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VII-5i

Verordnung (EG) Nr. 1946/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates über grenzüberschreitende Verbringungen genetisch veränderter Organismen

Vom 15. Juli 2003

nicht-amtliches Inhaltsverzeichnis

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 175 Absatz 1, auf Vorschlag der Kommission1, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses2, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen3, gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags4, in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Das Protokoll von Cartagena über die biologische Sicherheit zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt (im Folgenden als „Protokoll“ bezeichnet) wurde von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten im Jahre 2000 unterzeichnet; der Beschluss 2002/628/EG des Rates5 über den Abschluss des Protokolls im Namen der Gemeinschaft wurde am 25. Juni 2002 gefasst.

(2) Gemäß Artikel 1 des Protokolls zielt das Protokoll im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip in Grundsatz 15 der Erklärung von Rio über Umwelt und Entwicklung darauf ab, zur Sicherstellung eines angemessenen Schutzniveaus bei der sicheren Weitergabe, Handhabung und Verwendung der durch moderne Biotechnologie hervorgebrachten genetisch veränderten Organismen (GVO), die nachteilige Auswirkungen auf die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt haben können, beizutragen, wobei auch Risiken für die menschliche Gesundheit zu berücksichtigen sind und ein Schwerpunkt auf grenzüberschreitenden Verbringungen liegt.

(3) Das Protokoll verlangt, dass die Vertragsparteien die erforderlichen und geeigneten rechtlichen, verwaltungstechnischen und sonstigen Maßnahmen treffen, um ihre Verpflichtungen aus dem Protokoll zu erfüllen. In der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt6 wurde die Kommission aufgefordert, eine Rechtsvorschrift zur Umsetzung der Verfahren des Protokolls vorzuschlagen, in der in Übereinstimmung mit dem Protokoll die Exporteure der Gemeinschaft dazu verpflichtet werden sicherzustellen, dass alle Anforderungen des Verfahrens der vorherigen Zustimmung in Kenntnis der Sachlage gemäß den Artikeln 7 bis 10, 12 und 14 des Protokolls erfüllt werden.

(4) Die grenzüberschreitenden Verbringungen von GVO müssen überwacht und kontrolliert werden, um zur Sicherstellung der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt beizutragen, wobei auch die Risiken für die menschliche Gesundheit zu berücksichtigen sind, und damit die Bürger hinsichtlich GVO frei und informiert wählen können.

(5) Da das Gemeinschaftsrecht keine spezifischen Anforderungen für die Ausfuhr von GVO in Drittländer enthält und um die Einhaltung der Verpflichtungen des Protokolls hinsichtlich der grenzüberschreitenden Verbringungen von GVO sicherzustellen, sollte für solche Ausfuhren ein gemeinsamer Rechtsrahmen geschaffen werden.

(6) Es ist notwendig, den Rechtsrahmen der Vertragspartei oder Nichtvertragspartei der Einfuhr im Bereich der biologischen Sicherheit in Übereinstimmung mit dem Protokoll zu beachten.

(7) Humanarzneimittel, für die andere internationale Übereinkünfte gelten, zu deren Vertragsparteien die Gemeinschaft oder der betreffende Mitgliedstaat gehört, oder für die andere internationale Organisationen zuständig sind, denen die Gemeinschaft oder der betreffende Mitgliedstaat angehört, sollten vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden.

(8) Ausfuhren von GVO zur absichtlichen Freisetzung in die Umwelt sollten bei der Vertragspartei bzw. Nichtvertragspartei der Einfuhr angemeldet werden, damit diese auf der Grundlage einer wissenschaftlich fundierten Risikobewertung eine Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen kann.

(9) Die Anmeldung sollte vom Exporteur sichergestellt werden. Der Exporteur sollte für die Richtigkeit der in der Anmeldung enthaltenen Informationen verantwortlich sein.

(10) Die Exporteure sollten vor der Vornahme der ersten grenzüberschreitenden Verbringung eines GVO zum Zwecke der absichtlichen Freisetzung in die Umwelt die ausdrückliche vorherige schriftliche Zustimmung der Vertragspartei bzw. Nichtvertragspartei der Einfuhr abwarten.

(11) In der Erkenntnis, dass einige Entwicklungsländer und einige Länder mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen möglicherweise nicht über die Voraussetzungen verfügen, um solche Entscheidungen in Kenntnis der Sachlage treffen zu können, sollten die Kommission und die Mitgliedstaaten nachhaltige Anstrengungen unternehmen, um sie in die Lage zu versetzen, ihre personellen Mittel und institutionellen Kapazitäten auszubauen und zu stärken.

(12) Dem Protokoll zufolge kann die Gemeinschaft oder jede andere Vertragspartei Maßnahmen ergreifen, welche die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt stärker als im Protokoll vorgeschrieben schützen, sofern solche Maßnahmen mit dem Ziel und den Bestimmungen des Protokolls und mit den sonstigen Verpflichtungen dieser Vertragspartei nach internationalem Recht im Einklang stehen.

(13) Die Gemeinschaft kann dem Protokoll zufolge hinsichtlich der Verbringungen von GVO innerhalb ihres Zollgebiets ihre eigenen Rechtsvorschriften anwenden.

(14) Da das geltende Gemeinschaftsrecht – insbesondere die Richtlinie 2001/18/EG sowie sektorale Rechtsvorschriften, in denen eine spezifische Risikobewertung gemäß den Prinzipien jener Richtlinie verlangt wird – bereits Regelungen enthält, die mit dem Ziel des Protokolls im Einklang stehen, ist es nicht erforderlich, zusätzliche Bestimmungen für die Einfuhr von GVO in die Gemeinschaft zu erlassen.

(15) Es ist notwendig sicherzustellen, dass GVO auf sichere Weise befördert, gehandhabt und verpackt werden. Da das geltende Gemeinschaftsrecht – insbesondere die Richtlinie 94/55/EG des Rates vom 21. November 1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für den Gefahrguttransport auf der Straße7 und die Richtlinie 96/49/EG des Rates vom 23. Juli 1996 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter8 – bereits geeignete Bestimmungen enthalten, ist es nicht erforderlich, diesbezüglich zusätzliche Rechtsvorschriften zu erlassen.

(16) Die Identifizierung von GVO, die aus der Gemeinschaft ausgeführt bzw. in die Gemeinschaft eingeführt werden, muss sichergestellt werden. Hinsichtlich der Rückverfolgbarkeit, Kennzeichnung und Identifizierung von Einfuhren in die Gemeinschaft unterliegen die betreffenden GVO den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft. Für Ausfuhren sollten entsprechende Regelungen gelten.

(17) Die Kommission und die Mitgliedstaaten unterstützen das Verfahren zur geeigneten Erarbeitung internationaler Regeln und Verfahren im Bereich der Haftung und Wiedergutmachung für Schäden infolge grenzüberschreitender Verbringungen von GVO, das gemäß Artikel 27 des Protokolls von der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens, die als Tagung der Vertragsparteien des Protokolls dient, auf ihrer ersten Tagung zu beschließen sein wird.

(18) Die Kommission und die Mitgliedstaaten unterstützen die Weiterentwicklung und die Anwendung der gemeinsamen Formate für Begleitpapiere zur Identifizierung von GVO, die im Einklang mit Artikel 18 des Protokolls erfolgt.

(19) Um unter Berücksichtigung der Risiken für die menschliche Gesundheit effizient auf unabsichtliche grenzüberschreitende Verbringungen von GVO, die wahrscheinlich erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt haben, reagieren zu können, sollte ein Mitgliedstaat, sobald er von einem zu einer Freisetzung führenden Ereignis unter seiner Hoheitsgewalt Kenntnis erhält, bei dem es zu einer unabsichtlichen grenzüberschreitenden Verbringung eines GVO kommen kann, die wahrscheinlich solche Auswirkungen hat, die geeigneten Maßnahmen ergreifen, um die Öffentlichkeit zu informieren und unverzüglich die Kommission, alle anderen Mitgliedstaaten, betroffene oder möglicherweise betroffene Staaten, die Informationsstelle für biologische Sicherheit sowie gegebenenfalls einschlägige internationale Organisationen zu unterrichten. Ferner sollte dieser Mitgliedstaat unverzüglich die betroffenen oder möglicherweise betroffenen Staaten konsultieren, damit diese angemessen reagieren und die erforderlichen Maßnahmen einleiten können.

(20) Um den Aufbau der Informationsstelle für biologische Sicherheit zu fördern, sollten die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten sicherstellen, dass der Informationsstelle relevante Informationen zugeleitet werden und dass in der Gemeinschaft Überwachung und Berichterstattung über die Anwendung des Protokolls erfolgen.

(21) Die Mitgliedstaaten sollten Vorschriften über Sanktionen festlegen, die bei einem Verstoß gegen diese Verordnung anwendbar sind, und deren Durchsetzung gewährleisten. Die Sanktionen sollten wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

(22) Bei der Anwendung dieser Verordnung sollte das Vorsorgeprinzip berücksichtigt werden.

(23) Diese Verordnung respektiert die Grundrechte und berücksichtigt die Prinzipien, die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt werden –

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


1

ABl. C 151 E vom 25. 6. 2002, S. 121.

2

ABl. C 241 vom 7. 10. 2002, S. 62.

3

ABl. C 278 vom 14. 11. 2002, S. 31.

4

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 24. September 2002 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 4. März 2003 (ABl. C 107 E vom 6. 5. 2003, S. 1), Beschluss des Europäischen Parlaments vom 4. Juni 2003 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 16. Juni 2003.

5

ABl. L 201 vom 31. 7. 2002, S. 48.

6

ABl. L 106 vom 17. 4. 2001, S. 1.

7

ABl. L 319 vom 12. 12. 1994, S. 7. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/28/EG der Kommission (ABl. L 90 vom 8. 4. 2003, S. 45).

8

ABl. L 235 vom 17. 9. 1996, S. 25. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/29/EG der Kommission (ABl. L 90 vom 8. 4. 2003, S. 47).