aber nicht daran hindern, bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse vom Anwendungsbereich einer bestimmten Beihilferegelung auszunehmen, wenn es für diese Erzeugnisse keine normalen Absatzmöglichkeiten gibt, oder wenn im Binnenmarkt Überkapazitäten bestehen. Außerdem sollten bestimmte Arten von Investitionen nicht von vornherein für eine im Rahmen dieser Verordnung mögliche Freistellung von der Anmeldepflicht gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV in Betracht kommen.

(46) Zur Förderung der Energie- und Ressourceneffizienz mit möglichst geringer Wettbewerbsverzerrung sollten Beihilfen für die landwirtschaftliche Primärproduktion betreffende Investitionen in landwirtschaftlichen Betrieben nur für Investitionen gewährt werden, die mit der Erzeugung von Biokraftstoffen in landwirtschaftlichen Betrieben oder der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Energieträgern in landwirtschaftlichen Betrieben zusammenhängen, und das nur unter der Bedingung, dass die Erzeugung den durchschnittlichen jährlichen Verbrauch an Kraftstoff oder Energie des betreffenden Betriebs nicht übersteigt. In diesen Fällen sollten Beihilfen für Biokraftstoffe nur dann unter diese Verordnung fallen, wenn sie für nachhaltige Biokraftstoffe gemäß der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates14 gewährt werden.

(47) Um gemäß den horizontalen Vorschriften für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen einen Anreiz für die Umstellung auf die Erzeugung fortschrittlicherer Biokraftstoffe zu schaffen, sollten Beihilfen für Biokraftstoffe aus Nahrungsmittelpflanzen vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden, wenn es sich dabei um Investitionsbeihilfen im Zusammenhang mit der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse handelt.

(48) Gemäß der Verordnung (EU) 2015/1588 kann die Kommission bestimmte Gruppen von Beihilfen mittels Verordnungen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären, wenn die Kommission über ausreichende Erfahrungen verfügt, um allgemeine Vereinbarkeitskriterien festzulegen. Angesichts der Erfahrungen, die im Zeitraum 2014–2021 bei der Prüfung der Vereinbarkeit zahlreicher staatlicher Beihilfen anhand der Rahmenregelung von 2014 gemacht wurden, kann die Kommission nun von ihrer Befugnis Gebrauch machen, staatliche Beihilfen für Basisdienstleistungen und Infrastruktur in ländlichen Gebieten, die aus dem ELER kofinanziert werden, für Zusammenarbeit, für Maßnahmen zur Vermeidung und zur Beseitigung von Schäden durch geschützte Tiere, für die Erhaltung genetischer Ressourcen in der Landwirtschaft, für Tierwohlverpflichtung, zum Ausgleich von Nachteilen im Zusammenhang mit Natura-2000-Gebieten, für Agrarumwelt- und Klimaverpflichtungen sowie für den ökologischen/biologischen Landbau von der Anmeldepflicht freizustellen.

(49) Darüber hinaus kann die Kommission im Forstsektor auf der Grundlage ihrer Erfahrungen mit der Rahmenregelung von 2014 Maßnahmen, die ausschließlich aus nationalen Mitteln finanziert werden, unbeschadet der Anwendung geltender materiell-rechtlicher Vorschriften von der Anmeldepflicht freistellen.

(50) Im Zeitraum 2014–2020 genehmigte die Kommission in Anwendung der Rahmenregelung von 2014 52 Beihilferegelungen zum Ausgleich von Schäden, die im Agrarsektor durch geschützte Tiere verursacht wurden. Schäden, die durch geschützte Tiere verursacht werden, erfordern ein sofortiges Tätigwerden der Bewilligungsbehörden, um die Produktionsmittel und die wirtschaftliche Tätigkeit so schnell wie möglich wiederherzustellen, damit die betroffenen Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit fortsetzen können und so die Entwicklung der Wirtschaftstätigkeit sichergestellt wird. Die Erfahrung der Kommission zeigt, dass diese Beihilfen aufgrund ihres Entschädigungscharakters und des Vorhandenseins eindeutiger Kriterien für die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt typischerweise keine nennenswerten Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt verursachen. Daher ist es angezeigt, diese Beihilfen von der Anmeldepflicht für staatliche Beihilfen freizustellen.

