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II-13.11

Empfehlung (EU) 2022/1342 der Kommission zur Überwachung von Quecksilber in Fischen, Krebstieren und Weichtieren

Vom 28. Juli 2022

nicht-amtliches Inhaltsverzeichnis

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 292,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. November 2012 nahm die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden „Behörde“) ein Gutachten zu Quecksilber und Methylquecksilber in Lebensmitteln1 an. Darin legte die Behörde eine tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (Tolerable Weekly Intake, TWI) für anorganisches Quecksilber von 4 μg/kg Körpergewicht und für Methylquecksilber von 1,3 μg/kg Körpergewicht (beide ausgedrückt als Quecksilber) fest und kam zu dem Schluss, dass die Belastung im 95. Perzentil der lebensmittelbedingten Exposition über die Nahrung für alle Altersgruppen nahe oder über der TWI liegt. Personen, die viel Fisch verzehren, wozu auch Schwangere zählen können, könnten bis zum Sechsfachen der TWI aufnehmen. Ungeborene Kinder sind die am stärksten gefährdete Gruppe. In dem Gutachten wurde der Schluss gezogen, dass die Exposition gegenüber Methylquecksilber über den TWI-Wert hinaus zwar Anlass zur Sorge gibt, es wurde jedoch dazu geraten, bei möglichen Maßnahmen zur Verringerung der Methylquecksilberexposition auch die positiven Auswirkungen des Fischverzehrs zu berücksichtigen.

(2)

Am 27. Juni 2014 nahm die Behörde ein Gutachten zum gesundheitlichen Nutzen des Verzehrs von Meeresfrüchten in Bezug auf die mit der Exposition gegenüber Methylquecksilber verbundenen Gesundheitsrisiken an2. Darin überprüfte die Behörde die Rolle von Meeresfrüchten in europäischen Ernährungsmustern und bewertete die positiven Auswirkungen des Verzehrs von Meeresfrüchten auf die Gesundheit, darunter die Auswirkungen des Verzehrs von Meeresfrüchten während der Schwangerschaft auf die neurologische Entwicklung von Kindern und die Auswirkungen des Verzehrs von Meeresfrüchten auf das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Erwachsenen. Die Behörde kam zu dem Schluss, dass der Verzehr von ein bis zwei Portionen Meeresfrüchten pro Woche und von bis zu drei bis vier Portionen pro Woche während der Schwangerschaft mit besseren funktionalen Ergebnissen bei der neurologischen Entwicklung von Kindern in Zusammenhang gebracht wurde, als der Verzicht auf den Verzehr von Meeresfrüchten. Ähnliche Verzehrmengen scheinen außerdem zu einer geringeren Mortalität bei Erkrankungen der Herzkranzgefäße bei Erwachsenen beizutragen.

(3)

Am 19. Dezember 2014 nahm die Behörde eine Erklärung zum Nutzen des Verzehrs von Fisch/Meeresfrüchten im Vergleich zu den Risiken von Methylquecksilber in Fisch/Meeresfrüchten3 an, in der sie zu dem Schluss kam, dass der Verzehr von Fisch/Meeresfrüchten mit hohem Quecksilbergehalt begrenzt werden sollte, um vor der toxischen Wirkung von Methylquecksilber auf die neurologische Entwicklung zu schützen und den Nutzen des Fischverzehrs zu erzielen, der mit ein bis vier Portionen pro Woche in Verbindung gebracht wird.

(4)

In der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission4 sind die Höchstgehalte für Quecksilber im Muskelfleisch von Fischen, Krebstieren, Weichtieren und Nahrungsergänzungsmitteln festgelegt.

(5)

Da jüngste Daten zum Vorkommen zeigten, dass es eine Spanne zur Senkung der Höchstgehalte für Quecksilber in verschiedenen Fischarten gibt, wurden die Höchstgehalte für diese Fischarten mit der Verordnung (EU) 2022/617 der Kommission5 geändert. Trotz einiger Forderungen nach einer Anhebung der geltenden Höchstgehalte für andere Fischarten wie Hai und Schwertfisch wurden diese in Anbetracht der damit verbundenen Gesundheitsbedenken mit der Verordnung (EU) 2022/617 beibehalten, bis weitere Daten erhoben und wissenschaftlich bewertet werden.

(6)

Um ausführliche Daten über die tatsächlichen Auswirkungen der gesenkten Höchstgehalte für bestimmte Fischarten auf die Gesamtexposition der Verbraucher gegenüber Quecksilber zu erhalten, ist es daher empfehlenswert, dass die Mitgliedstaaten der Behörde über das Vorkommen von Quecksilber in allen Fischarten sowohl für Zucht- als auch für Wildfangerzeugnisse unterschiedlicher Erzeugungsarten Bericht erstatten.

(7)

Zudem betreffen bisher die meisten Daten das Vorkommen von Quecksilber insgesamt. Da Methylquecksilber toxischer ist als anorganisches Quecksilber, sollten Daten über das Vorkommen von Methylquecksilber und Gesamtquecksilber in den Proben gemeldet werden, damit das Verhältnis von Methylquecksilber zum Gesamtquecksilber in bestimmten Fischarten berechnet werden kann. Auf diese Weise könnten die Expositions- und Risikobewertungen für Quecksilber in Lebensmitteln verbessert werden.

