DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 207,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses1,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren2,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) | Damit die Union ihre ausschließliche Zuständigkeit im Bereich ihrer gemeinsamen Handelspolitik voll ausüben kann, und unter uneingeschränkter Achtung ihrer Verpflichtungen im Rahmen des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS-Übereinkommen) der Welthandelsorganisation, wird sie gemäß dem Beschluss (EU) 2019/1754 des Rates3 Vertragspartei der Genfer Akte des Lissabonner Abkommens über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben (im Folgenden „Genfer Akte“) werden, wodurch die Mitgliedstaaten ebenfalls ermächtigt werden, die Genfer Akte im Interesse der Union zu ratifizieren oder ihr beizutreten. Die Vertragsparteien der Genfer Akte sind Mitglieder eines besonderen Verbands, der mit dem Lissabonner Abkommen über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und ihre internationale Registrierung geschaffen wurde (im Folgenden „besonderer Verband“). Gemäß dem Beschluss (EU) 2019/1754 werden die Union und die Mitgliedstaaten, die die Genfer Akte ratifiziert haben oder ihr beigetreten sind, im besonderen Verband bezüglich der Genfer Akte durch die Kommission vertreten. |
(2) | Es müssen Regeln festgelegt werden, die es der Union erlauben, im eigenen Namen und im Namen der Mitgliedstaaten, die die Genfer Akte ratifiziert haben oder ihr beigetreten sind, die Rechte wahrzunehmen und die Pflichten zu erfüllen, die darin festgelegt sind. |
(3) | Die Genfer Akte schützt Ursprungsbezeichnungen, einschließlich Ursprungsbezeichnungen im Sinne der Verordnungen (EU) Nr. 1151/20124 und (EU) Nr. 1308/20135 des Europäischen Parlaments und des Rates, sowie geografische Angaben im Sinne der Verordnungen (EU) Nr. 1151/2012, (EU) Nr. 1308/2013, (EU) Nr. 251/20146 und (EU) 2019/7877 des Europäischen Parlaments und des Rates, die in der vorliegenden Verordnung zusammen als „geografische Angaben“ bezeichnet werden. |
(4) | Die Kommission sollte zum Zeitpunkt des Beitritts der Union zur Genfer Akte und anschließend regelmäßig beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (im Folgenden „Internationales Büro“) Anmeldungen zur internationalen Eintragung geografischer Angaben mit Ursprung im Gebiet der Union, die dort geschützt sind, in das Register des Internationalen Büros (im Folgenden „internationales Register“) einreichen. Solche Anmeldungen sollten auf Mitteilungen der Mitgliedstaaten beruhen, die von sich aus oder auf Antrag einer natürlichen oder juristischen Person im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 Ziffer ii der Genfer Akte oder eines Begünstigten im Sinne von Artikel 1 Ziffer xvii der Genfer Akte handeln. Bei der Vorbereitung der Mitteilungen sollten die Mitgliedstaaten das wirtschaftliche Interesse am internationalen Schutz der betreffenden geografischen Angaben berücksichtigen sowie insbesondere dem Produktionswert und dem Ausfuhrwert, dem Schutz im Rahmen anderer Abkommen sowie dem tatsächlichen oder potenziellen Missbrauch in Drittstaaten Rechnung tragen. |
(5) | Ziele der Eintragung geografischer Angaben in das internationale Register sollten die Bereitstellung hochwertiger Erzeugnisse, ein fairer Wettbewerb und der Schutz der Verbraucher sein. Aufgrund ihres erheblichen kulturellen und wirtschaftlichen Wertes sollte die Prüfung der Eintragung geografischer Angaben unter Berücksichtigung des Nutzens für die Gemeinschaften vor Ort unter dem Gesichtspunkt der Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums und neuer Beschäftigungsmöglichkeiten im Bereich der Erzeugung, der Verarbeitung und anderer damit verbundener Dienstleistungen erfolgen. |
(6) | Die Kommission sollte vorhandene Mechanismen für die regelmäßige Konsultation der Mitgliedstaaten, der Wirtschaftsverbände und der Erzeuger der Union nutzen, um einen ständigen Dialog mit den einschlägigen Interessenträgern herzustellen. |
(7) | Es sollten geeignete Verfahren festgelegt werden, nach denen die Kommission geografische Angaben mit Ursprung in Vertragsparteien der Genfer Akte, die keine Mitgliedstaaten sind (im Folgenden „dritte Vertragsparteien“), und im internationalen Register eingetragen sind, prüft, um Beschlüsse über den Schutz in der Union zu fassen und diesen Schutz gegebenenfalls für ungültig zu erklären. |
(8) | Die Durchsetzung des Schutzes von geografischen Angaben mit Ursprung in dritten Vertragsparteien, die im internationalen Register eingetragen sind, durch die Union sollte im Einklang mit Kapitel III der Genfer Akte und insbesondere nach deren Artikel 14 durchgeführt werden, wonach jede Vertragspartei wirksame Rechtsmittel zum Schutz eingetragener geografischer Angaben bereitzustellen und dafür Sorge zu tragen hat, dass eine Behörde oder eine betroffene Partei, unabhängig davon, ob es sich um eine natürliche Person oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts handelt, gemäß der Rechtsordnung und -praxis der Vertragspartei Gerichtsverfahren zur Gewährleistung des Schutzes solcher Angaben anstrengen kann. |
(9) | Zur Gewährleistung des Schutzes von Unionsmarken sowie regionalen und nationalen Marken parallel zu geografischen Angaben und unter Berücksichtigung der Garantie in Bezug auf ältere Rechte an Marken gemäß Artikel 13 Absatz 1 der Genfer Akte sollte die Koexistenz von älteren Marken und im internationalen Register eingetragenen geografischen Angaben, die in der Union geschützt oder verwendet werden, gesichert werden. |
(10) | Angesichts der ausschließlichen Zuständigkeit der Union im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik sollten Mitgliedstaaten, die noch nicht Partei des Lissabonner Abkommens über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und ihre internationale Registrierung von 1958 in der am 14. Juli 1967 in Stockholm überarbeiteten und am 28. September 1979 geänderten Fassung (im Folgenden „Lissabonner Abkommen“) sind, dieses Abkommen nicht ratifizieren bzw. ihm nicht beitreten. |
(11) | Den Mitgliedstaaten, die bereits Partei des Lissabonner Abkommens sind, sollte es gestattet sein, Partei zu bleiben, um insbesondere die Kontinuität der gewährten Rechte und die Erfüllung der Verpflichtungen nach diesem Abkommen sicherzustellen. Sie sollten jedoch ausschließlich im Interesse der Union und unter uneingeschränkter Achtung der ausschließlichen Zuständigkeit der Union handeln. Deshalb sollten diese Mitgliedstaaten ihre Rechte und Verpflichtungen nach dem Lissabonner Abkommen im Einklang mit der Ermächtigung wahrnehmen, die ihnen gemäß dieser Verordnung durch die Union gewährt wird. Um das System für den einheitlichen Schutz geografischer Angaben, das in der Union für landwirtschaftliche Erzeugnisse geschaffen wurde, zu achten, und damit die Harmonisierung im Binnenmarkt voranschreiten kann, sollten diese Mitgliedstaaten für Erzeugnisse, die in den Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012, (EU) Nr. 1308/2013, (EU) Nr. 251/2014 oder (EU) 2019/787 fallen, nach dem Lissabonner Abkommen keine neuen Ursprungsbezeichnungen registrieren lassen. |
(12) | Die Mitgliedstaaten, die bereits Partei des Lissabonner Abkommens sind, haben nach dem Lissabonner Abkommen Ursprungsbezeichnungen registrieren lassen. Um einen fortgesetzten Schutz dieser Ursprungsbezeichnungen zu ermöglichen, sollten im Rahmen der nach diesem Abkommen, der Genfer Akte und dem Unionsrecht geltenden Anforderungen Übergangsregelungen vorgesehen werden. |
(13) | Die Mitgliedstaaten, die bereits Partei des Lissabonner Abkommens sind, schützen Ursprungsbezeichnungen von dritten Parteien jenes Abkommens. Damit sie ihre internationalen Verpflichtungen erfüllen können, die vor dem Beitritt der Union zur Genfer Akte eingegangen wurden, sollte eine Übergangsregelung vorgesehen werden, die nur auf nationaler Ebene Wirkung entfalten und keine Auswirkungen auf den unionsinternen oder internationalen Handel haben sollte. |
(14) | Es ist angemessen, dass die Gebühren, die gemäß der Genfer Akte und der gemeinsamen Ausführungsordnung zum Lissabonner Abkommen und zur Genfer Akte des Lissabonner Abkommens (im Folgenden „gemeinsame Ausführungsordnung“) für die Einreichung einer Anmeldung beim Internationalen Büro zur internationalen Eintragung einer geografischen Angabe zu entrichten sind, sowie die Gebühren für andere Einträge in das internationale Register und für die Bereitstellung von Auszügen, Bescheinigungen oder sonstigen Informationen über den Inhalt der internationalen Eintragung von dem Mitgliedstaat, in dem die geografische Angabe ihren Ursprung hat, von einer natürlichen oder juristischen Person im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 Ziffer ii der Genfer Akte oder von einem Begünstigten im Sinne von Artikel 1 Ziffer xvii der Genfer Akte zu tragen sind. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, die betreffende natürliche oder juristische Person oder dem betreffenden Begünstigten zu verpflichten, die Gebühren anteilig oder in voller Höhe zu zahlen. |
(15) | Um etwaige Fehlbeträge im Zusammenhang mit dem Verwaltungshaushalt des besonderen Verbands zu decken, sollte die Union angesichts des wirtschaftlichen und kulturellen Wertes des Schutzes geografischer Angaben im Rahmen der im jährlichen Haushaltsplan der Union hierfür zur Verfügung stehenden Mittel einen durch die Versammlung des besonderen Verbands gemäß Artikel 24 Absatz 4 der Genfer Akte bestimmten Sonderbeitrag leisten können. |
(16) | Um einheitliche Bedingungen für die Umsetzung der Mitgliedschaft der Union im besonderen Verband zu gewährleisten, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden, um eine Liste von geografischen Angaben zu erstellen, die der Anmeldung, die beim Internationalen Büro zur internationalen Eintragung zum Zeitpunkt des Beitritts zur Genfer Akte eingereicht werden soll, bzw. jeder späteren Einreichung, beigefügt werden soll, um einen Einspruch abzuweisen, um über die Gewährung des Schutzes für eine im internationalen Register eingetragenen geografischen Angabe zu entscheiden, um die Verweigerung des Wirksamwerdens einer internationalen Eintragung zurückzunehmen, um die Löschung einer internationalen Eintragung zu beantragen, um die Ungültigerklärung des Schutzes einer im internationalen Register eingetragenen geografischen Angabe in der Union mitzuteilen und um die Mitgliedstaaten zu ermächtigen, erforderliche Änderungen hinsichtlich der Ursprungsbezeichnung eines Erzeugnisses vorzunehmen, das gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012, (EU) Nr. 1308/2013, (EU) Nr. 251/2014 oder (EU) 2019/787 geschützt ist, und um das Internationale Büro darüber zu unterrichten. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates8 ausgeübt werden. |
(17) | Im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist es erforderlich und angemessen, zur Erreichung des grundlegenden Ziels, der Union die Teilnahme am besonderen Verband auf eine Weise zu ermöglichen, die den wirksamen Schutz geografischer Angaben der Union auf internationaler Ebene gewährleistet, Bestimmungen und Verfahren für Maßnahmen der Union nach ihrem Beitritt zur Genfer Akte festzulegen. Diese Verordnung geht entsprechend Artikel 5 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union nicht über das zur Erreichung der Ziele erforderliche Maß hinaus. |
(18) | Es muss sichergestellt werden, dass die Kommission die Beteiligung der Union im Rahmen der Genfer Akte im Laufe der Zeit überwacht und bewertet. Bei der Durchführung einer solchen Bewertung sollte die Kommission unter anderem Folgendes berücksichtigen: die Zahl der nach Unionsrecht geschützten und registrierten geografischen Angaben, für die Anmeldungen zur internationalen Eintragung eingereicht wurden; Fälle, in denen der Schutz durch dritte Vertragsparteien abgelehnt wurde; die Entwicklung der Zahl der an der Genfer Akte beteiligten Drittstaaten; was die Kommission unternimmt, damit diese Zahl steigt, und wie sich der derzeitige Stand des Unionsrechts im Bereich geografische Angaben auf die Attraktivität der Genfer Akte für Drittstaaten auswirkt sowie Anzahl und Art der geografischen Angaben mit Ursprung in dritten Vertragsparteien, die von der Union abgelehnt wurden – |
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN: