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Verordnung (EU) 2019/4 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Arzneifuttermitteln, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 183/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/167/EWG des Rates

Vom 11. Dezember 2018

(ABl. 2019 Nr. L 4/1), zul. ber. durch ABl. 2023 Nr. L 105/68 vom 20.4.2023
Änderungshistorie nicht-amtliches Inhaltsverzeichnis

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 43 Absatz 2 und Artikel 168 Absatz 4 Buchstabe b,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses1,

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinie 90/167/EWG des Rates3 bildet den Rechtsrahmen der Union für die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Arzneifuttermitteln.

(2)

Die Erzeugung von Tieren spielt in der Landwirtschaft der Union eine sehr wichtige Rolle. Die Bestimmungen über Arzneifuttermittel haben großen Einfluss auf die Haltung und Aufzucht von Tieren, auch von nicht der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren, und auf die Erzeugung von Erzeugnissen tierischen Ursprungs.

(3)

Das Streben nach einem hohen Maß an Schutz der Gesundheit des Menschen ist eines der grundlegenden Ziele des Lebensmittelrechts der Union, verkörpert in der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates4, und die in dieser Verordnung festgelegten allgemeinen Grundsätze sollten vorbehaltlich spezifischerer Unionsvorschriften für das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln gelten. Ein weiteres allgemeines Ziel des Lebensmittelrechts der Union ist zudem der Schutz der Gesundheit der Tiere.

(4)

Vorbeugen ist besser als Heilen. Medizinische Behandlungen, gerade mit antimikrobiellen Wirkstoffen, dürfen niemals gute Haltungsbedingungen und Maßnahmen zur Biosicherheit ersetzen.

(5)

Die Erfahrung mit der Anwendung der Richtlinie 90/167/EWG hat gezeigt, dass weitere Maßnahmen ergriffen werden sollten, um das wirksame Funktionieren des Binnenmarkts zu stärken und ausdrücklich die Möglichkeit einzuräumen, nicht der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere mit Arzneifuttermitteln zu behandeln und diese zu verbessern.

(6)

Arzneifuttermittel sind eine Art der oralen Verabreichung von Tierarzneimitteln. Arzneifuttermittel sind homogene Mischungen von Futtermitteln und Tierarzneimitteln. Für andere Methoden der oralen Verabreichung, etwa die Beimischung eines Tierarzneimittels zum Trinkwasser oder die manuelle Beimischung eines Tierarzneimittels zum Futtermittel, sollte diese Verordnung nicht gelten. Die Genehmigung der Verwendung in Futtermitteln, die Herstellung, der Vertrieb, die Werbung und die Überwachung sind für solche Tierarzneimittel in der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates5 geregelt.

(7)

Die Verordnung (EU) 2019/6 gilt für Tierarzneimittel, auch für die Erzeugnisse, die in der Richtlinie 90/167/EWG als „Vormischungen“ bezeichnet wurden, solange diese Tierarzneimittel noch nicht in Arzneifuttermitteln oder Zwischenerzeugnissen enthalten sind, denn dann gilt die vorliegende Verordnung unter Ausschluss der Verordnung (EU) 2019/6.

(8)

Als eine Art von Futtermitteln fallen Arzneifuttermittel und Zwischenerzeugnisse in den Anwendungsbereich der Verordnungen (EG) Nr. 183/20056, (EG) Nr. 767/20097, (EG) Nr. 1831/20038 und der Richtlinie 2002/32/EG9 des Europäischen Parlaments und des Rates. Wird ein Arzneifuttermittel mit einem Mischfuttermittel hergestellt, so gelten alle einschlägigen Rechtsvorschriften der Union für Mischfuttermittel, und wird ein Arzneifuttermittel aus einem Einzelfuttermittel hergestellt, so gelten alle einschlägigen Rechtsvorschriften der Union für Einzelfuttermittel. Das gilt für Futtermittelunternehmer unabhängig davon, ob sie in einer Futtermühle, mit einem speziell dafür ausgestatteten Fahrzeug oder als Hofmischer tätig sind, und für Futtermittelunternehmer, die Arzneifuttermittel und Zwischenerzeugnisse lagern, befördern oder in Verkehr bringen.

(9)

Es sollten besondere Bestimmungen für Arzneifuttermittel und Zwischenerzeugnisse erstellt werden, die Einrichtungen und Ausrüstungen, Personal, Qualitätskontrolle bei Herstellung, Lagerung und Transport, Aufzeichnungen, Beschwerden und den Rückruf von Erzeugnissen sowie die Kennzeichnung betreffen.

(10)

In die Union eingeführte Arzneifuttermittel müssen den allgemeinen Verpflichtungen gemäß Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und den in der Verordnung (EG) Nr. 183/2005 und der Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegten Einfuhrbedingungen10 genügen. In diesem Rahmen sollten in die Union eingeführte Arzneifuttermittel als in den Geltungsbereich der vorliegenden Verordnung fallend betrachtet werden.

(11)

Unbeschadet der allgemeinen Verpflichtungen gemäß Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 betreffend die Ausfuhr von Futtermitteln in Drittländer sollte die vorliegende Verordnung für Arzneifuttermittel und Zwischenerzeugnisse gelten, die in der Union mit der Absicht der Ausfuhr hergestellt, gelagert, transportiert oder in Verkehr gebracht werden. Die besonderen Bestimmungen für die Kennzeichnung, die Verschreibung und die Verwendung von Arzneifuttermitteln und Zwischenerzeugnissen gemäß dieser Verordnung sollten jedoch nicht für Erzeugnisse gelten, die zur Ausfuhr bestimmt sind.

(12)

Tierarzneimittel und die Abgabe von Tierarzneimitteln fallen unter die Verordnung (EU) 2019/6, nicht jedoch Zwischenerzeugnisse, weshalb Letztere in dieser Verordnung eigens und in angemessener Weise geregelt werden sollten.

(13)

Für die Herstellung von Arzneifuttermitteln sollten nur Tierarzneimittel verwendet werden, die für die Herstellung von Arzneifuttermitteln zugelassen sind, und die Kompatibilität aller Komponenten sollte im Hinblick auf die Sicherheit und Wirksamkeit des Erzeugnisses gewährleistet sein. Für die Einmischung der Tierarzneimittel in Futtermittel sollten zusätzliche besondere Anforderungen gelten, um eine sichere und wirksame Behandlung der Tiere zu gewährleisten.

(14)

Eine homogene Verteilung des Tierarzneimittels im Futtermittel ist ebenfalls entscheidend für die Herstellung eines sicheren und wirksamen Arzneifuttermittels. Daher sollte die Möglichkeit vorgesehen werden, für die Homogenität des Arzneifuttermittels Kriterien, beispielsweise Zielwerte, aufzustellen.

(15)

Futtermittelunternehmer dürfen innerhalb eines Betriebs unterschiedliche Futtermittel für verschiedene Zieltiere herstellen, die verschiedene Arten von Komponenten wie Futtermittelzusatzstoffe oder Tierarzneimittel enthalten. Bei der Herstellung unterschiedlicher Futtermittelarten in Folge in derselben Produktionslinie können in der Linie Spuren eines Wirkstoffs verbleiben, die dann in den ersten Produkten eines anderen Futtermittels auftauchen. Diese Übertragung von Spuren eines Wirkstoffs von einer Herstellungspartie in eine andere wird als „Kreuzkontamination“ bezeichnet.

(16)

Zu einer Kreuzkontamination kann es bei der Herstellung, Verarbeitung, Lagerung oder beim Transport von Futtermitteln kommen, wenn dieselbe Produktions- und Verarbeitungsausrüstung, einschließlich solcher für mobiles Mischen, dieselben Lagereinrichtungen oder Transportmittel für Futtermittel mit unterschiedlichen Bestandteilen verwendet werden. Für die Zwecke der vorliegenden Verordnung bedeutet der Begriff „Kreuzkontamination“ die Übertragung von Spuren eines Wirkstoffs aus einem Arzneifuttermittel in ein Futtermittel für Nichtzieltiere. Die Kontamination von Futtermitteln für Nichtzieltiere mit in Arzneifuttermitteln enthaltenen Wirkstoffen sollte vermieden oder so gering wie möglich gehalten werden.

(17)

Zum Schutz der Gesundheit von Tier und Mensch sowie der Umwelt sollten auf Grundlage einer wissenschaftlichen Risikobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Zusammenarbeit mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur sowie unter Berücksichtigung der Anwendung der guten Herstellungspraxis und des Grundsatzes ALARA (as low as reasonably achievable – so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar) Höchstgehalte für die Kreuzkontamination für Wirkstoffe in Futtermitteln für Nichtzieltiere festgelegt werden. Bis zum Abschluss dieser wissenschaftlichen Risikobewertung sollten ungeachtet ihrer Herkunft nationale Höchstgehalte für die Kreuzkontamination für Wirkstoffe in Futtermitteln für Nichtzieltiere zur Anwendung kommen, bei denen die nicht vermeidbare Kreuzkontamination und das von den betroffenen Wirkstoffen ausgehende Risiko berücksichtigt werden.

(18)

Die Kennzeichnung von Arzneifuttermitteln sollte den allgemeinen Grundsätzen der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 folgen und sollte besonderen Kennzeichnungsanforderungen genügen, um den Verwendern alle Informationen zu geben, die für eine vorschriftsmäßige Verabreichung des Arzneifuttermittels erforderlich sind. Ebenso sollten Grenzwerte für Abweichungen des auf der Kennzeichnung von Arzneifuttermitteln angegebenen Gehalts vom tatsächlichen Gehalt festgelegt werden.

(19)

Arzneifuttermittel und Zwischenerzeugnisse sollten aus Sicherheitsgründen und zum Schutz der Interessen der Verwender in verschlossenen Verpackungen oder Behältern in Verkehr gebracht werden. Dies sollte nicht für mobile Mischer gelten, die Arzneifuttermittel direkt an den Tierhalter abgeben.

(20)

Die Werbung für Arzneifuttermittel könnte sich auf die öffentliche Gesundheit und die Tiergesundheit auswirken und den Wettbewerb verzerren. Die Werbung für Arzneifuttermittel sollte daher bestimmte Anforderungen erfüllen. Tierärzte können die Informationen in der Werbung aufgrund ihrer Kenntnisse und ihrer Erfahrungen im Bereich Tiergesundheit korrekt bewerten. Die Werbung für Arzneifuttermittel bei Personen, die das mit ihrer Verwendung verbundene Risiko nicht korrekt einschätzen können, kann zum Missbrauch oder zur Überdosierung von Arzneimitteln führen, was der öffentlichen Gesundheit, der Tiergesundheit oder der Umwelt schaden kann.

(21)

Für den Handel mit Arzneifuttermitteln innerhalb der Union und die Einfuhr von Arzneifuttermitteln sollte gewährleistet sein, dass die enthaltenen Tierarzneimittel im Bestimmungsmitgliedstaat gemäß der Verordnung (EU) 2019/6 zur Anwendung zugelassen sind.

(22)

Es ist wichtig, die internationale Dimension der Resistenzentwicklung gegen antimikrobielle Wirkstoffe zu berücksichtigen. Gegen antimikrobielle Wirkstoffe resistente Organismen können durch den Verzehr von Erzeugnissen tierischen Ursprungs, durch den direkten Kontakt mit Tieren oder Menschen oder auf anderem Wege auf Menschen und Tiere in der Union und in Drittländern übergehen. Diesem Umstand wird in Artikel 118 der Verordnung 2019/6 Rechnung getragen, wonach die Marktteilnehmer in Drittländern bestimmte Anforderungen hinsichtlich der Resistenz gegen antimikrobielle Wirkstoffe für Tiere und Erzeugnisse tierischen Ursprungs, die aus diesen Drittländern in die Union ausgeführt werden, erfüllen müssen. Dies ist auch im Hinblick auf die Anwendung betroffener antimikrobiell wirksamer Arzneimittel zu berücksichtigen, wenn sie mittels Arzneifuttermitteln verabreicht werden. Darüber hinaus sollten vor dem Hintergrund der internationalen Zusammenarbeit und im Einklang mit der Tätigkeit und den Strategien internationaler Organisationen wie dem globalen Aktionsplan der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Strategie der Weltorganisation für Tiergesundheit zur Eindämmung der Antibiotikaresistenz und der umsichtigen Verwendung von antimikrobiellen Wirkstoffen („The OIE Strategy on Antimicrobial Resistance and the Prudent Use of Antimicrobials“) Maßnahmen in Erwägung gezogen werden, mit denen die Verwendung von Arzneifuttermitteln, die antimikrobielle Wirkstoffe zur Vorbeugung einer Krankheit enthalten, weltweit für Tiere und Erzeugnisse tierischen Ursprungs, die aus Drittländern in die Union eingeführt werden, begrenzt wird.

(23)

Futtermittelunternehmer, die Arzneifuttermittel und Zwischenerzeugnisse herstellen (entweder in einer Futtermühle, mit einem speziell dafür ausgestatteten Fahrzeug oder als Hofmischer), lagern, transportieren oder in Verkehr bringen, sollten von der zuständigen Behörde im Einklang mit dem in der Verordnung (EG) Nr. 183/2005 festgelegten System zugelassen werden, um die Futtermittelsicherheit und die Rückverfolgbarkeit der Produkte zu gewährleisten. Futtermittelunternehmer, die bestimmte risikoarme Tätigkeiten ausüben, etwa bestimmte Arten des Transports, der Lagerung und des Verkaufs, sollten von der Zulassungspflicht ausgenommen werden, womit sie jedoch nicht von der Verpflichtung, sich im Rahmen des Registrierungssystems im Einklang mit dem in der Verordnung (EG) Nr. 183/2005 festgelegten System registrieren zu lassen, ausgenommen werden sollten. Um sicherzustellen, dass Arzneifuttermittel sachgemäß verwendet werden und lückenlos rückverfolgbar sind, sollten Einzelhändler, die Arzneifuttermittel für Heimtiere vertreiben, und Halter von Pelztieren, die Tiere mit Arzneifuttermitteln füttern, für die die Zulassungspflicht nicht gilt, den zuständigen Behörden Informationen zur Verfügung stellen. Es sollte ein Übergangsverfahren für Betriebe vorgesehen werden, die bereits im Rahmen der Richtlinie 90/167/EWG zugelassen sind.

(24)

Es sollte darauf geachtet werden, dass die in dieser Verordnung festgelegten Anforderungen bei der Handhabung von Arzneifuttermitteln und die gemäß der vorliegenden Verordnung erlassenen delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte zu Futtermittelunternehmern und insbesondere zu Hofmischern durchführbar und praktikabel sind.

(25)

Damit die sichere Verwendung von Arzneifuttermitteln gewährleistet ist, sollten sie nur bei Vorlage einer gültigen tierärztlichen Verschreibung für Arzneifuttermittel, die nach Untersuchung oder einer anderen ordnungsgemäßen Prüfung des Gesundheitszustands der zu behandelnden Tiere von einem Tierarzt ausgestellt wurde, abgegeben und verwendet werden. Die Möglichkeit, Arzneifuttermittel herzustellen, bevor dem Hersteller eine tierärztliche Verschreibung für Arzneifuttermittel vorgelegt wird, sollte jedoch nicht ausgeschlossen werden. Wenn ein Arzneifuttermittel in einem Mitgliedstaat von einem Tierarzt verschrieben wurde, sollte eine Anerkennung der tierärztlichen Verschreibung für ein Arzneifuttermittel und die Abgabe des Arzneifuttermittels in einem anderen Mitgliedstaat grundsätzlich möglich sein. Hiervon abweichend könnte ein Mitgliedstaat erlauben, dass eine Verschreibung für Arzneifuttermittel von einer Person ausgestellt wird, die kein Tierarzt, jedoch in beruflicher Hinsicht gemäß den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung geltenden nationalen Rechtsvorschriften zur Ausstellung einer Verschreibung qualifiziert ist. Eine solche von einer anderen qualifizierten Person als einem Tierarzt ausgestellte Verschreibung für ein Arzneifuttermittel sollte nur in diesem Mitgliedstaat gelten und sollte die Verschreibung von Arzneifuttermitteln, die antimikrobiell wirksame Tierarzneimittel oder andere Tierarzneimittel enthalten, für die eine tierärztliche Diagnose erforderlich ist, ausschließen.

(26)

Damit eine umsichtige Verwendung von Arzneifuttermitteln für der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere und Pelztiere – d. h. eine angemessene Verwendung von Arzneimitteln gemäß der tierärztlichen Verschreibung für Arzneifuttermittel und der Fachinformation – gewährleistet ist und somit die Grundlage für die Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus für die Tiergesundheit und die öffentliche Gesundheit geschaffen wird, sollten erforderlichenfalls besondere Bedingungen für die Verwendung und die Gültigkeit der tierärztlichen Verschreibung, die Einhaltung der Wartezeit und die Aufzeichnungen des Tierhalters festgelegt werden.

(27)

Angesichts des aufgrund antimikrobieller Resistenzen bestehenden schwerwiegenden Risikos für die öffentliche Gesundheit sollte die Verwendung antimikrobielle Wirkstoffe enthaltender Arzneifuttermittel bei Tieren begrenzt werden. Prophylaxe oder die Anwendung von Arzneifuttermitteln zur Leistungssteigerung bei Tieren sollte nicht erlaubt sein, außer in bestimmten Fällen bei Arzneifuttermitteln, die Antiparasitika und immunologische Tierarzneimittel enthalten. Arzneifuttermittel, die antimikrobielle Wirkstoffe enthalten, sollten gemäß der Verordnung (EU) 2019/6 nur dann zur Metaphylaxe angewendet werden dürfen, wenn das Risiko der Ausbreitung einer Infektion oder einer Infektionskrankheit hoch ist.

(28)

Die Verwendung von Arzneifuttermitteln, die bestimmte Antiparasitika enthalten, sollte auf der Kenntnis des Stadiums des Parasitenbefalls des Tieres oder der Gruppe von Tieren beruhen. Trotz der Maßnahmen, die die Landwirte ergreifen, um gute Hygiene und Biosicherheit zu gewährleisten, können Tiere von vielen verschiedenen Krankheiten befallen werden, die sowohl aus Gründen der Tiergesundheit als auch aus Gründen des Tierschutzes mit Arzneifuttermitteln verhütet werden müssen. Auf den Menschen übertragbare Tierseuchen können auch eine große Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen. Daher sollte die Verwendung von Arzneifuttermitteln, die immunologische Tierarzneimittel oder bestimmte Antiparasitika enthalten, auch erlaubt sein, wenn keine entsprechende Diagnose gestellt wurde.

(29)

Das seit dem 1. Januar 2006 aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 geltende Verbot der Verwendung von Antibiotika als wachstumsfördernde Wirkstoffe sollte genau eingehalten und ordnungsgemäß durchgesetzt werden.

(30)

Aufgrund des von der WHO und der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) befürworteten Konzepts „Eine Gesundheit“ („One Health“) steht fest, dass die Gesundheit der Tiere mit der Gesundheit des Menschen und mit den Ökosystemen verbunden ist und dass es daher im Interesse der Gesundheit von Mensch und Tier unbedingt geboten ist, für die umsichtige Verwendung antimikrobiell wirksamer Arzneimittel bei der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren zu sorgen.

(31)

Der Rat hat am 17. Juni 2016 Schlussfolgerungen zu den nächsten Schritten im Rahmen eines „Eine Gesundheit“-Konzepts zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz angenommen. Am 13. September 2018 hat das Europäische Parlament eine Entschließung zu dem Europäischen Aktionsplan zur Bekämpfung der Resistenzen gegen antimikrobielle Wirkstoffe im Rahmen des Konzepts „Eine Gesundheit“ angenommen.

(32)

Es sollte ein System für die Sammlung oder Entsorgung nicht verwendeter oder abgelaufener Zwischenerzeugnisse und Arzneifuttermittel geben, etwa über bestehende Systeme von Futtermittelunternehmern, um jedes Risiko auszuschalten, das von solchen Produkten für die Gesundheit von Tier oder Mensch oder für die Umwelt ausgehen könnte. Die Entscheidung, wer für dieses Sammlungs- oder Entsorgungssystem zuständig ist, sollte den Mitgliedstaaten überlassen bleiben. Die Mitgliedstaaten sollten Maßnahmen ergreifen, um dafür zu sorgen, dass geeignete Konsultationen mit einschlägigen Interessenvertretern durchgeführt werden, damit diese Systeme ihren Zweck erfüllen.

(33)

Um den Zielen der vorliegenden Verordnung zu entsprechen sowie dem technischen Fortschritt und dem Stand der Wissenschaft Rechnung zu tragen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte zur Festlegung besonderer Höchstgehalte für die Kreuzkontamination für Wirkstoffe in Futtermittel für Nichtzieltiere und Analyseverfahren für Wirkstoffe in Futtermitteln sowie der Änderung der Anhänge dieser Verordnung zu erlassen. Diese Anhänge enthalten Bestimmungen über die Pflichten der Futtermittelunternehmer im Hinblick auf Herstellung, Lagerung, Transport und Inverkehrbringen von Arzneifuttermitteln und Zwischenerzeugnissen, das Verzeichnis der am häufigsten in Arzneifuttermitteln verwendeten antimikrobiell wirksamen Stoffe, die Anforderungen an die Kennzeichnung von Arzneifuttermitteln und Zwischenerzeugnissen, die zulässigen Toleranzen bei den Angaben zur Zusammensetzung von Arzneifuttermitteln oder Zwischenerzeugnissen sowie die Informationen, die in tierärztlichen Verschreibungen für Arzneifuttermittel zwingend anzugeben sind. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung11 niedergelegten Grundsätzen im Einklang stehen. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.

(34)

Um einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung hinsichtlich der Aufstellung von Kriterien für die Homogenität von Arzneifuttermitteln und eine Musterverschreibung für Arzneifuttermittel für Tierärzte zu gewährleisten, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates12 ausgeübt werden.

(35)

Die Mitgliedstaaten sollten Vorschriften über Sanktionen erlassen, die bei Verstößen gegen die vorliegende Verordnung verhängt werden, und alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um deren Anwendung zu gewährleisten. Diese Sanktionen sollten wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

(36)

Um sicherzustellen, dass Hersteller von Arzneifuttermitteln, auch Hofmischer, Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 183/2005 befolgen, sollte diese Verordnung entsprechend geändert werden.

(37)

Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Gewährleistung eines hohen Maßes an Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier sowie die ausreichende Information für die Verwender und die Unterstützung des wirksamen Funktionierens des Binnenmarktes, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus –

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


1

ABl. C 242 vom 23.7.2015, S. 54.

2

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 25. Oktober 2018 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 26. November 2018.

3

Richtlinie 90/167/EWG des Rates vom 26. März 1990 zur Festlegung der Bedingungen für die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Fütterungsarzneimitteln in der Gemeinschaft (ABl. L 92 vom 7.4.1990, S. 42).

4

Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1).

5

Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (siehe Seite 43 dieses Amtsblatts).

6

Verordnung (EG) Nr. 183/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Januar 2005 mit Vorschriften für die Futtermittelhygiene (ABl. L 35 vom 8.2.2005, S. 1).

7

Verordnung (EG) Nr. 767/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 79/373/EWG des Rates, 80/511/EWG der Kommission, 82/471/EWG des Rates, 83/228/EWG des Rates, 93/74/EWG des Rates, 93/113/EG des Rates und 96/25/EG des Rates und der Entscheidung 2004/217/EG der Kommission (ABl. L 229 vom 1.9.2009, S. 1).

8

Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung (ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 29).

9

Richtlinie 2002/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Mai 2002 über unerwünschte Stoffe in der Tierernährung (ABl. L 140 vom 30.5.2002, S. 10).

10

Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz, Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmittel, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 999/2001, (EG) Nr. 396/2005, (EG) Nr. 1069/2009, (EG) Nr. 1107/2009, (EU) Nr. 1151/2012, (EU) Nr. 652/2014, (EU) 2016/429 und (EU) 2016/2031 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnungen (EG) Nr. 1/2005 und (EG) Nr. 1099/2009 des Rates sowie der Richtlinien 98/58/EG, 1999/74/EG, 2007/43/EG, 2008/119/EG und 2008/120/EG des Rates und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 854/2004 und (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 89/608/EWG, 89/662/EWG, 90/425/EWG, 91/496/EWG, 96/23/EG, 96/93/EG und 97/78/EG des Rates und des Beschlusses 92/438/EWG des Rates (Verordnung über amtliche Kontrollen) (ABl. L 95 vom 7.4.2017, S. 1).

11

ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

12

Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).