(8)

Verbrauchsempfehlungen für Fisch sind ein wichtiges Risikomanagementinstrument, um die positiven Auswirkungen des Verzehrs von Fisch in vollem Umfang zu erzielen und gleichzeitig das Risiko der Quecksilbertoxizität zu begrenzen. Die Expositionsdaten für bestimmte Fischarten im Gutachten der Behörde von 2012 lassen jedoch vermuten, dass die Verbraucher die verfügbaren Verbrauchsempfehlungen nicht kennen oder nicht respektieren. Es ist daher sinnvoll, den Mitgliedstaaten zur Ausarbeitung nationaler Verbrauchsempfehlung durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sowie zu einer aktiven Kommunikation zu raten, um diese Verbrauchsempfehlungen besser bekannt zu machen. Aufgrund der großen Vielfalt der in der Union verzehrten Fischarten sollten die Mitgliedstaaten die Verbrauchsempfehlungen auf ihre nationalen Verzehrmuster, insbesondere auf die jeweils verzehrten Fischarten, zuschneiden. Bei der Verbreitung dieser nationalen Verbrauchsempfehlung für Lebensmittel sollten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten von allen Beteiligten, wie Lebensmittelunternehmern, einschlägigen Gesundheitsfachkräften, Universitäten, Verbraucherorganisationen und anderen interessierten Parteien, unterstützt werden.

(9)

Um die Wirkung der Fischverbrauchsempfehlung auf die Verbraucherexposition zu bewerten, sollte die Behörde eine Erhebung über die Wirksamkeit der von den Mitgliedstaaten abgegebenen Verbrauchsempfehlungen durchführen.

(10)

Die erhobenen Daten über das Vorkommen von Quecksilber und die Informationen über die Wirksamkeit der Verbrauchsempfehlung werden dazu beitragen, die Bewertung der Verbraucherexposition zu verbessern, was für eine künftige Aktualisierung der Verbraucherrisikobewertung für Quecksilber notwendig ist. Anhand dieser Bewertungen kann beurteilt werden, ob es möglicherweise angezeigt ist, die Höchstgehalte von Quecksilber in bestimmten Fischarten zu ändern –

EMPFIEHLT:

1.

Die Mitgliedstaaten sollten in den Jahren 2022, 2023, 2024 und 2025 das Vorhandensein von Methylquecksilber und Gesamtquecksilber in Fischen, Krebstieren und Weichtieren überwachen. Diese Überwachung sollte eine Vielzahl von Fisch-, Krebstier- und Weichtierarten umfassen und die Verzehrgewohnheiten widerspiegeln, damit die Exposition der Verbraucher gegenüber Quecksilber möglichst genau geschätzt werden kann. Die Daten sollten sowohl für Zucht- als auch für Wildfangerzeugnisse erhoben werden.

2.

Die Mitgliedstaaten sollten spezifische nationale Verbrauchsempfehlungen für den Verzehr von Fischen, Krebstieren und Weichtieren ausarbeiten, um die positiven Auswirkungen des Verzehrs von Fisch in vollem Umfang zu erzielen, gleichzeitig aber das Risiko der Quecksilbertoxizität zu begrenzen. Bei der Ausarbeitung dieser Verbrauchsempfehlungen sollten die Mitgliedstaaten insbesondere Empfehlungen zur Häufigkeit des Verzehrs von Fisch, Krebstieren und Weichtieren sowie über die zu verzehrenden Arten abgeben.

3.

Mitgliedstaaten, Lebensmittelunternehmer und andere interessierte Parteien sollten Verbraucher und einschlägige Gesundheitsfachkräfte, die mit den am stärksten gefährdeten Verbrauchergruppen arbeiten, fortlaufend über die spezifischen nationalen Verbrauchsempfehlungen informieren.

4.

Die Mitgliedstaaten sollten der Kommission und der Behörde ihre spezifischen nationalen Verbrauchsempfehlungen mitteilen.

5.

Die Mitgliedstaaten sollten die Kommission über ihre Maßnahmen zur Kommunikation der nationalen Verbrauchsempfehlungen gegenüber Verbrauchern und einschlägigen Gesundheitsfachkräften unterrichten.

6.

Mitgliedstaaten und Lebensmittelunternehmer sollten der Behörde regelmäßig über das Vorkommen von Gesamtquecksilber und Methylquecksilber in verschiedenen Fisch-, Krebstier- und Weichtierarten Bericht erstatten, wobei sie die von der Behörde festgelegten Informationen im vorgegebenen elektronischen Berichtsformat übermitteln. Bei der Meldung der Daten sollten sie besonders auf die Angabe der Erzeugungsart (wild gefangen, gejagt oder gesammelt gegenüber nichtökologischer/nichtbiologischer oder ökologischer/biologischer Erzeugung) achten.


1

EFSA-Gremium für Kontaminanten in der Lebensmittelkette (CONTAM); Scientific Opinion on the risk for public health related to the presence of mercury and methylmercury in food. EFSA Journal 2012;10(12):2985.

2

NDA-Gremium der EFSA (EFSA-Gremium für diätetische Produkte, Ernährung und Allergien), 2014. Scientific Opinion on health benefits of seafood (fish and shellfish) consumption in relation to health risks associated with exposure to methylmercury. EFSA Journal 2014;12(7):3761.

3

Wissenschaftlicher Ausschuss EFSA, 2015. Statement on the benefits of fish/seafood consumption compared to the risks of methylmercury in fish/seafood. EFSA Journal 2015;13(1):3982.

4

Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln (ABl. L 364 vom 20.12.2006, S. 5).

5

Verordnung (EU) 2022/617 der Kommission vom 12. April 2022 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 hinsichtlich Höchstgehalte für Quecksilber in Fisch und Salz (ABl. L 115 vom 13.4.2022, S. 60).