(51) Beihilfen zur Beseitigung von durch geschützte Tiere verursachten Schäden sollten KMU zur Verfügung stehen, die in der landwirtschaftlichen Primärproduktion tätig sind. Die Bedingungen für die Freistellung von Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch geschützte Tiere verursacht wurden, sollten der bereits gängigen Praxis für andere Ausgleichsbeihilfen wie Beihilfen zum Ausgleich des Verlusts von vernichteten Tieren oder Pflanzen auf der Grundlage des Marktwerts, zur Bezahlung der Veterinär- oder Arbeitskosten und zum Ausgleich der Sachschäden an landwirtschaftlichen Ausrüstungen, Maschinen, landwirtschaftlichen Gebäuden und Lagerbeständen entsprechen.

(52) Im Zeitraum 2014–2020 genehmigte die Kommission in Anwendung der Rahmenregelung von 2014 vier Beihilferegelungen für die Erhaltung genetischer Ressourcen in der Landwirtschaft. Die Erfahrung der Kommission zeigt, dass diese Beihilfen typischerweise keine nennenswerten Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt verursachen und zugleich zum Gemeinwohlziel der Erhaltung der biologischen Vielfalt beitragen. Daher ist es angezeigt, diese Beihilfen von der Anmeldepflicht für staatliche Beihilfen freizustellen.

(53) Beihilfen für spezifische nachhaltige landwirtschaftliche Verfahren wie Tierwohlverpflichtungen, Agrarumwelt- und Klimaverpflichtungen und Verpflichtungen im Bereich des ökologischen/biologischen Landbaus bergen nur ein begrenztes Risiko der Wettbewerbsverzerrung. Um den gesellschaftlichen Forderungen nach nachhaltig erzeugten und hochwertigen Lebensmitteln besser gerecht zu werden, sollte die Kommission die Möglichkeit haben, solche Beihilfemaßnahmen von der Anmeldepflicht für staatliche Beihilfen freizustellen.

(54) Gleichzeitig sollten entsprechend den bei der Umsetzung der Rahmenregelung von 2014 gewonnenen Erfahrungen bei solchen Maßnahmen Beihilfehöchstbeträge pro Einheit festgelegt werden. Rund 64 % aller im Zeitraum Juli 2014 bis März 2020 gemeldeten Maßnahmen mit Agrarumwelt- und Klimaverpflichtungen (die den höchsten Anteil an Maßnahmen mit freiwilligen Verpflichtungen darstellen) überschritten die Höchstbeträge je Hektar und wurden daher einer eingehenden Analyse unterzogen, um festzustellen, ob sie gerechtfertigt waren. Angesichts der derzeitigen Inflation und der steigenden Betriebsmittelpreise dürfte sich dieser Trend fortsetzen. Die in der Rahmenregelung von 2014 festgelegten Höchstbeträge pro Einheit werden daher als angemessene Schwellenwerte für unter eine Gruppenfreistellung fallende Maßnahmen angesehen, die freiwillige Verpflichtungen zugunsten der Umwelt, des Klimas oder des Tierwohls beinhalten.

(55) Im Zeitraum 2014–2020 genehmigte die Kommission in Anwendung der Rahmenregelung von 2014 21 Beihilferegelungen für Tierwohlverpflichtungen unter der Rahmenregelung von 2014. Die Erfahrung der Kommission zeigt, dass diese Beihilfen aufgrund ihres Entschädigungscharakters und des Vorhandenseins eindeutiger Kriterien für die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt typischerweise keine nennenswerten Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt verursachen. Daher ist es angezeigt, diese Beihilfen von der Anmeldepflicht für staatliche Beihilfen freizustellen.

(56) Die Kommission hat die Artikel 107 und 108 AEUV auf Beihilfen zur Beseitigung von Nachteilen im Zusammenhang mit Natura-2000-Gebieten im Agrarsektor, auf Beihilfen für Agrarumwelt- und Klimaverpflichtungen und auf Beihilfen für ökologischen/biologischen Landbau im Einklang mit der Rahmenregelung von 2014 angewandt. Im Zeitraum von 2014 bis 2020 genehmigte die Kommission 10 Beihilferegelungen im Zusammenhang mit Natura-2000-Gebieten in der Landwirtschaft, 65 Beihilferegelungen für Agrarumwelt- und Klimaverpflichtungen und 5 Beihilferegelungen für den ökologischen/biologischen Landbau. Die Erfahrung der Kommission zeigt, dass diese Beihilfen, insbesondere unterhalb bestimmter Schwellenwerte, typischerweise keine nennenswerten Wettbewerbsverzerrungen verursachen und gleichzeitig zur Erreichung des Gemeinwohlziels des Umweltschutzes beitragen. Die Kommission sollte daher die ihr mit der Verordnung (EU) 2015/1588 übertragenen Befugnisse hinsichtlich Beihilfen zum Ausgleich von Nachteilen in Natura-2000-Gebieten im Agrarsektor, Beihilfen für Agrarumwelt- und Klimaverpflichtungen und Beihilfen für ökologischen/biologischen Landbau nutzen.

(57) Die Freistellung von Beihilfen zum Ausgleich von Nachteilen in Natura-2000-Gebieten im Agrarsektor, Beihilfen für Agrarumwelt- und Klimaverpflichtungen und Beihilfen für ökologischen/biologischen Landbau sollte nur für Unternehmen gelten, die in der landwirtschaftlichen Primärproduktion tätig sind.

(58) Projekte, die im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft für Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft (EIP) finanziert werden, ermöglichen Innovation im Agrarsektor und in ländlichen Gebieten. Staatliche Beihilfen, die Unternehmen gewährt werden, die an Projekten operationeller EIP-Gruppen im Sinne von Artikel 127 der Verordnung (EU) 2021/2115 teilnehmen, haben nur geringe Auswirkungen auf den Wettbewerb, insbesondere angesichts der positiven Rolle, die die Beihilfen für den Wissensaustausch insbesondere für lokale und landwirtschaftliche Gemeinschaften spielen, sowie angesichts des kollektiven Charakters der Beihilfen und ihrer relativ geringen Höhe. Diese Projekte sind ihrer Art nach integriert. Sie vereinen meist eine Vielzahl von Akteuren und Sektoren, sodass sich ihre beihilferechtliche Klassifizierung schwierig gestalten kann. Angesichts des lokalen Charakters von individuellen Projekten operationeller EIP-Gruppen, die auf der Grundlage einer über eine öffentlich-private Partnerschaft festgelegten und umgesetzten Mehrjahresstrategie für lokale Entwicklung ausgewählt werden, sowie angesichts ihrer Ausrichtung auf die Gemeinschaft und auf sozial-, umwelt- und klimapolitische Interessen sollten mit der vorliegenden Verordnung bestimmte Schwierigkeiten angegangen werden, die im Rahmen von Projekten operationeller EIP-Gruppen auftreten, damit diese Projekte die Vorschriften für staatliche Beihilfen einfacher erfüllen können.

(59) Da die Gewährung niedriger Beihilfebeträge an Unternehmen, die direkt oder indirekt von Projekten operationeller EIP-Gruppen profitieren, lediglich eine begrenzte Auswirkung auf Handel und Wettbewerb hat, sollten einfache Vorschriften für Fälle festgelegt werden, in denen der Beihilfegesamtbetrag je Projekt eine bestimmte Obergrenze nicht überschreitet.

(60) Die Kommission hat die Artikel 107 und 108 AEUV in zahlreichen Fällen auf forstwirtschaftliche Unternehmen angewandt, insbesondere in Anwendung der Rahmenregelung von 2014. Im Zeitraum 2014–2020 hat die Kommission anhand der genannten Rahmenregelung über 200 Beihilferegelungen für den Forstsektor genehmigt. Nach den Erfahrungen der Kommission haben Beihilfemaßnahmen in der Forstwirtschaft keine nennenswerten Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt verursacht, da klare Vereinbarkeitskriterien vorliegen. Angesichts dieser Erfahrungen und im Interesse der Vereinfachung und der Verfahrensökonomie sollte es daher möglich sein, Beihilfemaßnahmen für den Forstsektor unabhängig davon, ob sie aus dem ELER kofinanziert werden oder nicht, von der Anmeldepflicht freizustellen. Die Kommission sollte daher die ihr mit der Verordnung (EU) 2015/1588 übertragenen Befugnisse hinsichtlich folgender Beihilfen nutzen: Beihilfen für die Aufforstung und die Anlage von Wäldern; Beihilfen für Agrarforstsysteme; Beihilfen für die Vorbeugung von Schäden und die Wiederherstellung von Wäldern nach Waldbränden, Naturkatastrophen, einer Naturkatastrophe gleichzusetzenden widrigen Witterungsverhältnissen, sonstigen widrigen Witterungsverhältnissen, Befall durch Pflanzenschädlinge und Katastrophenereignissen; Beihilfen für Investitionen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit und des ökologischen Werts von Waldökosystemen; Beihilfen für gebietsspezifische Benachteiligungen aufgrund bestimmter verpflichtender Anforderungen gemäß Artikel 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates und Artikel 3 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates15; Beihilfen für Waldumwelt- und -klimaleistungen und die Erhaltung von Wäldern; Beihilfen für Investitionen in Infrastruktur zur Entwicklung, Modernisierung oder Anpassung im Forstsektor; Beihilfen für Investitionen in Techniken der Forstwirtschaft sowie in die Verarbeitung, Mobilisierung und Vermarktung forstwirtschaftlicher Erzeugnisse; Beihilfen für die Erhaltung genetischer Ressourcen in der Forstwirtschaft, Gründungsbeihilfen für Erzeugergruppierungen und -organisationen im Forstsektor, Beihilfen für die forstliche Flurbereinigung und Beihilfen für die Zusammenarbeit im Forstsektor.

(61) Um Anreize für gebündelte Initiativen im Forstsektor zu schaffen, hat die Kommission die Artikel 107 und 108 AEUV auf Beihilfen für Gründungsbeihilfen für Erzeugergruppierungen und -organisationen im Forstsektor angewandt. Im Zeitraum 2014–2020 genehmigte die Kommission fünf derartige Beihilfen. Im Agrarsektor waren solche Beihilfen bereits gemäß der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 von der Anmeldepflicht freigestellt. Daher sollten Gründungsbeihilfen für Erzeugergruppierungen und -organisationen im Forstsektor von der Anmeldepflicht für staatliche Beihilfen freigestellt werden.

(62) Wirtschaftliche Diversifizierung und die Schaffung neuer wirtschaftlicher Aktivitäten, einschließlich in der kreislauforientierten Bioökonomie, sind für die Entwicklung und die Wettbewerbsfähigkeit ländlicher Gebiete und der KMU, des Rückgrats der ländlichen Wirtschaft in der Union, unabdingbar. Die Verordnung (EU) 2021/2115 sieht Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung nichtlandwirtschaftlicher Unternehmen in ländlichen Gebieten vor, die darauf ausgerichtet sind, die Beschäftigung zu fördern, hochwertige Arbeitsplätze in ländlichen Gebieten zu schaffen, die bereits bestehenden Arbeitsplätze zu erhalten, die saisonbedingten Schwankungen bei der Beschäftigung zu verringern, nichtlandwirtschaftliche Sektoren außerhalb der Landwirtschaft und der Lebensmittelverarbeitung zu entwickeln und gleichzeitig die Integration von Unternehmen und lokale Beziehungen zwischen Sektoren zu fördern.

(63) Um die Kohärenz mit der Verordnung (EU) 2021/2115 zu gewährleisten und die Vorschriften für die Genehmigung staatlicher Beihilfen für den kofinanzierten Teil und die zusätzliche nationale Finanzierung des GAP-Strategieplans zu vereinfachen, sollte die Anmeldepflicht nicht für verschiedene Gruppen von Beihilfen für KMU gelten, die in ländlichen Gebieten tätig sind, darunter Beihilfen für Basisdienstleistungen und Infrastruktur, Gründungsbeihilfen, Beihilfen für Zusammenarbeit, Beihilfen für die erstmalige Teilnahme von Landwirten an Qualitätsregelungen für Baumwolle oder Lebensmittel sowie Beihilfen für Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen für Lebensmittel, die unter eine Qualitätsregelung fallen. Diese Beihilfemaßnahmen sollten mit den zugrunde liegenden Interventionen zur Entwicklung des ländlichen Raums identisch sein, und die freigestellten Beihilfen sollten nur gemäß und im Einklang mit dem GAP-Strategieplan des betreffenden Mitgliedstaats gewährt werden.

(64) Die Kommission hat die Artikel 107 und 108 AEUV in zahlreichen Fällen auf Beihilfen für Basisdienstleistungen und Infrastruktur in ländlichen Gebieten sowie auf Beihilfen für die Zusammenarbeit in ländlichen Gebieten angewandt, insbesondere in Anwendung der Rahmenregelung von 2014. Im Zeitraum 2014–2020 hat die Kommission 27 Beihilferegelungen für Basisdienstleistungen und Infrastruktur in ländlichen Gebieten und 28 Beihilferegelungen für die Zusammenarbeit in ländlichen Gebieten genehmigt. Nach den Erfahrungen der Kommission haben Beihilfemaßnahmen zugunsten ländlicher Gebiete keine nennenswerten Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt verursacht, da klare Vereinbarkeitskriterien vorliegen und die Beihilfen zur Diversifizierung der Wirtschaft und zur Schaffung neuer Wirtschaftstätigkeiten beigetragen haben. Daher sollten Beihilfen für Basisdienstleistungen und Infrastruktur in ländlichen Gebieten und Beihilfen für die Zusammenarbeit in ländlichen Gebieten von der Anmeldepflicht für staatliche Beihilfen freigestellt werden.

(65) Beihilfen für Basisdienstleistungen und Infrastruktur in ländlichen Gebieten und Beihilfen für die Zusammenarbeit in ländlichen Gebieten sollten jedoch nur dann von der Anmeldepflicht freigestellt werden, wenn sie Teil eines GAP-Strategieplans sind, der von der Kommission im Rahmen der Verordnung (EU) 2021/2115 genehmigt wurde.

(66) Staatliche Beihilfen, die KMU gewährt werden, die an Projekten der von der örtlichen Bevölkerung betriebenen lokalen Entwicklung (CLLD) im Sinne von Artikel 31 der Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates16 teilnehmen, die gemäß der Verordnung (EU) 2021/2115 als LEADER-Projekte ausgewiesen wurden, haben nur geringe Auswirkungen auf den Wettbewerb, insbesondere angesichts der positiven Rolle, die die Beihilfen für den Wissensaustausch insbesondere für lokale und landwirtschaftliche Gemeinschaften spielen, sowie angesichts des häufig kollektiven Charakters der Beihilfen und ihrer relativ geringen Höhe. Diese Projekte sind ihrer Art nach integriert und vereinen eine Vielzahl von Akteuren und Sektoren, sodass sich ihre beihilferechtliche Klassifizierung schwierig gestalten kann. Angesichts des lokalen Charakters von individuellen CLLD-Projekten, die auf der Grundlage einer über eine öffentlich-private Partnerschaft festgelegten und umgesetzten Mehrjahresstrategie für lokale Entwicklung ausgewählt werden, sowie angesichts ihrer Ausrichtung auf die Gemeinschaft und auf sozial-, umwelt- und klimapolitische Interessen sollten mit der vorliegenden Verordnung bestimmte Schwierigkeiten angegangen werden, die im Rahmen von CLLD-Projekten auftreten, damit diese Projekte die Vorschriften für staatliche Beihilfen einfacher erfüllen können. Gemeinden fallen naturgemäß nicht unter die KMU-Definition (Beteiligung der öffentlichen Hand). Sie spielen jedoch häufig eine entscheidende Rolle bei der Organisation und Umsetzung von CLLD-Projekten. Wenn ein CLLD-Projekt zugunsten eines der in Artikel 1 der Verordnung (EU) 2015/1588 genannten Ziele durchgeführt wird, sollte es daher möglich sein, im Rahmen eines solchen Projekts auch für Beihilfen für Gemeinden eine Gruppenfreistellung zu gewähren.

(67) Da die Gewährung niedriger Beihilfebeträge an Unternehmen, die direkt oder indirekt von CLLD-Projekten profitieren, lediglich eine begrenzte Auswirkung auf Handel und Wettbewerb hat, sollten einfache Vorschriften für Fälle festgelegt werden, in denen der Beihilfegesamtbetrag je Projekt eine bestimmte Obergrenze nicht überschreitet. Dies sollte auch für Gemeinden gelten, die direkt oder indirekt von CLLD-Projekten profitieren, die eines der in Artikel 1 der Verordnung (EU) 2015/1588 genannten Ziele verfolgen.

(68) Bei mehreren Gruppen von Beihilfen, wie Forschung, Wissenstransfer und Information, einschließlich durch weltraumgestützte Daten und Dienste der EU, Beratungsdienste, Vertretungsdienste für landwirtschaftliche Betriebe, Absatzförderung sowie Verhütung und Tilgung von Tierseuchen und Pflanzenschädlingen, werden die Beihilfen den Endbegünstigten indirekt als Sachleistung in Form von bezuschussten Dienstleistungen gewährt. In solchen Fällen sollten die freigestellten Beihilfen an den Anbieter des betreffenden Dienstes oder der betreffenden Tätigkeit gezahlt werden.

(69) Gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/1588 ist es erforderlich, die Beihilfepolitik regelmäßig anzupassen. Die Geltungsdauer dieser Verordnung sollte daher begrenzt werden. Es ist zweckmäßig, Übergangsbestimmungen festzulegen, einschließlich der Vorschriften hinsichtlich eines Anpassungszeitraums, die am Ende der Geltungsdauer dieser Verordnung auf freigestellte Beihilferegelungen anzuwenden sind. Diese Vorschriften sollten den Mitgliedstaaten die für eine Anpassung an die neuen Bestimmungen erforderliche Zeit geben –

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


1

ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 1.

2

Verordnung (EU) Nr. 702/2014 der Kommission vom 25. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Arten von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 193 vom 1.7.2014, S. 1).

3

Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671).

4

Verordnung (EU) 2021/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 (ABl. L 435 vom 6.12.2021, S. 1).

5

Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten von 2014 (ABl. C 204 vom 1.7.2014, S. 1). Geändert durch die im ABl. C 390 vom 24.11.2015, S. 4. ABl. C 139 vom 20.4.2018, S. 3. und ABl. C 403 vom 9.11.2018, S. 10. veröffentlichten Mitteilungen und durch die im ABl. C 265 vom 21.7.2016, S. 5. veröffentlichte Berichtigung.

6

ABl. C 249 vom 31.7.2014, S. 1.

7

Mitteilung über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (ABl. C 155 vom 20.6.2008, S. 10).

8

Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten 2023. Mitteilung der Kommission – Rahmenregelung für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten (ABl. C 485 vom 21.12.2022, S. 1).

9

Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7).

10

ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6.

11

Richtlinie (EU) 2019/1024 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (ABl. L 172 vom 26.6.2019, S. 56).

12

Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1).

13

Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36).

14

Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82).

15

Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7).

16

Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 mit gemeinsamen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds Plus, den Kohäsionsfonds, den Fonds für einen gerechten Übergang und den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds sowie mit Haushaltsvorschriften für diese Fonds und für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, den Fonds für die innere Sicherheit und das Instrument für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 159).