Vorwort

Seit im Jahr 2013 das Arbeitsschutz­gesetz um die Komponente „psychische Gefährdung“ erweitert wurde, gibt es eine Fülle von Programmen, Seminaren und Literatur, durch die vermeintliche und echte Auskenner, Führungskräften erklären, was das Richtige zur Gesunderhaltung der Mitarbeiter sei und was ganz bestimmt vor prüfenden Behörden Bestand hat. Diese Unübersichtlichkeit hat bereits bei den klassischen Gefährdungen des Arbeitsschutzes wie z. B. Lärm, Beleuchtung, Brandschutz usw. beigetragen, dass vor lauter Überinformation in den Unternehmen vor allem eines geschieht: gar nichts. Die psychische Gefährdung ist im Vergleich zu den klassischen Gefährdungsfaktoren, die durch ihre Messbarkeit griffiger sind, viel schwerer zu ermitteln.

Dieses Buch soll eine praxisnahe Handreichung für Personalverantwortliche im Hauswirtschaftsbereich sein. Es soll dazu ermutigen, bestehende Verbindungen der Mitarbeiter und des Betriebes als Ressource zu erkennen und neu zu würdigen. Damit lassen sich Motivation und Wohlbefinden stärken, die wiederum die Basis für eine souveräne, betriebliche Gesundheitsförderung darstellen.

Es ist wichtig, Führungskräfte in der Haltung zu ermutigen, nicht noch mehr tun zu müssen, sondern das, was bereits getan wird, neu wertzuschätzen.

Wer wir sind:

In meiner Arbeit mit Fach- und Führungskräften, als Supervisorin und Prozessbegleiterin in Unternehmen begegnet mir (Romy Schnaubelt) das Thema „Zusammenarbeit“ bzw. „Nicht-Zusammenarbeit“ – mit all ihren Auswirkungen – immer wieder und in hundert Gestalten. Ich persönlich glaube, es ist das Kernthema unserer Zeit.

Im Laufe der Zeit hat sich meine Beratungsarbeit durch wichtige Erfahrungen in der Arbeit mit Menschen im beruflichen Kontext verändert. Als Begleiterin von Veränderungsprozessen in Unternehmen habe ich die Beobachtung gemacht, dass die einfachen Basics menschlicher Zusammenarbeit

in ihrer praktischen Bedeutung und Auswirkung oft unterschätzt werden,

dass diese Basics häufig nicht erfüllt werden und

stattdessen versucht wird, effizientere Arbeit durch komplizierte Methoden und Beratungskonzepte von oben zu verordnen und herzustellen.

Wertschätzung und Aufrichtigkeit sind die Koordinaten durch den Maßnahmendschungel, in dem sich die psychische Belastung versteckt.

Dreißig Jahre Tätigkeit in unterschiedlichen Bereichen des Gesundheitswesens sind für mich, Ina Maria Tristl, ein großes Privileg, um sich ein Bild davon zu machen, was an Arbeitsplätzen funktioniert und was nicht. In der Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit wird die systemische Sicht auf Arbeitsorganisationen geschult. Viele Strukturmodelle, wie zum Beispiel die Maslowsche Bedürfnispyramide fügen sich neu, werden lebendig und für den Alltag nutzbar.

Wir haben einige beispielhafte Beobachtungen und Leitfragen für Sie aufgeschrieben und laden Sie ein auf eine kleine Entdeckungsreise: durch menschliche Bedürfnisse, betriebliche Situationen, Erfahrungen aus der Beratungspraxis und konkrete Handlungsoptionen für Ihren Alltag.

Romy Schnaubelt und Ina Tristl, Oktober 2024