DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,
auf Vorschlag der Kommission,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses1,
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags2,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) In der Richtlinie 75/106/EWG des Rates vom 19. Dezember 1974 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Abfüllung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen3 und der Richtlinie 80/232/EWG des Rates vom 15. Januar 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die zulässigen Reihen von Nennfüllmengen und Nennvolumen von Behältnissen für bestimmte Erzeugnisse in Fertigpackungen4 wurden für eine Reihe von flüssigen und nicht flüssigen Erzeugnissen in Fertigpackungen Nennfüllmengen festgesetzt, durch die der freie Verkehr von Erzeugnissen, die den Anforderungen der genannten Richtlinien genügen, sichergestellt werden sollte. Bei den meisten Erzeugnissen sind neben den gemeinschaftsrechtlich festgesetzten Nennfüllmengen auch nationale Nennfüllmengen erlaubt. Bei bestimmten Erzeugnissen schließen die gemeinschaftlichen Nennfüllmengen jedoch jede auf nationaler Ebene festgelegte Nennfüllmenge aus.
(2) Infolge der Veränderungen im Verbraucherverhalten und der Innovationen bei den Fertigpackungen und im Einzelhandel auf nationaler und auf Gemeinschaftsebene wurde es erforderlich, die Angemessenheit der geltenden Rechtsvorschriften zu überprüfen.
(3) In seinem Urteil vom 12. Oktober 2000 in der Rechtssache C-3/99, Cidrerie Ruwet5, hat der Gerichtshof entschieden, dass es den Mitgliedstaaten verwehrt ist, das Inverkehrbringen einer Fertigpackung mit einem in der gemeinschaftsrechtlich festgelegten Reihe nicht enthaltenen Nennvolumen zu verbieten, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden ist, es sei denn, dieses Verbot soll einem zwingenden Erfordernis des Verbraucherschutzes dienen, gilt unterschiedslos für inländische wie für eingeführte Erzeugnisse, ist notwendig, um dem fraglichen Erfordernis gerecht zu werden und steht in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Zweck, und dieser Zweck kann nicht durch Maßnahmen erreicht werden, die den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr weniger beschränken.
(4) Der Verbraucherschutz wird durch eine Reihe von Richtlinien gefördert, die später als die Richtlinien 75/106/EWG und 80/232/EWG erlassen wurden, insbesondere durch die Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse6. Sofern nicht bereits geschehen, sollten die Mitgliedstaaten prüfen, ob sie die Richtlinie 98/6/EG freiwillig in Bezug auf bestimmte kleine Einzelhandelsgeschäfte durchführen wollen.
(5) Aus einer Folgenabschätzung, in die auch eine umfassende Konsultation aller interessierten Betroffenen einbezogen war, ging hervor, dass in zahlreichen Sektoren eine Freistellung der Wahl der Nennfüllmengen den Herstellern mehr Handlungsfreiheit für die Lieferung von dem Geschmack der Verbraucher entsprechenden Waren einräumt und dass sie darüber hinaus auf dem Binnenmarkt bei Qualität und Preisen zu mehr Wettbewerb führt. In anderen Sektoren erscheint es jedoch im Interesse der Verbraucher und der Wirtschaft sinnvoller, verbindliche Nennfüllmengen vorerst beizubehalten.
(6) Die Umsetzung der vorliegenden Richtlinie sollte von zusätzlichen Informationen für Verbraucher und Industrie zum besseren Verständnis des Preises je Maßeinheit begleitet werden.
(7) Daher sollten die Nennfüllmengen im Allgemeinen weder gemeinschaftlichen noch nationalen Regelungen unterworfen sein, und fertig verpackte Waren sollten in jeder beliebigen Nennfüllmenge in Verkehr gebracht werden können.
(8) In bestimmten Sektoren könnte eine derartige Deregulierung insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen jedoch zu unverhältnismäßig hohen Zusatzkosten führen. Für diese Sektoren sollten die bestehenden gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften aus diesem Grund entsprechend den Erfahrungen angepasst werden, damit insbesondere gewährleistet ist, dass zumindest für die am häufigsten an Verbraucher verkauften Erzeugnisse gemeinschaftliche Nennfüllmengen festgelegt werden.
(9) Da die Beibehaltung verbindlicher Nennfüllmengen außer im Wein- und Spirituosensektor, der besondere Merkmale aufweist, als Ausnahmeregelung zu betrachten ist, sollte sie entsprechend den Erfahrungen und den Bedürfnissen der Hersteller und Verbraucher in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Für Sektoren, in denen verbindliche Nennfüllmengen beibehalten werden können, sollte die Kommission, wenn sie eine Marktstörung oder eine Destabilisierung des Verhaltens der Verbraucher, vor allem der besonders schutzbedürftigen Personen, feststellt, erwägen, ob den Mitgliedstaaten gestattet werden sollte, die Übergangsfristen zu verlängern und insbesondere die am häufigsten gehandelten Größen der verbindlichen Füllmengenreihe beizubehalten.
(10) In den Mitgliedstaaten, in denen fertig verpacktes Brot einen hohen Anteil des regelmäßigen Verbrauchs ausmacht, besteht eine enge Korrelation zwischen Packungsgröße und Brotgewicht. Wie bei anderen Erzeugnissen in Fertigpackungen werden die bestehenden traditionellen Packungsgrößen für fertig verpacktes Brot von dieser Richtlinie nicht berührt und können weiterhin verwendet werden.
(11) Zur Förderung der Transparenz sollten alle Nennfüllmengen für Erzeugnisse in Fertigpackungen in einem einzigen Rechtsakt festgelegt werden, und die Richtlinien 75/106/EWG und 80/232/EWG sollten daher aufgehoben werden.
(12) Zur Verbesserung des Verbraucherschutzes, vor allem für besonders schutzbedürftige Personen wie behinderte oder ältere Menschen, sollte ausreichend darauf geachtet werden, dass die Gewichts- und Volumenangaben in Kennzeichnungen von Konsumgütern bei der üblichen Darbietung besser erkennbar und lesbar sind.
(13) Für bestimmte flüssige Erzeugnisse sind in der Richtlinie 75/106/EWG messtechnische Anforderungen festgelegt, die mit denjenigen in der Richtlinie 76/211/EWG des Rates vom 20. Januar 1976 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Abfüllung bestimmter Erzeugnisse nach Gewicht oder Volumen in Fertigpackungen7 übereinstimmen. Die Richtlinie 76/211/EWG sollte daher so geändert werden, dass sie auch die derzeit unter die Richtlinie 75/106/EWG fallenden Erzeugnisse erfasst.
(14) Gemäß Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung8 sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Gemeinschaft eigene Tabellen aufzustellen, aus denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese zu veröffentlichen.
(15) Da die Ziele dieser Richtlinie auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher wegen der vorgesehenen Aufhebung gemeinschaftlicher Reihen und der wo nötig eingeführten gemeinschaftsweit einheitlichen Nennfüllmengen besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus –
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: