IX-1.6.1

Richtlinie 96/22/EG des Rates über das Verbot der Verwendung bestimmter Stoffe mit hormonaler bzw. thyreostatischer Wirkung und von β-Agonisten in der tierischen Erzeugung und zur Aufhebung der Richtlinien 81/602/EWG, 88/146/EWG und 88/299/EWG*

Vom 29. April 1996

(ABl. 1996 Nr. L 125/3), zul. geänd. durch RL 2008/97/EG vom 19.11.2008 (ABl. 2008 Nr. L 318/9)
Änderungshistorienicht-amtliches Inhaltsverzeichnis

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 43,

auf Vorschlag der Kommission1,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments2,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Mit der Richtlinie 81/602/EWG4 wurden bestimmte Stoffe mit hormonaler Wirkung und Stoffe mit thyreostatischer Wirkung verboten. Die Richtlinie 88/146/EWG5 untersagte die Verwendung bestimmter Stoffe mit hormonaler Wirkung in der tierischen Erzeugung, ließ jedoch bestimmte Ausnahmen zu.

(2) Mit der Richtlinie 88/299/EWG6 wurde festgelegt, unter welchen Voraussetzungen für bestimmte in Artikel 7 der Richtlinie 88/146/EWG genannte Kategorien von Tieren sowie für deren Fleisch Ausnahmen vom Handelsverbot zugelassen werden können.

(3) Bestimmte Stoffe mit thyreostatischer, östrogener, androgener oder gestagener Wirkung können aufgrund der Rückstände, die sie in Fleisch und anderen Lebensmitteln tierischen Vorsprungs hinterlassen, die Gesundheit des Verbrauchers gefährden und die Qualität von Lebensmitteln tierischen Ursprungs beeinträchtigen.

(4) In der Tierhaltung werden verbotenerweise neue Stoffe mit anaboler Wirkung wie z. B. β-Agonisten verwendet, um das Wachstum und die Produktivität der Tiere zu fördern.

(5) Wie die Ergebnisse der von der Kommission zwischen 1990 und 1992 in den Mitgliedstaaten durchgeführten Bestandsaufnahme zeigen, stehen β-Agonisten im Bereich der Tierhaltung in großem Umfang zur Verfügung, wodurch ihr Mißbrauch begünstigt wird.

(6) Die mißbräuchliche Verwendung von β-Agonisten kann die menschliche Gesundheit ernsthaft gefährden. Im Interesse des Verbrauchers ist es angezeigt, den Besitz und die Verabreichung von β-Agonisten an Tiere jeglicher Art sowie das Inverkehrbringen der genannten Stoffe zu diesem Zweck zu untersagen. Im übrigen sind der Besitz und die Verabreichung von Stilbenen und Thyreostatika an Tiere jeglicher Art sowie das Inverkehrbringen dieser Stoffe zu verbieten; ferner ist die Verwendung der übrigen Stoffe zu regeln.

(7) Die Verabreichung von Arzneimitteln auf der Grundlage von β-Agonisten zu genau festgelegten therapeutischen Zwecken an bestimmte Arten von Rindern, an Equiden und an Heimtiere kann jedoch zugelassen werden.

(8) Im übrigen ist sicherzustellen, daß alle Verbraucher unter denselben Angebotsbedingungen Fleisch und aus Fleisch hergestellte Lebensmittel kaufen können und daß diese Erzeugnisse ihren Anliegen und Erwartungen so weit wie möglich gerecht werden. Angesichts der kritischen Haltung der Verbraucher können sich die Absatzmöglichkeiten für die betreffenden Erzeugnisse dadurch nur verbessern.

(9) Das Verbot der Verwendung von Stoffen mit hormonaler Wirkung zu Mastzwecken ist aufrechtzuerhalten. Die Verabreichung bestimmter Stoffe zu therapeutischen oder tierzüchterischen Zwecken kann zugelassen werden, ist aber streng zu kontrollieren, um eine mißbräuchliche Verwendung zu verhüten.

(10) Die Wartezeiten sind auf Gemeinschaftsebene noch nicht harmonisiert, und es bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, insbesondere in bezug auf zugelassene Tierarzneimittel, die hormonale Stoffe oder β-Agonisten enthalten. Daher sind im Bemühen um eine Harmonisierung bei diesen Arzneimitteln maximale Wartezeiten festzulegen.

(11) Ferner sind lebende Tiere, die zu therapeutischen oder tierzüchterischen Zwecken mit solchen Stoffen behandelt worden sind sowie das Fleisch dieser Tiere grundsätzlich vom Warenverkehr auszuschließen, da sonst die Wirksamkeit der Kontrolle der gesamten Regelung gefährdet würde. Für den innergemeinschaftlichen Handel und die Einfuhr von Zuchttieren sowie ausgedienten Zuchttieren aus Drittländern können jedoch unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen von diesem Verbot zugelassen werden.

(12) Diese Ausnahmen sind zulässig, wenn ausreichende Garantien zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen geboten werden. Diese Garantien betreffen die Erzeugnisse, die verwendet werden dürfen, die Bedingungen für ihre Verwendung sowie die Kontrolle dieser Bedingungen, insbesondere in bezug auf die Einhaltung der erforderlichen Wartefrist.

(13) Die Anwendung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Bestimmungen muß wirksam überwacht werden.

(14) Die Richtlinien 81/602/EWG, 88/146/EWG und 88/299/EWG sind aufzuheben.

(15) Damit der mißbräuchlichen Verwendung von Mitteln zur Förderung des Wachstums und der Produktivität in der Tierhaltung in allen Mitgliedstaaten wirksam entgegengetreten werden kann, sind Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene erforderlich.

(16) Das Europäische Parlament hat am 18. Januar 1996 die Kommission und den Rat aufgefordert, sich der Einfuhr hormonbehandelten Fleisches in die Gemeinschaft weiterhin zu widersetzen. Es hat die Beibehaltung des vollständigen Verbotes gewünscht, Wachstumsbeschleuniger in der Tierhaltung zu verwenden. Zu diesem Zweck hat es den Rat ersucht, unverzüglich den Vorschlag der Kommission anzunehmen, zu dem es seine Stellungnahme am 19. April 1994 abgegeben hat –

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:


*

Sämtliche Bezugnahmen auf die Richtlinien 81/851/EWG oder 81/852/EWG gelten als Bezugnahmen auf die Richtlinie 2001/82/EG

1

ABl. Nr. C 302 vom 9. 11. 1993, S. 8 und ABl. Nr. C 222 vom 10. 8. 1994, S. 16.

2

ABl. Nr. C 128 vom 9. 5. 1994, S. 107.

3

ABl. Nr. C 52 vom 19. 2. 1994, S. 30.

4

ABl. Nr. L 222 vom 7. 8. 1981, S. 32. Richtlinie geändert durch die Richtlinie 85/358/EWG (ABl. Nr. L 191 vom 23. 7. 1985, S. 46).

5

ABl. Nr. L 70 vom 16. 3. 1988, S. 16. Richtlinie geändert durch die Beitrittsakte von 1994.

6

ABl. Nr. L 128 vom 21. 5. 1988, S. 36.