DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 42 und Artikel 43 Absatz 2,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses1,
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen2,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren3,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Der Geltungsbereich der Gemeinsamen Fischereipolitik (im Folgenden „GFP“) umfasst Marktmaßnahmen für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse in der Union. Die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur (im Folgenden „GMO“), ist integraler Bestandteil der GFP und sollte zur Verwirklichung der Ziele dieser Politik beitragen. Da die GFP überarbeitet wird, sollte die GMO entsprechend angepasst werden.
(2) Die Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates4 muss in Anbetracht der Mängel, die bei der Anwendung der zurzeit geltenden Marktbestimmungen festgestellt wurden, der jüngsten Entwicklungen des Unionsmarktes und der Weltmärkte sowie der Entwicklung der Fischerei- und Aquakulturtätigkeiten überarbeitet werden.
(3) Die Fischerei spielt für die Wirtschaft der Küstenregionen der Union, einschließlich der Gebiete in äußerster Randlage, eine besonders wichtige Rolle. Da die Fischer in diesen Regionen damit ihren Lebensunterhalt verdienen, sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die Stabilität des Marktes und eine bessere Entsprechung von Angebot und Nachfrage zu fördern.
(4) Bei der Durchführung der Bestimmungen der GMO muss den internationalen Verpflichtungen der Union und insbesondere ihren Verpflichtungen gemäß den Regeln der Welthandelsorganisation Rechnung getragen werden. Im Bereich des Handels mit Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen mit Drittländern sollten die Bedingungen für einen fairen Wettbewerb gewährleistet werden, insbesondere durch Beachtung der Nachhaltigkeit und die Anwendung von Sozialstandards, die den für Unionserzeugnisse geltenden Anforderungen gleichwertig sind.
(5) Es ist wichtig, dass die Verwaltung der GMO auf den Grundsätzen guter Entscheidungsfindung in der GFP beruht.
(6) Damit die GMO erfolgreich sein kann, müssen die Verbraucher durch Marketing- und Aufklärungskampagnen über den Wert des Verzehrs von Fisch und die große Vielfalt der verfügbaren Arten informiert werden, sowie darüber, wie wichtig es ist, die Angaben auf den einschlägigen Kennzeichnungen und Etikettierungen zu verstehen.
(7) Die Erzeugerorganisationen im Bereich der Fischerei und der Aquakultur (im Folgenden zusammen „Erzeugerorganisationen“) sind für die Verwirklichung der Ziele der GFP und der GMO entscheidend. Eine Stärkung ihrer Zuständigkeiten und die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Unterstützung ist daher geboten, um es ihnen unter Beachtung des durch die Ziele der GFP vorgegebenen Rahmens zu ermöglichen, eine wichtigere Rolle bei der laufenden Bewirtschaftung der Fischbestände zu übernehmen. Ferner muss gewährleistet werden, dass ihre Mitglieder die Fischerei- und Aquakulturtätigkeiten in nachhaltiger Weise ausüben, das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbessern, Daten zur Aquakultur sammeln und dass ihre Einkommen verbessert werden. Im Zuge der Verwirklichung dieser Ziele sollten die Erzeugerorganisationen den unterschiedlichen Bedingungen der Fischerei und der Aquakultur in der Union, auch im Hinblick auf die Regionen in äußerster Randlage, vor allem den Besonderheiten der kleinen Fischereien und der extensiven Aquakultur Rechnung tragen. Die zuständigen nationalen Behörden sollten Verantwortung für die Umsetzung dieser Ziele übernehmen können und dabei hinsichtlich der Bestandsbewirtschaftung eng mit den Erzeugerorganisationen zusammenarbeiten, was gegebenenfalls die Zuteilung von Quoten und die Steuerung des Fischereiaufwands entsprechend den Bedürfnissen der jeweiligen Fischerei einschließt.
(8) Es sollten Maßnahmen ergriffen werden, die Anreiz für eine angemessene und repräsentative Beteiligung von Kleinerzeugern bieten.
(9) Um die Wettbewerbsfähigkeit von Erzeugerorganisationen zu verbessern und ihre Lebensfähigkeit zu stärken, sollten klare und sachgerechte Kriterien für die Gründung dieser Organisationen festgelegt werden.
(10) Branchenverbände, die verschiedene Kategorien von Marktteilnehmern im Bereich Fischerei und Aquakultur vereinen, haben das Potential, zu einer besseren Koordinierung der Vermarktungstätigkeiten in der gesamten Lieferkette und zur Ausarbeitung von Maßnahmen im Interesse des gesamten Sektors beizutragen.
(11) Es ist angebracht, gemeinsame Bedingungen für die Anerkennung von Erzeugerorganisationen und Branchenverbänden durch die Mitgliedstaaten, für die Ausdehnung der von den Erzeugerorganisationen und Branchenverbänden genehmigten Regeln und die Verteilung der damit verbundenen Kosten festzulegen. Die Ausdehnung der Regeln sollte von der Kommission genehmigt werden.
(12) Da es sich bei den Fischbeständen um gemeinsame Ressourcen handelt, kann eine nachhaltige und effiziente Bewirtschaftung in bestimmten Fällen besser durch Organisationen erreicht werden, deren Mitglieder aus verschiedenen Mitgliedstaaten und verschiedenen Regionen kommen. Daher ist es ebenso notwendig, die Möglichkeit der Einrichtung von Erzeugerorganisationen und Vereinigungen von Erzeugerorganisationen auf nationaler oder länderübergreifender Ebene – gegebenenfalls auf der Grundlage biogeografischer Regionen – zu fördern. Diese Organisationen sollten Partnerschaften sein, die sich darum bemühen, für alle an der Fischerei Beteiligten gemeinsame und verbindliche Regeln aufzustellen und gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen. Bei der Errichtung solcher Organisationen muss sichergestellt werden, dass sie den Wettbewerbsregeln dieser Verordnung unterliegen und der Notwendigkeit Rechnung getragen wird, die Verbindung zwischen den einzelnen Küstengemeinschaften und den Fischereien und Gewässern zu bewahren, die sie traditionell befischen.
(13) Die Kommission sollte unterstützende Maßnahmen zur Förderung der Beteiligung von Frauen an den Erzeugerorganisationen für Aquakulturerzeugnisse anregen.
(14) Damit die Erzeugerorganisationen ihre Mitglieder zu Nachhaltigkeit bei den Fischerei- und Aquakulturtätigkeiten anhalten können, sollten sie Produktions- und Vermarktungspläne, die die zur Verwirklichung der Ziele der jeweiligen Organisationen erforderlichen Maßnahmen enthalten, ausarbeiten und den zuständigen Behörden ihrer Mitgliedstaaten vorlegen.
(15) Um die Ziele der GFP hinsichtlich der Rückwürfe zu verwirklichen, ist eine weit verbreitete Verwendung selektiver Fanggeräte vonnöten, damit Fänge von untermaßigem Fisch vermieden werden.
(16) Aufgrund der Unvorhersehbarkeit der Fangtätigkeiten ist es angebracht, einen Mechanismus für die Lagerhaltung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Fischereierzeugnissen zu schaffen, um eine größere Marktstabilität zu fördern, und die Rentabilität der Erzeugung zu steigern, insbesondere durch Schaffung eines Mehrwertes. Dieser Mechanismus sollte mit Blick auf die Verwirklichung der Ziele des Binnenmarkts zur Stabilisierung und Konvergenz der lokalen Märkte der Union beitragen.
(17) Um den Preisunterschieden in der Union Rechnung zu tragen, sollte jede Erzeugerorganisation für Fischereierzeugnisse das Recht haben, einen Preis vorzuschlagen, mit dem der Lagerhaltungsmechanismus ausgelöst wird. Dieser Auslösepreis sollte so festgesetzt werden, dass ein fairer Wettbewerb zwischen den Marktteilnehmern aufrechterhalten wird.
(18) Die Aufstellung und Anwendung gemeinsamer Vermarktungsnormen sollte es ermöglichen, den Markt mit nachhaltigen Erzeugnissen zu versorgen, das Potenzial des Binnenmarktes für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur umfassend zu nutzen und die Vermarktungstätigkeiten auf der Grundlage eines lauteren Wettbewerbs zu erleichtern und so die Rentabilität der Erzeugung zu verbessern. Zu diesem Zweck sollten die bestehenden Vermarktungsnormen weiter gelten.
(19) Es muss dafür gesorgt werden, dass eingeführte Erzeugnisse, die auf den Unionsmarkt gelangen, denselben Anforderungen und Vermarktungsnormen genügen, wie sie für die Erzeuger aus der Union gelten.
(20) Um ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, sollten Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse, die in der Union in Verkehr gebracht werden, ungeachtet ihrer Herkunft den geltenden Lebensmittelsicherheits- und Hygienevorschriften entsprechen.
(21) Den Verbrauchern müssen klare und verständliche Informationen unter anderem über die Herkunft und das Verfahren für die Produktion der Erzeugnisse zur Verfügung gestellt werden, um es ihnen zu ermöglichen, bewusste Kaufentscheidungen zu treffen.
(22) Die Verwendung eines Umweltgütesiegels für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse, unabhängig davon, ob diese ihren Ursprung innerhalb oder außerhalb der Union haben, bietet die Möglichkeit, deutliche Informationen über die ökologische Nachhaltigkeit solcher Erzeugnisse zu geben. Daher ist es notwendig, dass die Kommission prüft, inwieweit es möglich ist, Mindestkriterien für die Entwicklung eines unionsweiten Umweltgütesiegels für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse zu entwickeln und festzulegen.
(23) Zu Verbraucherschutzzwecken sollten die zuständigen nationalen Behörden, die für die Überwachung der Einhaltung der in dieser Verordnung festgelegten Verpflichtungen und für deren Durchsetzung zuständig sind, umfassenden Gebrauch von den verfügbaren Techniken machen, einschließlich DNA-Tests, um die Marktteilnehmer davon abzuhalten, falsche Angaben über ihre Fänge zu machen.
(24) Die Wettbewerbsregeln, die sich auf Vereinbarungen, Beschlüsse und Verhaltensweisen im Sinne von Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) beziehen, sollten insofern auf die Erzeugung und Vermarktung von Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen angewendet werden, als hierdurch das Funktionieren der GMO nicht behindert bzw. die Verwirklichung der Ziele gemäß Artikel 39 AEUV nicht gefährdet wird.
(25) Es ist angezeigt, Wettbewerbsregeln für die Erzeugung und Vermarktung von Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen festzulegen und dabei den besonderen Merkmalen des Fischerei- und des Aquakultursektors Rechnung zu tragen, einschließlich der Fragmentierung des Sektors, der Tatsache, dass Fisch eine gemeinsame Ressource ist, sowie der großen Zahl von Einfuhren, für die dieselben Regeln wie für die Erzeugnisse der Fischerei und Aquakultur der Union gelten sollten. Im Interesse der Vereinfachung sollten die betreffenden Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1184/2006 des Rates5 in die vorliegende Verordnung übernommen werden. Die Verordnung (EG) Nr. 1184/2006 sollte daher nicht länger für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur gelten.
(26) Das Sammeln, die Verarbeitung und die Verbreitung von Wirtschaftsinformationen über die Märkte für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur in der Union müssen verbessert werden.
(27) Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der Bestimmungen dieser Verordnung hinsichtlich der Fristen, der Verfahren, sowie der Form der Anträge für die Anerkennung von Erzeugerorganisationen und Branchenverbänden sowie für den Widerruf einer solchen Anerkennung, hinsichtlich des von den Mitgliedstaaten anzuwendenden Formats sowie der Fristen und Verfahren für die Übermittlung von Entscheidungen über die Gewährung oder den Widerruf einer Anerkennung, hinsichtlich des Formats und des Verfahrens für die Mitteilung durch die Mitgliedstaaten bezüglich der Regeln, die allen Erzeugern oder Marktteilnehmern zur Auflage gemacht werden, hinsichtlich des Formats und Aufbaus der Produktions- und Vermarktungspläne sowie der Verfahrensregeln und Fristen für deren Vorlage und Genehmigung und hinsichtlich des Formats der Veröffentlichung der Auslösepreise durch die Mitgliedstaaten sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates6, ausgeübt werden.
(28) Die Verordnung (EG) Nr. 104/2000 sollte aufgehoben werden. Um jedoch die Kontinuität bei der Bereitstellung von Verbraucherinformationen zu gewährleisten, sollte Artikel 4 jener Verordnung bis zum 12. Dezember 2014 anwendbar bleiben.
(29) Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Errichtung der gemeinsamen Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur, wegen des gemeinschaftlichen Charakters des Marktes für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher aufgrund ihres Umfangs und ihrer Wirkungen sowie der Notwendigkeit eines gemeinsamen Tätigwerdens besser auf Ebene der Union zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip gemäß Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(30) Die Verordnungen (EG) Nr. 1184/2006 und (EG) Nr. 1224/2009 sollten daher entsprechend geändert werden –
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN: