DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION –
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, und zur Aufhebung der Richtlinien 80/590/EWG und 89/109/EWG1, insbesondere auf Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, d, e, h, i, j und n,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) | Der Stoff 4,4’-Isopropylidendiphenol (CAS-Nummer 80-05-7) (FCM 151), gemeinhin bekannt als Bisphenol A (im Folgenden „BPA“), wird bei der Herstellung bestimmter Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände verwendet. Es wird in erster Linie als Monomer oder Ausgangsstoff bei der Herstellung von Epoxidharzen verwendet, die als Grundlage für Lacke und Beschichtungen dienen, auch solcher, die auf den Innen- und Außenflächen von Lebensmittelverpackungen aus Metall aufgebracht werden, wie Konservendosen und Deckel von Gläsern, sowie von großen Tanks und Behältern, die in der Lebensmittelherstellung verwendet werden. Es wird auch bei der Herstellung bestimmter Arten von Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen aus Kunststoff eingesetzt, einschließlich solcher aus Polycarbonat und Polysulfon. Aufgrund seiner vielfältigen chemischen Eigenschaften kann BPA auch in Druckfarben, Klebstoffen und anderen Materialien verwendet werden, die Teil fertiger Lebensmittelkontaktgegenstände sind. BPA kann aus dem Material oder Gegenstand, mit dem ein Lebensmittel in Berührung ist, in das betreffende Lebensmittel übergehen, sodass es zu einer BPA-Exposition der Verbraucherinnen und Verbraucher kommt, die solche Lebensmittel verzehren. |
(2) | Die Verwendung von BPA als Monomer bei der Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen aus Kunststoff ist nach der Verordnung (EU) Nr. 10/2011 der Kommission2 zugelassen. Für diese Verwendung sowie sein Vorhandensein in Lebensmittelkontaktlacken und -beschichtungen gilt ein spezifischer Migrationsgrenzwert (im Folgenden „SML“) von 0,05 mg BPA pro kg Lebensmittel (mg/kg), der in der Verordnung (EU) 2018/213 der Kommission3 auf der Grundlage eines 2015 veröffentlichten Gutachtens4 der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden die „Behörde“) festgelegt wurde. Mit der letztgenannten Verordnung wurde auch ein Verbot sowohl der Verwendung von BPA in Trinkgefäßen und -flaschen aus Polycarbonat für Säuglinge und Kleinkinder als auch der Migration aus Lacken oder Beschichtungen eingeführt, die auf Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände aufgebracht werden, die dazu bestimmt sind, mit Säuglingsanfangsnahrung, Folgenahrung, Getreidebeikost, anderer Beikost, Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke, die für die Ernährungsanforderungen von Säuglingen und Kleinkindern entwickelt wurden, sowie Milchgetränken und gleichartigen Erzeugnissen, die für Säuglinge und Kleinkinder bestimmt sind, in Berührung zu kommen. Dieses Verbot wurde zusätzlich zu dem in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 321/2011 der Kommission5 festgelegten Verbot seiner Verwendung bei der Herstellung von Säuglingsflaschen und Trinkgefäßen für Kleinkinder aus Polycarbonat eingeführt. |
(3) | Ausgehend von einem Auftrag der Kommission aus dem Jahr 2016, eine Neubewertung von BPA vorzunehmen, um die Ergebnisse neuer Studien und wissenschaftliche Daten zur Ausräumung verbliebener Unsicherheiten zu berücksichtigen, einschließlich der Ergebnisse einer zweijährigen Langzeitstudie des nationalen Toxikologieprogramms der Vereinigten Staaten, veröffentlichte die Behörde 2023 ein aktualisiertes Gutachten zu BPA6. In diesem Gutachten kam die Behörde zu dem Ergebnis, dass BPA eine Reihe schädlicher Wirkungen hat, unter anderem auf das Immunsystem, das nach ihrem Dafürhalten am empfindlichsten auf die Wirkungen von BPA reagiert. Auf dieser Grundlage legte die Behörde eine tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) von 0,2 Nanogramm pro Kilogramm (ng/kg) Körpergewicht fest, die 20 000-mal niedriger als die vorläufige TDI von 4 Mikrogramm pro Kilogramm (μg/kg) (oder 4 000 ng/kg) Körpergewicht ist, den sie in ihrem Gutachten von 2015 festgelegt hatte. Die Behörde wies darauf hin, dass ein ähnlicher Dosisbereich wie der, der Wirkungen auf das Immunsystem hatte, auch Wirkungen auf den Stoffwechsel sowie schädliche Wirkungen auf das Fortpflanzungs- und Entwicklungssystem zur Folge hatte. Ein Vergleich der TDI von 0,2 ng/kg Körpergewicht mit der Abschätzung der lebensmittelbedingten Exposition aus dem Gutachten der Behörde von 2015 zeigt, dass die Exposition für alle Altersgruppen die TDI um zwei bis drei Größenordnungen überschreitet. Die Behörde kam daher zu dem Schluss, dass die ernährungsbedingte BPA-Exposition bei allen Bevölkerungsgruppen Anlass zu gesundheitlichen Bedenken gibt. |
(4) | Auf der Grundlage des wissenschaftlichen Gutachtens der Behörde von 2023 sollte die Zulassung von BPA zur Verwendung bei der Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen aus Kunststoff sowie zur Verwendung in anderen Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen aktualisiert werden. Angesichts der von der Behörde in ihrem Gutachten von 2023 festgelegten TDI könnten selbst sehr geringe (um ein Mehrfaches unter dem aktuellen SML liegende) Mengen von BPA, die aus Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen migrieren, zu einer Exposition führen, die den neu festgelegten TDI-Wert überschreitet. Zudem werden validierte Analysemethoden benötigt, um die Einhaltung der Vorschriften zu überprüfen oder amtliche Kontrollen zu unterstützen, doch gibt es keine solchen Methoden, mit denen sich die Migration von BPA zuverlässig und einheitlich im Hinblick auf einen aus der neuen TDI abgeleiteten SML quantifizieren lassen. Um das Vorhandensein von BPA und seine Migration in Lebensmittel sowie die damit einhergehende ernährungsbedingte Exposition der Verbraucher möglichst gering zu halten, sollte seine Verwendung, auch die seiner Salze, bei der Herstellung jener Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände, in denen es enthalten sein kann, einschließlich Klebstoffe, Gummis, Ionenaustauschharze, Kunststoffe, Druckfarben, Silikone, Lacke und Beschichtungen, verboten werden. |
(5) | Ausnahmsweise muss geprüft werden, wie entscheidend BPA bei der Herstellung bestimmter Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände für bestimmte Anwendungen in der Lebensmittelerzeugung ist und in welchem Umfang es bereits geeignete Alternativen gibt, wobei eine etwaige Exposition aufgrund solcher Anwendungen ebenso zu berücksichtigen ist wie die Frage, ob davon ein Gesundheitsrisiko ausgeht. |
(6) | Erstens wird BPA als Ausgangsstoff bei der Herstellung von Polysulfon-Kunststoffharzen verwendet. Diese Polysulfonharze werden entweder zur Herstellung von Trennmembranen für die Mikro- und Ultrafiltration oder als mikroporöser Träger von Dünnschichtmembranen aus Polyamid zur Nanofiltration oder Umkehrosmose verwendet. Diese Prozesse sind für die Herstellung einer großen Bandbreite von Lebensmitteln, einschließlich Lebensmitteln auf Milchbasis, von entscheidender Bedeutung, weil durch sie Krankheitserreger, darunter Viren und Bakterien, sowie bestimmte Kontaminanten wie Schwermetalle und Pestizide herausgefiltert werden und so sichergestellt wird, dass diese ohne Bedenken verzehrt werden können. Derzeit gibt es jedoch keine Alternativen, die im gewerblichen Maßstab technisch umsetzbar sind und die mechanische Festigkeit und chemische Stabilität bieten können, die für solche Anwendungen erforderlich sind. Damit zudem potenzielle Gesundheitsrisiken aufgrund des Vorhandenseins von Rest-BPA in der polysulfonbasierten Membran vermieden werden, wenn BPA zur Herstellung von Polysulfon verwendet wird, können die Hersteller durch Befolgung der Guten Herstellungspraxis (GHP) sicherstellen, dass dieses Vorhandensein vermieden oder auf Mengen in vernachlässigbarem Umfang reduziert wird. Dies kann schon bei der Herstellung der Polymere aber auch in den letzten Herstellungsstufen erreicht werden, indem die Membran vor ihrer ersten Verwendung durchgespült und gereinigt wird, um alle verbleibenden BPA-Rückstände zu entfernen. Dies kann durch den Verwender der Membran, auch durch einen Lebensmittelunternehmer, erfolgen. Sollte ein Spurengehalt von BPA im Polysulfonmaterial verbleiben, wäre die Migration zudem nur sehr gering, weil das Lebensmittel nur kurze Zeit in Kontakt mit der Membran ist. In Anbetracht dessen und aufgrund der wiederholten Verwendung der Membrane über einen langen Zeitraum ist davon auszugehen, dass der Einsatz bei solchen Anwendungen nicht zu einer Exposition gegenüber BPA führt, die ein Risiko für die Verbraucher darstellt. Berücksichtigt man diese Faktoren und zieht man die entscheidende Bedeutung dieser spezifischen Polysulfonanwendungen für die Gewährleistung der Sicherheit der Verbraucher bei Verzehr einer großen Bandbreite von Lebensmitteln in Betracht, ist es angezeigt, eine Ausnahme vom Verbot der Verwendung von BPA zu gewähren und seine Verwendung speziell bei der Herstellung von Filtrations-Baugruppen mit Polysulfonmembranen in Verbindung mit der Einschränkung zuzulassen, dass BPA nicht in Lebensmittel migrieren darf. |
(7) | Zweitens wird BPA auch bei der Herstellung von Flüssiglacken und -beschichtungen auf Epoxidbasis verwendet, die auf die Oberfläche von großen Tanks und Behältern sowie Großrohrleitungen zwischen diesen Behältern aufgetragen werden und aushärten. Diese Gegenstände werden in der Regel bei der Verarbeitung, Lagerung und beim Transport von Lebensmitteln, einschließlich Wein, Bier, Öl, Milcherzeugnissen und Getreidekörnern, verwendet. Noch ist der zeitnahe Ersatz von BPA-haltigen Lacken und Beschichtungen auf Epoxidbasis für solche Anwendungen problematisch, weil er wahrscheinlich dazu führen würde, dass solche großen fest installierten Tanks und Behälter ausgebaut und entsorgt werden und dadurch unverhältnismäßig hohe Kosten entstehen. Das Vorhandensein von Rest-BPA kann jedoch vermieden oder auf vernachlässigbare Mengen reduziert werden, indem die GHP befolgt und vor der ersten Verwendung eine Spülung und Reinigung zur Entfernung der restlichen BPA-Rückstände erfolgt. Darüber hinaus besteht bei Aufbringen solcher Lacke und Beschichtungen auf große Tanks und Behälter ein niedriges Oberfläche-zu-Volumen-Verhältnis für die mit dem Material in Berührung kommende Menge an Lebensmitteln, insbesondere bei einem Fassungsvermögen der Behälter von mehr als 1 000 Litern, denn dann dürfte die tatsächliche Migration voraussichtlich nicht zu einer BPA-Exposition führen, die ein Risiko für die Verbraucher darstellt. In Anbetracht dessen und aufgrund der wiederholten Verwendung solcher Behälter über einen langen Zeitraum ist es angezeigt, eine Ausnahme vom Verbot der Verwendung von BPA zu gewähren und insbesondere seine Verwendung bei der Herstellung von Flüssiglacken und Beschichtungen auf Epoxidbasis, die auf die Oberfläche solcher fertiger Lebensmittelkontaktgegenstände mit großer Kapazität aufgetragen werden, in Verbindung mit der Einschränkung zuzulassen, dass BPA nicht in Lebensmittel migrieren darf. |
