DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel1, insbesondere auf Artikel 31 Absätze 3 und 4, in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Mit der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 wurde eine Regelung für fakultative Qualitätsangaben eingeführt, mit der es den Erzeugern erleichtert werden soll, die wertsteigernden Merkmale oder Eigenschaften von Agrarerzeugnissen auf dem Binnenmarkt bekannt zu machen. Es wurden Bedingungen für die Verwendung der fakultativen Qualitätsangabe „Bergerzeugnis“ festgelegt, und die Kommission wurde ermächtigt, in gerechtfertigten Fällen delegierte Rechtsakte zur Festlegung von Ausnahmen von diesen Verwendungsbedingungen zu erlassen, um den natürlichen Beschränkungen Rechnung zu tragen, denen die landwirtschaftliche Erzeugung in Berggebieten unterliegt. Die Verordnung ermächtigt die Kommission außerdem, delegierte Rechtsakte zur Festlegung der Produktionsmethoden und anderer Kriterien zu erlassen, die für die Anwendung dieser Qualitätsangabe von Bedeutung sind.

(2) Damit der Verbraucher nicht irregeführt wird, sollte die Verwendung des Begriffs „Bergerzeugnis“ für Erzeugnisse tierischen Ursprungs präzisiert werden. Tierprodukte wie Milch und Eier sollten in Berggebieten erzeugt werden. Bei Tierprodukten wie Fleisch sollten die Tiere in Berggebieten aufgezogen worden sein. Da Landwirte oft Jungtiere erwerben, sollten diese Tiere zumindest während der beiden letzten Drittel ihrer Lebenszeit in Berggebieten gehalten worden sein.

(3) In vielen Gebieten der EU wird Wandertierwirtschaft (Transhumanz) betrieben, auch zwischen Berg- und Talweiden, um saisonal verfügbare Weiden zu nutzen. Wandertierhaltung garantiert die Erhaltung höher gelegener Weiden, die nicht für ganzjähriges Begrasen geeignet sind, und traditioneller Kulturlandschaften. Sie hat auch unmittelbare Vorteile für die Umwelt, denn sie mindert das Erosions- und Lawinenrisiko. Im Interesse der Aufrechterhaltung der Wandertierhaltung sollte die Verwendung des Begriffs „Bergerzeugnis“ daher auch für Erzeugnisse von Wandertieren gestattet werden, die mindestens ein Viertel ihrer Lebenszeit auf Bergweiden gegrast haben.

(4) Um sicherzustellen, dass Futtermittel für landwirtschaftliche Nutztiere überwiegend aus Berggebieten stammen, sollte präzisiert werden, dass grundsätzlich mindestens die Hälfte der Jahresfutterration dieser Tiere, ausgedrückt als Trockenmasseanteil in %, aus Futtermitteln aus Berggebieten bestehen sollte.

(5) Da für Wiederkäuer in Berggebieten bereits über die Hälfte ihrer Jahresfutterration zur Verfügung steht, sollte der Trockenmasseanteil in ihrem Falle höher sein.

(6) Aufgrund natürlicher Beschränkungen und der Tatsache, dass in Berggebieten erzeugte Futtermittel in erster Linie für Wiederkäuer bestimmt sind, wird für Schweine zurzeit nur eine geringe Menge Futtermittel aus Berggebieten bezogen. Um das notwendige Gleichgewicht zwischen den beiden mit dem Begriff „Bergerzeugnis“ verbundenen Zielen, wie sie aus Erwägungsgrund 45 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 hervorgehen, herzustellen, das Fortbestehen der Schweineproduktion in Berggebieten zu gewährleisten und somit die ländliche Struktur zu erhalten, sollte die Menge an Schweinefuttermitteln, die aus Berggebieten stammen muss, weniger als die Hälfte der Jahresfutterration dieser Tiere ausmachen.

(7) Für Wandertiere sollten Futtermittelbeschränkungen gelten, so lange sie sich in Berggebieten aufhalten.

(8) Da die Wandertierhaltung auch Bienenvölker umfasst, sollte die Anwendung des Begriffs „Bergerzeugnis“ auf Imkereierzeugnisse präzisiert werden. Da der an Bienen verfütterte Zucker in der Regel jedoch nicht aus Berggebieten stammt, sollten Bienen von den Futtermittelbeschränkungen ausgenommen werden.

(9) Um eine Irreführung der Verbraucher zu vermeiden, sollte der Begriff „Bergerzeugnis“ für Erzeugnisse pflanzlichen Ursprungs nur verwendet werden, wenn die Pflanzen in Berggebieten angebaut werden.

(10) Verarbeitungserzeugnisse sollten als Zutaten Rohstoffe wie Zucker, Salz oder Kräuter enthalten dürfen, die nicht in Berggebieten erzeugt werden können, sofern sie nicht mehr als 50 % des Gesamtgewichts der Zutaten ausmachen.

(11) In bestimmten Berggebieten der Union gibt es nicht genügend Anlagen, um Rohmilch zu Milch und Milcherzeugnissen zu verarbeiten, Tiere zu schlachten, Schlachtkörper zu zerlegen und zu entbeinen und Oliven zu pressen. Natürliche Beschränkungen verhindern die Einrichtung geeigneter Verarbeitungsbetriebe in Berggebieten, erschweren die Verarbeitung und machen sie unwirtschaftlich. Das Verarbeiten andernorts, jedoch in der Nähe von Berggebieten, ändert nichts am Charakter der betreffenden Verarbeitungserzeugnisse, was ihre Herkunft aus Berggebieten anbelangt. Der Begriff „Bergerzeugnis“ sollte daher für Erzeugnisse aus Berggebieten auch verwendet werden dürfen, wenn sie außerhalb von Berggebieten verarbeitet werden. Angesichts der Lage der Verarbeitungsbetriebe in bestimmten Mitgliedstaaten und der Notwendigkeit, Verbrauchererwartungen gerecht zu werden, sollte die Verarbeitung im Umkreis von 30 km um das betreffende Berggebiet stattfinden.

(12) Damit existierende Milch und Milcherzeugnisse produzierende Betriebe weiterhin ihrer Tätigkeit nachgehen können, sollten nur Betriebe, die am Tag des Inkrafttretens der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 bereits existierten, den Begriff „Bergerzeugnis“ verwenden dürfen. Da die Verfügbarkeit derartiger Betriebe in Berggebieten variiert, sollten die Mitgliedstaaten ermächtigt werden, strengere Entfernungsauflagen zu machen oder diese Möglichkeit ganz auszuschließen –

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


1

ABl. L 343 vom 14. 12. 2012, S. 1.