(8) | Auf der Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen vorangehenden Stufen kann BPA auch als Vorläufer für die chemische Synthese anderer Monomere oder Ausgangsstoffe wie etwa Bisphenol-A-diglycidylether (BADGE) (CAS-Nr. 1675-54-3) verwendet und somit Bestandteil der chemischen Struktur dieser Stoffe werden, wodurch ein anderes Bisphenol oder Bisphenolderivat entsteht. Andere Bisphenole oder Bisphenolderivate unterscheiden sich zwar chemisch etwas von BPA selbst, doch kann ihre Verwendung als Monomere oder andere Ausgangsstoffe bei der Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen dazu führen, dass geringe Mengen an BPA in Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen enthalten sind. Dies gilt insbesondere für die Herstellung flüssiger Epoxidharze, die bei der Herstellung eines fertigen Lebensmittelkontaktgegenstands als Lacke oder Beschichtungen auf ein Trägermaterial aufgebracht werden. Obwohl in den Unionsvorschriften über Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände die Stufen vor der Bildung von Monomeren oder anderen Ausgangsstoffen grundsätzlich nicht geregelt sind, sollte sichergestellt werden, dass die Verwendung anderer Bisphenole oder Bisphenolderivate als Monomere oder als andere Ausgangsstoffe nicht zum Vorhandensein von freiem BPA in den daraus entstehenden Lebensmittelkontaktmaterialien oder -gegenständen führt, und zwar auch nicht in Lebensmittelkontaktmaterialien, die als Halbfertigerzeugnisse bei der Herstellung von fertigen Lebensmittelkontaktgegenständen verwendet werden sollen. |
(9) | Das Verbot von BPA wird es daher erfordern, dass die Unternehmer Stoffe – einschließlich anderer Bisphenole und Bisphenolderivate – ermitteln müssen, die eine sichere Alternative für den Ersatz von BPA bei der Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen darstellen, um den Erfordernissen der Lebensmittelkette weiterhin angemessen gerecht zu werden und die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten. Infolge ihrer ähnlichen chemischen Struktur und Aktivität können bestimmte andere Bisphenole oder Bisphenolderivate auch Risiken bergen, die jenen von BPA vergleichbar sind, wenn sie in Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen verwendet werden und in Lebensmittel migrieren. Bei einigen Bisphenolen wurde bereits bestätigt, dass sie aufgrund ihrer reproduktionstoxischen Eigenschaften gefährlich für die menschliche Gesundheit sind, weshalb sie einer harmonisierten Einstufung unterzogen und gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates7 entsprechend eingestuft wurden. Dazu gehört 4,4’-Dihydroxydiphenylsulfon (CAS-Nummer 80-09-1) (FCM 154), gemeinhin bekannt als Bisphenol S (im Folgenden „BPS“), dessen Verwendung bislang bei der Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen aus Kunststoff zulässig ist. Die Behörde veröffentlichte im Jahr 2020 einen technischen Bericht über BPS8, in dem nicht der gesamte für BPS verfügbare Bestand an toxikologischen Daten berücksichtigt wurde, sie empfahl hingegen, Daten über die Verwendung von BPS in Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen sowie über sein Vorhandensein und seine Migration in Lebensmittel im Zusammenhang mit seiner möglichen Verwendung als Alternative zu BPA zu erheben. Allein dies belegt, dass die Bewertung der Verwendung von BPS in Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen aktualisiert werden muss, insbesondere in Anbetracht seiner harmonisierten Einstufung als reproduktionstoxischer Stoff der Kategorie 1B. Künftig dürfte es zu weiteren harmonisierten Einstufungen von Bisphenolen und Bisphenolderivaten kommen, da einige davon als besonders besorgniserregende Stoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates9 ermittelt und mit der Delegierten Verordnung (EU) 2023/707 der Kommission10 neue Gefahrenklassen für endokrine Disruptoren eingeführt wurden. Daher sollte sichergestellt werden, dass die Verwendung von Bisphenolen oder Bisphenolderivaten mit einer bestimmten harmonisierten Einstufung, einschließlich der Salze dieser Stoffe, bei der Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen nur dann zulässig ist, wenn die Behörde eine aktuelle Bewertung vorgenommen hat, aus der hervorgeht, dass ihre Verwendung die menschliche Gesundheit nicht gefährdet. |
(10) | Da solche gefährlichen Bisphenole oder gefährlichen Bisphenolderivate bei der Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen für eine bestimmte Anwendung erforderlich oder von entscheidender Bedeutung sein können, wenn es keine geeigneten Alternativen gibt, sollten die Unternehmer die Möglichkeit erhalten, die Zulassung der Verwendung des betreffenden gefährlichen Bisphenols oder Bisphenolderivats bei der Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen für eine bestimmte Anwendung zu beantragen. Anträge auf Zulassung solcher gefährlicher Bisphenole oder gefährlicher Bisphenolderivate sollten nach den in der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 über die Zulassung von Stoffen festgelegten Verfahren gestellt werden. Sofern ein solcher Antrag innerhalb eines angemessenen Zeitraums gestellt wird, sollten Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände, die unter Verwendung eines gefährlichen Bisphenol- oder Bisphenolderivats hergestellt wurden und sich bereits in Verkehr befinden, weiterhin in Verkehr gebracht werden dürfen, bis die Kommission über den Antrag entschieden hat. |
(11) | Zwar gibt es Leitlinien für die Erstellung und Einreichung eines Antrags auf Zulassung eines Stoffes für die Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen, insbesondere in Bezug auf Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände aus Kunststoff, doch müssen diese möglicherweise im Einklang mit den neuesten wissenschaftlichen Entwicklungen und Anforderungen der Behörde aktualisiert oder ergänzt werden, insbesondere im Hinblick auf die Bewertung gefährlicher Bisphenole oder gefährlicher Bisphenolderivate, einschließlich ihrer Verwendung in anderen Materialien als Kunststoffen. Im Einklang mit dem Konzept „Ein Stoff, eine Bewertung“ der Kommission sollten die Behörde und die Europäische Chemikalienagentur zusammenarbeiten, da letztere bereits eine Bewertung der Sicherheit von Bisphenolen und ihren Derivaten eingeleitet hat. Unternehmer, die bei der Herstellung ihrer Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände auf die Verwendung eines gefährlichen Bisphenols oder eines gefährlichen Bisphenolderivats angewiesen sind, sollten diese Arbeit unterstützen und der Behörde erforderlichenfalls Informationen über die derzeitige Verwendung dieser Bisphenole und Bisphenolderivate übermitteln. |
(12) | Auch wenn es derzeit gerechtfertigt ist, BPA zur Herstellung einer sehr begrenzten Zahl von Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen für bestimmte Anwendungen weiter zu verwenden, und dies kein unannehmbares Risiko darstellt, sollte das Ziel langfristig darin bestehen, BPA sowie andere Bisphenole und ihre Derivate mit spezifischen Eigenschaften, die für die menschliche Gesundheit besonders gefährlich sind, durch Alternativen ohne solche Eigenschaften zu ersetzen. Um dies zu fördern und damit die Kommission bewerten kann, ob die Ausnahmeregelungen gemäß dieser Verordnung weiterhin erforderlich sind, sollten die Hersteller der betreffenden Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände, die BPA oder andere gefährliche Bisphenole oder Bisphenolderivate verwenden, verpflichtet werden, über den Stand der Entwicklung alternativer Lösungen Bericht zu erstatten. Da der Verwaltungsaufwand für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) so gering wie möglich zu halten ist, sollte diese Anforderung allerdings nur für Großunternehmen gelten, die über mehr Kapazitäten und Ressourcen verfügen, um Alternativen zu entwickeln und einzuführen. |
(13) | Aus Gründen der Kohärenz sollten die Vorschriften für die Kontrolle der Einhaltung, einschließlich der Vorschriften über die Verwendung von Lebensmittelsimulanzien und Testbedingungen, sowie für die Angabe der Testergebnisse mit den Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 10/2011 für Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, im Einklang stehen. Die Wahl der Analysemethoden, mit denen bestätigt wird, dass keine Migration von BPA oder anderen gefährlichen Bisphenolen oder gefährlichen Bisphenolderivaten vorliegt, sollte im Einklang mit den Unionsvorschriften für amtliche Kontrollen stehen. Eventuell gibt es jedoch noch keine unionsweit einheitlich anwendbaren Methoden, mit denen sich bestimmen lässt, dass diese Stoffe nicht in Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen vorhanden sind. Daher kann es nach Konsultation der nationalen Referenzlabors und der einschlägigen Interessenträger erforderlich sein, dass das Referenzlabor der Europäischen Union solche Methoden innerhalb einer mit der Kommission und den Mitgliedstaaten vereinbarten Frist entwickelt. |
(14) | Gemäß Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 ist in den von der Kommission erlassenen Einzelmaßnahmen vorzuschreiben, dass den Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen eine schriftliche Erklärung beizufügen ist, nach der sie den für sie geltenden Vorschriften entsprechen („Konformitätserklärung“). Diese Erklärung sollte Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen auf allen Stufen ihres Inverkehrbringens beigefügt sein, außer auf der Einzelhandelsstufe, z. B. bei der Weitergabe verpackter Lebensmittel oder beim Verkauf von Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen an die Verbraucher. Alle Unternehmer, die für das Inverkehrbringen sowohl von halbfertigen Lebensmittelkontaktmaterialien als auch von fertigen Lebensmittelkontaktgegenständen verantwortlich sind, sollten daher über eine Konformitätserklärung verfügen. Im Interesse der Klarheit und Einfachheit bei der Einhaltung, insbesondere unter Berücksichtigung der Übergangsbestimmungen, sollte diese Erklärung einen Vermerk enthalten, ob BPA oder andere relevante Bisphenole oder Bisphenolderivate bei der Herstellung des Lebensmittelkontaktmaterials oder -gegenstands verwendet wurden. |
(15) | Um für Kohärenz zu sorgen und die Einhaltung der Vorschriften zu erleichtern, sollten die Anforderungen dieser Verordnung für alle relevanten Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände, einschließlich Kunststoffe, gelten. Die Verordnung (EU) Nr. 10/2011 über Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände aus Kunststoff sollte daher entsprechend geändert werden. |
(16) | Mit dem Verbot der Verwendung von BPA müssen sich die Unternehmer umstellen, weil speziell formulierte Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände, die sie jahrzehntelang bei der Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen für eine große Bandbreite von Anwendungen eingesetzt haben und die derzeit in der Union weitverbreitet sind, wegfallen. Dies gilt insbesondere für Lacke und Beschichtungen, die auf Metallverpackungen aufgebracht werden, wobei es je nach den Anforderungen des fertigen Lebensmittelkontaktartikels mehrere Hunderte möglicher Formulierungen für Epoxidharze auf BPA-Basis gibt. Daher sollte die Umstellung auf Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände, die ohne BPA hergestellt werden, so organisiert werden, dass die Lebensmittelsicherheit nicht beeinträchtigt wird und Störungen der Lebensmittelversorgungsketten in der Union vermieden werden. Viele Unternehmer, insbesondere jene in der Lieferkette für lackierte und beschichtete Metallverpackungen, haben sich bereits aktiv auf den Wegfall von BPA vorbereitet, und als Reaktion auf die Nachfrage in der Lieferkette wurden bereits Änderungen in die Wege geleitet. Damit die Unternehmer Zeit haben, diesen Prozess abzuschließen und die in dieser Verordnung festgelegten Vorschriften einzuhalten, sollte für das erstmalige Inverkehrbringen in der Union von fertigen Lebensmittelgegenständen, die noch nicht den anwendbaren Vorschriften dieser Verordnung, sondern den vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung geltenden Vorschriften entsprechen, ein Übergangszeitraum von 18 Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung gelten. |
(17) | Für einige bestimmte Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände reicht ein Übergangszeitraum von 18 Monaten jedoch nicht aus, da die Unternehmer zusätzlich Zeit benötigen, um Alternativen zu finden, die für den gesamten Unionsmarkt in großem Maßstab technisch machbar sind. Dies schließt die Zeit ein, die benötigt wird, um Ersatzformulierungen vollständig zu entwickeln und ihre Funktionsfähigkeit und Leistung anhand kritischer Parameter, einschließlich der chemischen Sicherheit und des Schutzes der Lebensmittel vor mikrobiologischer Verderbnis und zur Gewährleistung einer angemessenen Haltbarkeitsdauer, zu bewerten, falls es keine schnelleren Methoden für die Prüfung der Haltbarkeitsdauer gibt, bevor sie dann skaliert und kommerziell erhältlich werden. Daher bedarf es zusätzlicher Übergangszeiten für die Neuformulierung bestimmter Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenstände und den schrittweisen vollständigen Verzicht auf BPA, wobei Störungen in der Lebensmittelversorgungskette vermieden werden müssen. |
(18) | Insbesondere bei bestimmten Obst- und Gemüsearten, die in lackierten oder beschichteten Blechdosen oder Gläsern mit lackiertem Deckel haltbar gemacht werden, entsteht in der Verpackung ein saures Milieu. Dies wiederum bringt zusätzlichen Aufwand bei den Validierungsschritten mit sich, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass die Alternativen sicher sind und anforderungsgemäß funktionieren. Darüber hinaus führt der saisonale Charakter der Obst- und Gemüseerzeugung wie auch der von Fischereierzeugnissen zu Spitzen bei der Lebensmittelproduktion und damit der Verpackungsnachfrage zu bestimmten Zeiten, die während des üblichen Übergangszeitraums von 18 Monaten nicht alleine mit Verpackungen ohne BPA gedeckt werden können. Damit die Zeit dafür ausreicht, die Anwendungen für diese Arten von Verpackungen für den kommerziellen Maßstab zu skalieren, und um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden, ist es somit angezeigt, das Inverkehrbringen von fertigen Lebensmittelkontaktgegenständen, bei denen mit BPA hergestellte Lacke und Beschichtungen verwendet werden, insbesondere bei Verpackungen zur Konservierung von Obst, Gemüse und verarbeiteten Fischerzeugnissen während eines Zeitraums von 36 Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung zu gestatten. |
(19) | Es werden zudem Formulierungen für die Herstellung von Lacken und Beschichtungen aus BPA-Alternativstoffen zum Aufbringen auf die Außenflächen von Metallverpackungen entwickelt, auch wenn diese Entwicklungen nicht so weit fortgeschritten sind wie bei jenen für Innenflächen. Daher ist auch für diese Erzeugnisse ein Übergangszeitraum von mehr als 18 Monaten erforderlich, der den von der Industrie vorgelegten Informationen zufolge auf 36 Monate geschätzt wird. Dass BPA aus Lacken und Beschichtungen, die auf die Außenoberfläche der Metallverpackung aufgebracht werden, in Lebensmittel migriert, wird in der Regel durch das metallische Trägermaterial verhindert, das als Barriereschicht fungiert. Es kann jedoch gelegentlich auf die Innenfläche der Verpackung übertragen werden, die später in Kontakt mit Lebensmitteln kommt; dies geschieht bei der Herstellung von lackierten und beschichteten Lebensmittelkontaktmaterialien und -gegenständen entweder durch Abklatsch bei direkter Berührung oder durch Übertragung in der Dampfphase. Da sich dies mit der Guten Herstellungspraxis, die das Risiko einer solchen Übertragung verringert, minimieren oder ausschließen lässt und die Funktion der Lacke und Beschichtungen zudem wichtig ist, um die Unversehrtheit der Verpackung und die Sicherheit des Lebensmittels zu gewährleisten, ist es angezeigt, eine Übergangszeit von 36 Monaten einzuräumen. Während dieser Zeit könnte die Umstellung auf Fertigerzeugnisse erfolgen, für die Lacke und Beschichtungen verwendet werden, bei deren Herstellung kein BPA auf die Außenfläche von Metallverpackungen aufgebracht wird. |
(20) | Fertige Einweg-Lebensmittelkontaktgegenstände, einschließlich Metallverpackungen, werden häufig zur Verpackung von Lebensmitteln mit langer Haltbarkeitsdauer verwendet, die somit nach dem Abpacken mehrere Jahre lang gelagert und dann verzehrt werden können; in dieser Zeit dauern die Migration und die Exposition gegenüber BPA an. Um den Zeitraum zu begrenzen, in dem Lebensmittel, die in BPA-haltigen fertigen Einweg-Lebensmittelkontaktgegenständen verpackt sind, verzehrt werden, sollten solche fertigen Einweg-Lebensmittelkontaktgegenstände für die Verpackung von Lebensmitteln innerhalb von 12 Monaten nach Ablauf der jeweiligen Übergangsfristen mit Lebensmitteln befüllt und versiegelt werden dürfen. Danach sollte das Inverkehrbringen verpackter Lebensmittel bis zum Aufbrauchen der Bestände jedoch gestattet sein, um Lebensmittelverschwendung und Störungen der Lebensmittelversorgungsketten zu vermeiden. |
(21) | Bestimmte mit BPA hergestellte fertige Lebensmittelkontaktgegenstände werden als Mehrweg-Komponenten in gewerblicher Ausrüstung für die Lebensmittelherstellung verwendet, wie z. B. Gießformen für Süßwaren, Dichtungen, Pumpen, Flansche, Messgeräte und Schaugläser. Diese fertigen Mehrweg-Lebensmittelkontaktgegenstände, die als professionelle Ausrüstung für die Lebensmittelherstellung verwendet werden, können nicht immer ohne Weiteres aus Materialien hergestellt werden, für deren Herstellung kein BPA erforderlich ist. Ihr Ersatz muss häufig unter Berücksichtigung ihrer Funktion und Wechselwirkung mit anderen Komponenten als Teil eines Gesamtsystems für die Lebensmittelproduktion oder -verarbeitung konstruiert und hergestellt werden, damit nicht das gesamte System ausgetauscht werden muss. In Anbetracht dieser Faktoren sollte ein Übergangszeitraum von 36 Monaten für solche fertigen Lebensmittelkontaktgegenstände gewährt werden, damit eine ununterbrochene Lebensmittelversorgung gewährleistet bleibt; gleichzeitig ist anzuerkennen, dass die Unternehmen zu Fortschritten bei der schrittweisen Abkehr von BPA-basierten Technologien und schließlich ihrem vollständigen Ersatz angehalten werden müssen. |
(22) | Um zu vermeiden, dass die Händler große Bestände an fertigen Mehrweg-Lebensmittelkontaktgegenständen anlegen, die unter die in dieser Verordnung festgelegten Übergangsmaßnahmen fallen, sollten solche Gegenstände, die von ihren Herstellern erstmals in Verkehr gebracht werden, nur noch höchstens ein Jahr lang weiter für den Verkauf oder die Abgabe an Lebensmittelunternehmer oder Verbraucher in Verkehr gebracht werden dürfen. Bei fertigen Mehrweg-Lebensmittelkontaktgegenständen, die als Ausrüstung für die gewerbliche Lebensmittelherstellung verwendet werden, wäre es weder machbar noch effizient, ihre weitere Verwendung einzustellen, da sie häufig Teil eines größeren Systems sind, was möglicherweise einen sofortigen Austausch des gesamten Systems erforderlich machen würde, der mit unverhältnismäßig hohen Kosten und Belastungen für Lebensmittelunternehmen, einschließlich KMU, verbunden wäre. Lebensmittelunternehmen dürfen daher einen solchen fertigen Mehrweg-Lebensmittelkontaktgegenstand so lange verwenden, bis er nicht mehr funktionsfähig ist und ausgetauscht werden muss. |
(23) | Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen ersetzen die in der Verordnung (EU) 2018/213 festgelegten Maßnahmen. Daher ist es angezeigt, die genannte Verordnung aufzuheben. |
(24) | Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel – |
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN: